Die Nauheimer Ortschronik II 

Zeitraum: 1970 – 1980

 von Hermann Reitz, Bürgermeister a.D., Nauheim


Von den 60er in die 70er Jahre.


Die Neuwahl des Bürgermeisters 1969

Nachdem über die Ausschreibung der Bürgermeisterstelle ein neues Ortsoberhaupt gesucht wurde, fand bereits in der 6. Sitzung der Gemeindevertretung, am 9.Juli 1969, die Wahl des neuen Bürgermeisters statt. Wie der Vorsitzende des Wahlvorbereitungsausschusse in seiner Berichterstattung vor dem Gemeindeparlament feststellte, gingen insgesamt 12 Bewerbungen, davon 3 aus dem Kreise Groß-Gerau ein. 10 der Bewerbungen stammten aus verschiedenen Teilen der Bundesrepublik. Fünf Bewerber brachten ihre Zugehörigkeit zur SPD zum Ausdruck und ein Bewerber zur CDU. Nachdem der Wahlvorbereitungsausschuss in einer Sitzung die Bewerbungen gesichtet hatten, gingen diese zur Entscheidung an die Fraktionen. Bei den Sozialdemokraten und der BHE wurde dann in geheimer Abstimmung, von Vorstand und Fraktion der Nauheimer 39jährige  Bewerber Hermann Reitz, der auch bereits das Amt des Ersten Beigeordneten bekleidete, als Kandidat einstimmig nominiert. Hermann Reitz gehörte schon seit 1960 dem Gemeindeparlament an, so auch seit 1964 dem Kreistag Groß-Gerau. Hermann Reitz ist geboren in Mainz, kam 1944 nach Nauheim und erlernte als Umschüler (nur 1 Jahr Lehrzeit) bei der Nauheimer Baufirma Karl Hummel das Maurerhandwerk. Er war in seiner Jugend, in vielen Bereichen, politisch und gewerkschaftlich aktiv. Bei der Adam Opel AG wurde er 1961 in den Betriebsrat gewählt und 1968 wählte man ihn in das Amt des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden und Geschäftsführers aller fünf Opelwerke in Deutschland. Zudem war er mehrere Jahre Vorsitzender der größten bundesdeutschen SPD–Betriebsgruppe der „ARSO“ (Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Opel- Arbeitnehmer) Rüsselsheim. 1969 wählte ihn der Hessische Landtag zum Wahlmann bei der Wahl des Bundespräsidenten in Berlin.

Die Fraktionen von CDU und FDP wählten in ihren Sitzungen den Groß-Gerauer Georg Sturmowski zu ihrem Kandidaten, den sie unter den 12 Bewerbern ausgewählt hatten. Georg Sturmowski gehört der CDU an und ist langjähriges Mitglied des Kreistages und zur Zeit Mitglied des Kreisausschusses unter Landrat Alfred Schmitt. Er ist 46 Jahre alt und habe sich durch langjährige kommunalpolitische Tätigkeit verdient gemacht und reiche Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt

Die Wahl des neuen Bürgermeisters Reitz war 1969 das Ereignis des Jahres. Entsprechend spannend erwartete man in politischen Kreisen, nicht nur in Nauheim, sondern auch außerhalb der Musikgemeinde, das Ergebnis dieser Wahl. Nicht minder gespannt waren die  vielen interessierten Nauheimer Bürger, von denen etwa 70 im Sitzungssaal des Rathauses dem Wahlgang beiwohnten. Viele fanden keinen Platz und standen im Treppenhaus. Keiner konnte voraussagen, ob die Mehrheit SPD/BHE an diesem Wahlabend für ihren Kandidaten Hermann Reitz steht oder ob es die CDU schafft ihren Kandidaten durchzubringen. Denn schon einmal sind zwei Gemeindevertreter abtrünnig geworden, als diese mit der CDU gemeinsam eine Wiederwahl von Bürgermeister Dr. Fürbeth verhinderten. Gerade diese Ungewissheit war es, die die Nauheimer Bürgermeisterwahl so spannend machte.

Der Wahlakt jedoch war schnell durchgeführt. Als Gemeindevertretervorsteher Klose, etwas zögernd, das Abstimmungsergebnis 10 Stimmen für Hermann Reitz und 9 Stimmen für Georg Sturmowski mitteilte,  ging ein fast hörbares Aufatmen durch die Reihen der Besucher mit folgendem, nicht enden wollenden Applaus.

