Denkmaltopografie von Nauheim
Älterer Ortsbereich von Nauheim — Teil III
Mühlstraße 2, Schulstraße 6, Waldstraße 12, 16, 26 (Westseite), Wilhelm-Liebknecht-, August-Bebel- und Kirchstraße.
Mühlstraße 2
Fl. 1
Die Nauheimer Mühle stammt aus dem Jahre 1597 und wurde erstmals 1599 erwähnt. Damals beschwerten sich Einwohner benachbarter Ortschaften über die von der zwei Jahre zuvor erbauten Mühle verursachten Wasserschäden an Wiesen, Weiden und Wäldern. Erbauer der Mühle zu Nauheim waren die Brüder Matheiß und Michel Rayß. Nach den Pestjahren um 1635 lag die Nauheimer Mühle wohl recht reparaturbedürftig darnieder; von den Groß-Gerauer und Worfelder Gründern und Erbauern war nur eine 'Barbara' verblieben, mehr ist im Kirchenbuch nicht verzeichnet. Diese durch ihren Besitz vermögende ca. 25jährige Frau heiratet der Königstädter Michael Kaul 1642; er wird damit erster Nauheimer Müller nach dem 30jährigen Krieg. Michael Kaul und seine Frau ziehen in der Mühle 12 Kinder groß. Das Wohnhaus
der Mühle wurde im Jahre 1825 auf dem Mühlengelände
aufgeschlagen. Es handelt sich um eine Fachwerkkonstruktion mit
typisch barocken Segmentbogenfenstern und Krüppelwalmdach mit
Aufschieblingen. Das Fachwerkhaus stammte aus der Gemarkung Mönchbruch
und war nach Nauheim transloziert worden. Eigentümerin des
Hauses war Maria Katharine Dörner; sie brachte das Wohnhaus
aus Mönchbruch mit. Zuvor hatte der Müller in der Mühle
selbst gewohnt, die sich direkt an das Fachwerkhaus anschließt. Zur Mühle gehört
der Schwarzbach Stau. Der Schwarzbach ist die Grenze zwischen
historischem Ortskern und späteren Erweiterungen. mehr |
Mühlstraße, Ortsrandbildung
Die alte Ortsrandbildung wird definiert durch die abschließende Mauer des Grundstücks Heinrich-Kaul-Platz 16 / Mühlstraße. Die Mauer zeigt vermutlich den ehemaligen Grabenverlauf.Die Mauer ist Kulturdenkmal aus ortsgeschichtlichen Gründen.
Schulstraße 6 Fl. 2
ehemaliges Schulhaus Flst. 217/5Das zweigeschossige, heute als Heimatmuseum genutzte ehemalige Schulhaus wurde 1876-77 gebaut und am 12. Mai 1878 eingeweiht. Es hatte zwei Klassensäle und zwei Lehrerwohnungen. Nach der Einweihung konnten die bis dahin benutzten Schulräume im alten Rathaus endgültig aufgegeben werden.
In Nauheim wird das 1878 eingeweihte Schulhaus auch als so genanntes mittleres Schulhaus bezeichnet, weil es zeitlich zwischen dem ersten Schulhaus 1837 (zuvor war nur im historischen Rathaus Schule gehalten worden) und dem dritten Schulhaus, das 1907/09 gegenüber entstand, gebaut worden war. Der Bau des 1878 eingeweihten Schulhauses kostet damals 24.798 Mark.
Das Schulhaus ist eine für seine Bauzeit typische Massivbaukonstruktion mit Sandsteinsockel und Klinkerfassaden. Der Klinker, der im Südhessischen keine Bautradition hat, setzte sich in den Gründerjahren als Baustoff für Industriebauten durch und auch für Schulen und Verwaltungen. Interessant sind die Zierfriese aus Klinkern.
Waldstraße 12 Fl. 2
Fachwerkhaus Flst. 227Das Fachwerkhaus wurde im Jahre 1804 gebaut. Mit seinem Mansardendach gehört es zur Gattung der barocken Bauernhäuser, ähnlich dem Haus Vorderstraße 15. Das giebelständige, zweistöckige Wohnhaus mit Giebelgeschoss wurde in den 1990er Jahren denkmalgerecht saniert, das konstruktive Fachwerk dabei sichtbar gelassen. Originalgetreu gedeckt wurde dabei das tief herunter gezogene Mansardendach mit den für die Region typischen Biberschwanzziegeln. Der Hof ist nach altem Vorbild gepflastert.
