Guß der größten Nauheimer Glocke für die kath. Kirche
Die katholische Kirchengemeinde St. Jakobus hat sich im Jubiläumsjahr 2001 anlässlich der Ersterwähnung 851 der Gemeinde Nauheim im Lorscher Codex entschlossen, eine vierte Glocke anzuschaffen. Nachdem durch Spender die erforderliche Summe von etwas über 40.000 DM zusammengekommen war, konnte der Auftrag an die Gießerei A. Bachert in Heilbronn vergeben werden.
Am Glockenguss am 14. September 2001 nahm auch eine Abordnung aus Nauheim teil, unterstützt durch Diakon Seemann als geistlichen Beistand.
Die aus Glockenbronze (78% Kupfer und 22% Zinn) bestehende Glocke hat einen Durchmesser von 1,16 m, wiegt 780 kg und klingt im Ton f 1. Sie ist dann die größte der Nauheimer Kirchenglocken.
Die Nauheimer Besuchergruppe
Die Tradition des Glockengießens geht bei der Glockengießerei Bachert in Heilbronn zurück bis ins Jahr 1725. In siebter Generation wird das Glockengießerhandwerk ausgeübt. Glockengießen erfolgt hier nicht industriell geprägt mit Hightech, sondern in traditioneller Handwerkstechnik wie vor Hunderten von Jahren.
Zur Herstellung einer Glocke sind eine ganze Reihe verschiedener Arbeitsschritte nötig. Zuerst muss eine Form für die spätere Glocke erstellt werden. Diese Form wird ausschließlich aus Ziegelsteinen und Lehm, vermischt mit gehäckseltem Stroh, Pferdemist und Rinderhaaren erstellt. Dies kann man jedoch nur mit Hilfe einer Schablone, die der Glockengießer fertigt. Auf ein Buchenbrett zeichnet er das Profil der späteren Glocke auf. So weiß er schon vor dem Guss der Glocke, wie groß und schwer sie wird und vor allem welchen Ton sie bekommt. Wie er das macht, trägt er nicht nach außen. Dies ist ein streng gehütetes Geheimnis und bleibt in der Familie.
Der erste Formteil ist der Glockenkern. Er entspricht ganz genau dem Inneren der zu gießenden Glocke. Zunächst wird er grob aus Ziegelsteinen aufgemauert. Danach folgen Lehmschichten, die mit der Schablone abgezogen werden.
Die nächste Aufgabe besteht darin, die sogenannte “Falsche Glocke” oder Modellglocke zu formen. Mit Hilfe einer Schablone werden auf den fertigen Glockenkern weitere Lehmschichten aufgetragen, die dann die „falsche Glocke“ bilden. Danach klebt man die Inschriften und Verzierungen aus Wachs, die später auch auf der Glocke erscheinen sollen, auf. Das Wachs schmilzt, wenn die Form erhitzt wird, hat sich aber vorher als Negativ abgedrückt.
Das dritte Formteil ist der Glockenmantel. Er umgibt die falsche Glocke und nach dem Guss natürlich auch die richtige Bronzeglocke. Der Glockenmantel besteht ebenfalls aus mehreren Lehmschichten. Wenn er fertiggestellt ist, wird die Form gebrannt, danach die falsche Glocke zwischen Mantel und Kern entfernt. Somit ist der Raum entstanden, in dem die Bronzeglocke entsteht.
Damit die einzelnen Formteile nicht zusammenkleben, erhalten die äußeren Trennschichten einen Anstrich aus einem Brei aus Holzkohlenasche bzw. aus Rindertalg.
Vorbereitung des Glockengusses
Aufheizen der beiden Schmelzöfen Abschöpfen der Schlacke
Fest gemauert in der Erden
Steht die Form, aus Lehm gebrannt.
Heute muß die Glocke werden.
Frisch Gesellen, seid zur Hand.
Von der Stirne rinnen muß der Schweiß,
Soll das Werk den Meister loben,
Doch der Segen kommt von oben. . . .
Die Glocke (F. Schiller
(Bild oben) Gießbereich für fünf Glocken. Die Gußformen befinden sich unter der Erde. Die Nauheimer Glocke liegt ganz rechts.
Drei Pastoren und Diakon Seemann (2.v.l.) lasen die Fürbitte für ein erfolgreiches Werk.
Gemeinsam wurde dann das Lied "Komm Herr, segne uns, daß wir uns nicht trennen" gesungen.
Der Gießvorgang
Der Gießvorgang. Die auf 1080 - 1090 °C erhitzte Bronze fließt in die erste Form
Der Glockengießermeister erklärt den Gießvorgang für beendet. Die Geistlichen sprechen ein Dankgebet.
Abordnungen aus den Gemeinden singen zum Dank für ein gelungenes Werk das Lied "Großer Gott, wir loben dich"
Frau Bachert erläutert den Zuschauern die
Herstellung einer Glockenform und das Gießen.
Siegfried Lösel (Pfarrgemeinderat) aus Nauheim überreicht eine Flasche "Nau´mer Geist" — ein "Obstler", gebrannt zur 1150-Jahr-Feier.
Schlußtrunk mit "Nau´mer Geist": (v.l.n.r.) Diakon Seemann, Hans Förster, Volker Engroff, Franz Maier
Fertige und gelungene Meisterwerke als Ausstellungsstücke
Abschiedsfoto von der Nauheimer Gruppe auf dem Firmengelände der Glockengießerei A. Bachert.