Nauheim hatte einen neuen Bürgermeister. Er dankte denen die ihn wählten und hoffte, dass er durch seine Amtsführung auch das Vertrauen derer erwerben kann, die ihm nicht ihre Stimme geben konnten. Seine Vorstellung zur Entwicklung der Gemeinde, so sagte Reitz, gebe er bei seiner, schon sehr bald stattfindenden, Amtseinführung. Kreisbeigeordneter Willi Blodt gratulierte Hermann  Reitz persönlich und auch im Auftrage des Landrates zur Wahl. Es folgte noch eine lange Gratulationscour, bevor mit den Glückwünschen des Gemeindevertretervorstehers die Sitzung geschlossen wurde.

Die Amtseinführung von Bürgermeister Reitz erfolgte am 1. September 1969. Bis dahin war Bürgermeister Dr. Herbert Fürbeth noch im Amt. Beigeordneter Willi Keylwerth war es, der im Auftrage des Gemeindevorstandes, dem neuen Bürgermeister die Ernennungsurkunde überreichte. Durch die Wahl des 1. Beigeordneten Hermann Reitz, rückte nun Bruno Pötzl in dieses Amt nach und der seitherige Gemeindevertreter Edmund Hornung erhielt das Amt eines Beigeordneten.

Doch bis dahin, von der Wahl bis zur Amtseinführung, waren es immerhin noch fast gut acht Wochen, in denen es  für Hermann Reitz galt die Gemeindegeschäfte als Ersten Beigeordneter, in Abwesenheit des Bürgermeisters, weiterzuführen. Bei der Amtseinführung von Hermann Reitz legte dieser, in einer bemerkenswerten Rede, seine Vorstellungen zur Entwicklung der Gemeinde dar.

Die damalige Heimatzeitung schrieb hierzu :
„In einer großangelegten eindrucksvollen Rede legte dann der neuer Bürgermeister seine Gedanken über seine künftige  kommunale Arbeit sowie seine Aufgaben und Ziele vor Parlament und Bürgerschaft dar.(......) Reitz machte kein Geheimnis daraus, dass er als Sozialdemokrat in dieses Amt berufen wurde, stellte aber auch gleichzeitig fest, dass er seine Tätigkeit als Gemeindeoberhaupt parteineutral zu sehen habe. (......) Reitz führte weiter aus, dass er weit davon entfernt sei, Versprechungen über die zukünftige Entwicklung der Gemeinde zu machen, es gehe ihm vielmehr darum, die Gemeinde dynamisch weiterzuführen. (....)
Er sprach die anstehenden Aufgaben und Fragen an und so stehen:
a) Fragen der nachbarlichen Beziehung zur Stadt Rüsselsheim,
b) der regionalen Raumordnung nach dem Entwurf des Kreises,
c) die Übernahme der Schulträgerschaft durch den Landkreis,
d) die Überleitung der gemeindlichen Müllabfuhr in den Müllabfuhrzweckverband,
e) die Fertigstellung der Kanal- und Straßenbaumaßnahmen in den Neubaugebieten, die Beseitigung der schienengleichen Bahnübergänge im Rahmen der geplanten Ostumgehung.
f) die Fertigstellung der Kläranlage,
g) den weiteren Ausbau des Erholungsgebietes und der Sportanlagen,
h) die Erweiterung der Kindergärten und den Neubau eines Kindergartens im   Ochsengrund,
i) die Erschließung eines neuen Baugebietes im Anschluss an dasBaugebiet „Ochsengrund Nord und Süd“,
j) die Förderung des europäischen Gedankens, durch Begründung eines Partnerschaftsverhältnisses ,
k) eine stärkere  finanzielle Förderung der Vereinstätigkeit (in Nauheim gab  es damals 36  Vereine)
l) zur Förderung des Kultur- und Musiklebens, die Einrichtung einer „Musikwoche“ oder von „Musiktagen“ um dem Ruf der Gemeinde als Musikgemeinde gerecht zu werden, auf der kommunalen Tagesordnung.

Im Nauheimer Gemeindespiegel wandte sich der Bürgermeister am 5. September wie folgt an seine Mitbürger:.

Sehr geehrte Nauheimer Mitbürger !