Waldstraße 16 Fl. 2
Fachwerkhaus Flst. 229
Das ehemalige Gasthaus "Zur Waldlust" wurde erbaut im Jahre 1766 und war die zweitälteste Gastwirtschaft Nauheims. Unter dem Verputz des zweigeschossigen, giebelständigen Wohnhauses wird intaktes Fachwerk vermutet. Die sichtbare Schwelle zwischen Erd- und Obergeschoss, wie auch die Fensteranordnung und die hölzernen Faschen, weisen darauf hin. Das Haus hat ein Krüppelwalmdach. Die Schlagläden im Giebel dürften noch aus der Bauzeit stammen.
Waldstraße 26 Fl. 2
Fachwerkhaus Flst. 236
Das zweietagige, giebelständige Fachwerkhaus wurde im Jahre 1804 erbaut. Es ist ein regelmäßiges, konstruktives Fachwerk ohne Schmuckfiguren und Profilierungen, das bei der Sanierung in den 1990er Jahren sichtbar blieb. Das Wohnhaus mit Giebelgeschoss steht auf einem kleinen Sockel. Das Krüppelwalmdach hat Aufschieblinge. Beilkerben weisen auf einen früheren Verputz des Hauses hin.
Wilhelm-Liebknecht-Str. 14 Fl. 1
Wohnhaus Flst. 376/2
Das eineinhalb-geschossige, giebelständige Wohnhaus aus Feldbrandstein stammt aus der Jahrhundertwende (1890-1910). Es weist eine ursprüngliche Fenstereinteilung, sowie Fenstergewände aus rotem Sandstein mit gemauertern Entlastungsbogen auf. Die hölzernen Fensterrahmen sind ebenfalls original. An der Rückseite des Gebäudes befindet sich ein traufständiges, eingeschossiges Stallgebäude, aus Fachwerk gebaut. Die Ausmauerung ist ebenfalls aus Feldbrandsteinen hergestellt.Kulturdenkmal aus künstlerischen und bauhistorischen Gründen, als Beispiel des einfachen Bauen ländlicher Arbeiterschichten der Jahrhundertwende.
Wilhelm- Liebknecht Str. 23 Fl. 1
Landhaus Flst. 382/1
Zweigeschossiges Landhaus mit Vorgarten und Walmdach mit Fledermausgaube. Es ähnelt gleichartigen Bauten des Offenbacher Architekten Alois Beck um 1911. Es ist ein verputztes Wohnhaus mit Ausbildung eines Mansardendaches auf der Nordseite, und einen neueren Anbau im hinteren Gartenbereich. An der südlichen Hausecke befindet sich ein Eckerker, der irn Brüstungsbereich mit Holzschindeln verkleidet ist und in ein Schürzendachstreifen in Höhe der Brüstung OG eingreift. Die hölzernen Fensterlaibungen befinden sich noch im Originalzustand, sowie die zwei kleinen quadratischen Zwischenfenster im Obergeschoß. An den Fenstern wurden mit rotem Sandstein Akzente gesetzt.
Kulturdenkmal aus künstlerischen Gründen.
Kirchstraße 12 Fl. 1
Wohnhaus Flst. 324/2
Dieses eineinhalb geschossige, verputzte Kniestockhaus mit Zwerchgiebel weist gute Proportionen auf. Es hat einen Mittelrisalit, profilierte Sparren- und Pfettenköpfe, aufwendige Sandsteinfensterbänke mit schön verzierten Konsolen. Die ursprünglichen Fenster, Fensterläden sowie das schmiedeiserne Tor sind noch erhalten. Bauzeit etwa Ende des 19. Jh (ca. 1880).
Kulturdenkmal aus künstlerischen und städtebaulichen Gründen als Endpunkt der Wilhelm-Liebknecht-Straße.
August-Bebel-Straße 1a Fl. 1
Wohnhaus Flst. 362/1
Das eingeschossige, giebelständige SatteIdachhaus aus verschiedenfarbigen Blendsteinen mit Muster und Ornamenten gemauert. Oberhalb des EG schmückt ein sich farblich absetzender Fries die Fassade. Noch im Orginal vorhanden sind leicht ausgebildete Entlastungsbogen über profilierten Fenstergewänden, Sandstein-Fensterbänke auf Triglyphen-Konsolen, diamantierte Sockelbekleidung, profilierte Sparren- und Pfettenköpfe. Bauzeit ist um die Jahrhundertwende (1890-1910).
Kulturdenkmal aus baukünstlerischen Gründen.
(Fortsetzung im Teil IV der Denkmaltopografie)
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