Luther-Bibel von 1522
Das Neue Testament Deutsch




„Das Newe Testament Deutzsch“, Septembertestament 1522

Diese Überschrift irritiert etwas und soll heißen: Das Neue Testament in Deutsch, übersetzt von Martin Luther aus dem Griechischen im Jahre 1522 auf der Wartburg. Es gilt wieder einmal ein Jubiläum zu begehen, denn es sind 500 Jahre her, dass die Luther-Bibel erstmals gedruckt wurde in der deutschen Sprache jener Zeit. Ein Exemplar dieses Neuen Testamentes wurde dem Heimat- und Museumsverein Nauheim als Faksimile-Ausgabe in einer Dauerleihgabe übergeben und kann am internationalen Museumstag betrachtet werden. Dazu etwas Hintergrundwissen.

Der Theologe und Reformator Dr. Martin Luther war nach dem er auf dem Wormser Reichstag 1521 seine Thesen nicht widerrufen hatte, vom Kaiser mit dem Bann belegt und somit als „vogelfrei“ erklärt worden. Sein Gönner und Beschützer, Kurfürst Friedrich von Sachsen, ließ ihn in Schutzhaft auf der Wartburg (Eisenach) nehmen, um ihn vor dem Zugriff seiner Widersacher zu schützen. Als Junker Jörg, mit geändertem Aussehen, war er vom Mai 1521 bis März 1522 dort eingeschlossen. Er schaffte seine epochale Übersetzungsarbeit in nur drei Monaten, wobei er die lateinische Übersetzung des  Erasmus von Rotterdam und weitere vorliegende Anmerkungen zu Hilfe nahm. Die damalige deutsche Sprache gründete im Oberdeutschen oder der Kanzleisprache des Deutschen Reiches, die auch der Kurfürst von Sachsen mit leichten Abwandlungen für seinen Schriftverkehr übernahm. Der Reformator war also nicht der Schöpfer der neuhochdeutschen Schriftsprache, hat aber entscheidend zu ihrer Verbreitung beigetragen. Luther benutzte aber auch umgangssprachliche Redewendungen; er „schaute dem Volk auf´s Maul“! Luthers Mehrsprachlichkeit und Sprachsensibilität begründen den künstlerischen Rang seiner Übersetzungsleistung.

Diese Übersetzung harrte nun einer Verbreitung in der Bevölkerung. Dazu bedurfte es des Buchdruckes. Die Erfindung des modernen Buchdruckes geht auf den Mainzer Goldschmied Johannes Gutenberg zurück, der durch die Verwendung von beweglichen metallenen Lettern ab 1450 ein als Manufaktur betriebenes Drucksystem einführte. In einer Auflage von 3000 Exemplaren wurde das Septembertestament von Mai bis September 1522 von Melchior Lotter gedruckt. Geldgeber und Verleger waren Lucas Cranach und Christian Döring in Wittenberg. Außerdem stellte Lucas Cranach die 21 blattgroßen Holzschnitte zur Offenbarung des Johannes und die Holzschnittinitialen für die Anfänge fast aller Schriften her. Zum Druck wurden drei Pressen verwendet, d.h. die aus 444 Seiten bestehende Bibel wurde entsprechend aufgeteilt. Es wurde die alte schwabacher Schrift benutzt, eine Schrift aus der Gruppe der gebrochenen Schriften. Sie entstand im 15. Jahrhundert und ist derber, offener und breitlaufender als die gotische Textura.

Der Absatz war reißend. Ein Exemplar kostete zwischen einem halben und eineinhalb Gulden, abhängig von Einband und Ausstattung. Eine Neuauflage erschien bereits drei Monate später als Dezembertestament mit Korrekturen, wie beseitigte Druckfehler oder stilistische Verbesserungen.

Der Legende nach soll der Teufel Martin Luther im Winter 1521/1522 in seiner Kemenate  belästigt haben. Als der Mönch, vertieft in seine Arbeit, ein Kratzen und Schaben hörte, soll er beherzt nach dem Tintenfass gegriffen und gezielt nach der Teufelsfratze geworfen haben, um sie zu verscheuchen. So soll ein blauer Tintenfleck an der Wand neben dem Ofen entstanden sein, wo heute allerdings nur noch ein Loch ist. Niemand aber kann wirklich sagen, was sich damals tatsächlich zugetragen hat.

Bis zu seinem Lebensende hat Luther seine Übersetzung weiter verbessert. Ein Jahr vor seinem Tod kam 1545 die „Ausgabe letzter Hand“ heraus, die für die folgenden Jahrhunderte maßgeblich blieb. Weil sich im Lauf der Zeit Druckfehler in den Text eingeschlichen und voneinander abweichende Fassungen herausgebildet hatten und weil die Sprache sich seit dem 16. Jahrhundert weiterentwickelt hatte, wurde die Lutherbibel im 19. Jahrhundert erstmals revidiert. Im Jahr 1892 erschien die erste „kirchenamtliche“ Lutherbibel. Da diese noch sehr nahe am lutherdeutsch geblieben war, kam es bald zu einer erneuten Revision, die auch die inzwischen eingeführte Duden-Rechtschreibung berücksichtigte. Das Ergebnis war die Textfassung von 1912.

Ein Faksimile ist eine genaue drucktechnische Wiedergabe eines (hand)schriftlichen Originals. Hierbei sollen Größe, Farben, Papier und Beschaffenheit so genau wie eben möglich wiedergegeben werden.

Quelle: Thomas A. Seidel, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart



Das Newe Testament Deutzsch. Septembertestament. Faksimile-Ausgabe
Bild: Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart















Home