Am Montag, dem 1. September 1969 habe ich, nachdem am 9.Juli 1969 meine Wahl zum Bürgermeister erfolgte, mein ehrenvolles und bestimmt nicht leichtes Amt angetreten. Damit wird mir die Aufgabe zuteil, im Interesse der Gemeinde und zum Wohle ihrer Bürger zu wirken. Den meisten von Ihnen bin ich durch meine seitherige Öffentlichkeitsarbeit in Betrieb und Gemeinde bekannt. Als Bürgermeister kommt es mir besonders darauf an, das für meine Arbeit notwendige Vertrauen, jedes einzelnen Bürgers, zu gewinnen. Nicht die Sache ,sondern der Bürger soll und wird im Mittelpunkt all meiner Überlegungen stehen. Ihnen allen möchte ich, gemeinsam mit den Beschäftigten des Rathauses , das Gefühl vermitteln, dass Bürgermeister und Verwaltung stets den Anliegen des Bürgers aufgeschlossen Gehör schenken, wobei ich bemüht sein werde, Ihren Sorgen, Nöten und Problemen im Rahmen der mir gegebenen Möglichkeiten abzuhelfen. Von Ihnen ,sehr geehrte Mitbürger, erhoffe ich das zur Bewältigung all der vor uns liegenden Aufgaben notwendige Vertrauen und die Unterstützung, ohne die ein Bürgermeister nur Stückwerk schaffen kann. Zu den vor uns liegenden kommunalen Aufgaben ist zu sagen, dass das Begonnene fortgeführt und Neues im Interesse der Gesamtgemeinde und in Zusammenarbeit  mit den Gremien sinnvoll geplant und verwirklicht wird. Die Grundzüge meiner zukünftigen kommunalen Arbeit habe ich in meiner Rede anlässlich meiner Amtseinführung dargelegt. So darf ich nun mein Amt antreten mit dem Wunsche an Sie, werte Nauheimer, meine Arbeit so zu unterstützen, dass uns allen gedeihliches Zusammenwirken und Erfolg beschieden sein möge.

Anmerkung: Die Amtsantrittsrede des Bürgermeisters wurde ebenfalls in der gleichen Ausgabe des Gemeindespiegels abgedruckt.


Die 70 er Jahre

Müll- und Abwassergebühren Erhöhung  1969.

Gleich zu Beginn seines Amtantrittes musste Bürgermeister Reitz den Nauheimer Bürgern eine bittere Pille zu schlucken geben. Auf der Tagesordnung der 9. Sitzung der Gemeindevertretung im Dezember, stand die Erhöhung der Müllabfuhr– und Abwassergebühren. Durch die Überführung der gemeindlichen Müllabfuhr an den Müllzweckverband Groß-Gerau ab dem 1.1.1970, waren diese Erhöhungen erforderlich geworden. Bei der Müllabfuhr ergab sich ein Defizit von DM 60.000 im Jahr, das durch die Erhöhung der Gebühren aufgefangen werden sollte.

So ergaben sich folgende Erhöhungen ab 1.1.1970
35 ltr. Tonne  = 2,80 DM/Monat
50 ltr. Tonne  = 3,00 DM/Monat

Bei den Abwassergebühren ergab sich ein Kubikmeterpreis von DM 0,80 ab dem gleichen Datum. Die Berechnung der verbrauchten Menge erfolgte nach dem durchschnittlichen Wasserverbrauch der Monate Oktober bis März, der verdoppelt als Jahresverbrauch zugrunde gelegt wurde. Hinzu kam noch eine Gebühr für Niederschlagswasser die mit 0,5 cbm pro 100 qm Grundstucksfläche berechnet wird. So hatte zum Beispiel ein 4 Personen Haushalt mit einem 640 qm großem Grundstück eine jährliche Abwassergebühr von DM 115  gegenüber seither 72 DM zu zahlen.

Nachfrage nach Bauplätzen.

Durch die hohe Nachfrage nach Bauplätzen (120 Bewerber) wurde die Erweiterung des Flächennutzungsplanes erforderlich. Wobei die Gesamtfläche der Erweiterung 29 Hektar betrug.

Groß-Gerauer Volksbank in Nauheim eröffnet:

In einer kleinen Feierstunde übergab am  Freitag, dem 8. Januar 1970, Bankdirektor Rudolf Wagner von der Volksbank Groß-Gerau, in Nauheim eine neue Filiale der Bank ihrer Bestimmung. In seiner kleinen Rede, im Beisein des Bürgermeisters,  sagte Wagner: “Die Verbindung Nauheims zur Volksbank ist schon sehr alt. Bis 1958 habe regelmäßig ein Beauftragter der Bank die Kunden zu Hause besucht. 1958 habe man dann eine Annahmestelle eröffnet ,doch schon bald zeigte sich, dass diese nicht ausreichend ist, worauf dann 1959 eine Filiale in der Bahnhofstraße eröffnet wurde.

Doch schon bald gab es hier schon wieder Raumprobleme. Durch den Umbau im Hause Stork- ebenfalls in der Bahnhofstraße-sei dieser Raummangel jetzt behoben und man habe mitten in Nauheim ein ansprechendes  Geschäftslokal bekommen.“

Die Bauzeit dauerte vom 1. November 1969 bis jetzt  grade mal 2 Monate. Bürgermeister Reitz sprach der Volksbank die Glückwünsche der Gemeindegremien für die modernen und zweckmäßigen Räume aus und betonte gleichzeitig, dass die Gemeinde beabsichtige, den Friedrich Ebertplatz, unmittelbar der Bankfiliale gegenüber, umzugestalten, wobei auch einige Parkplätze geschaffen würden.

Die Nauheimer Hochhäuser:

Im Februar 1969 stimmte die Gemeindevertretung mehrheitlich dem Bau der Hochhäuser, nach vorheriger lebhafter Debatte, zu. Die Häuser sollen 12 – 14 geschossig im Baugebiet Ochsengrund, in der Thomas Mannstraße, entlang dem Schwarzbach, an der Grenze zu Rüsselsheim, gebaut werden. Für den Verkauf der Grundstücke erhielt die Gemeinde jetzt 45 DM/qm, nachdem schon einmal bei Dr. Fürbeth, die gleichen Grundstücke für den Bau von mehrgeschossigen Punkthäusern  für DM 28./qm. veräußert werden sollten. Es wurde damals vorgesehen, dass der Bauherr zusätzlich ein Ladenzentrum, ein Schwimmbassin- Sonnenterrasse, Bar Sauna und Cafeteria zusammen mit einer Kindertagesstätte errichtet.

Gebührenerhöhungen im Jahre 1970

Gleich zu Beginn des Jahres wurden ebenfalls die Wasserpreise erhöht. Der Preis für einen Kubikmeter Wasser beträgt somit 0,80 DM. Diese Erhöhung wurde notwendig, weil der Wasserverband „Gerauer Land“ seinen Wasserabgabepreis von DM 0,65 auf DM 0,80  plus Mehrwertsteuer erhöhte.

Ab 1970 Interkommunale Zusammenarbeit mit Rüsselsheim:

Bürgermeister Reitz teilte dem Gemeindeparlament mit, dass im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit künftig bestimmte Einrichtungen der Stadt Rüsselsheim genutzt werden könnten. So sollten vor allem vom Hoch- und Tiefbauamt die Aufstellung von Bebauungsplänen sowie die Kanal – und Straßenplanung durchgeführt werden. Bereits ab dem 1.1.1970 würden außerdem Löhne  und Gehälter der Gemeindebediensteten von der Datenverarbeitungsanlage der Stadt Rüsselsheim berechnet.

Das Gewerbegebiet „ Der Herrnhügel“

Die notwendige Erweiterung eines Industriebetriebes in der Odenwaldstraße erforderte im Jahre 1970, eine schnelle Bereitstellung weiteren Gewerbegebietes. Die Anwohner, besonders in der Straße „Am Weiher„ fühlten sich durch die Plexiglasproduktion  der Fa. Hans Börner, durch Lärm und Staub belästigt.  Aus  diesem Grunde war der Gemeindevorstand bereit, durch Schaffung von Gewerbegelände der Fa. Börner die Möglichkeit der Aussiedlung des Betriebes aus dem Gebiet der „Odenwaldstraße- „Am Weiher“ zu eröffnen. So  legte der Gemeindevorstand dem Parlament eine Vorlage zur Aufstellung eines Bebauungsplanes „Schleifweg - Der Herrnhügel“ vor, nachdem es dem Bürgermeister am 24. Oktoberv 1969  gelang, nach Vorsprache bei dem zuständigen Forstbeamten des RP beim Landesforstamt, in Darmstadt, kurzfristig Zustimmung zur Bebauung diese Geländes zu erhalten. Hier drehte es sich um die erforderliche Zustimmung des hessischen Forstamtes zur Waldfreigabe im Bereich „Der Herrnhügel“ .

Diese Zustimmung erfolgte noch am gleichen Tage des 24.Oktober 1969, an Ort und Stelle, durch Handschlag zwischen dem damalig zuständigen Herrn Linkmann und dem Bürgermeister. Bedingung jedoch war,dass die 1/½-fache Fläche des benötigten Waldes wieder an anderer Stelle aufgeforstet wird. Zudem gab Bürgermeister Reitz seine Zustimmung den Wald hinter der Industriestraße zu „Erholungswald“ zu erklären. Mit der einstimmigen Verabschiedung dieses Bebauungsplanes hoffte man, eine zufriedenstellende Lösung  für die Fa. Hans Börner gefunden zu haben. Das neue Gewerbegebiet hinter dem Schleifweg wird im Norden durch die Bahnlinie, im Osten durch die Straße „Am Schleifweg“ und im Süden durch die projektierte Überführung der verlängerten Schillerstraße begrenzt. Ebenfalls in dieser  in dieser Sitzung des Aufstellungsbeschlusses „Schleifweg-der Herrnhügel“  erfolgte einstimmige Zustimmung zum Entwurf des Bebauungsplanes „die Niederwiesenäcker“ der als Satzung beschlossen wurde , am 18.Dezember 1969 genehmigt wurde und am 27. Februar 1970 in Kraft trat.

Der Bebauungsplan „Schleifweg - der Herrnhügel“ wurde dann am 8.Februar 1972 genehmigt und ist am 7. April 1972 inkraft getreten.

Im Mai 1972 begann im Gewerbegebiet „Am Schleifweg“ die Parzellierung, d.h. die Einteilung der Bauplätze für Gewerbebetriebe.Dabei wird der kleinste Bauplatz bei 2000qm liegen. In der Regel sind jedoch Flächen zwischen 3000qm und 4000 qm vorgesehen.Der Gemeindevorstand legt jedoch bei der Ansiedlung von Betrieben Wert darauf, dass nur umweltfreundliche Betriebe angesiedelt werden, sodass die bewohner der angrenzenden Wohngebiete nicht  durch Lärm und Abgase belästigt werden.So wird die Ansiedlung finanziell gesunder Industriebetriebe letzlich der Gemeinde auch mehr Gewerbesteuereinnahmen bringen unmd somit die Finanzlage der Gemeinde verbessern.

Bezüglich der Belästigungen durch die Fa. Börner in der Strasse „Am Weiher“ bringt die Darmstädter „Neue Presse“   am 18. Mai 1971, folgenden Kommentar:

Verfügung:

Jahrelang hat es gedauert, bis die Anlieger eines kunststoffverarbeitenden Betriebes in Nauheim nun endlich hoffen dürfen, dass die Geruchs-und Staubbelästigungen vielleicht bald aufhören. Kürzlich hat der Groß-Gerauer Landrat Willi Blodt mit einer Verfügung ernst gemacht.Er ordnete zum 1. Juli die Einstellung der Produktion in einem Garagenbau an und erteilte außerdem für den gesamten Betrieb elf wichtige Auflagen. Weiter teilte er  der Firma mit, dass das Einlegen von Rechtsmitteln nunmehr keine aufschiebende Wirkung mehr hat.

Damit ,so scheint es,haben die Nachbarn endlich den lange erhofften Erfolg erreicht. Hunderte von Protesten waren dazu nötig, bis die Behörden so schalteten und walteten, wie man es eigentlich für selbstverständlich erachtet hätte. Aber auschlaggebend war wohl auch ein Gutachten der Staatlichen Materialprüfungsanstalt in Darmstadt, das ein Anlieger auf eigene Kosten erstellen ließ. Es sprach Bände: In den Wohnungen in der Umgebung des Betriebes waren Styroldämpfe ohne Messungen durch den Geruchssinn wahrnehmbar.Die Messungen schließlich ergaben, dass die Werte um ein Vielfaches über der maximalen Arbeitsplatzkonzentration lagen. Bleibt nur noch hinzuzufügen, dass Styroldämpfe gesundheitsschädlich sind.

Viel Einsatz- und endlich ein positives Echo! Vielleicht wäre es auch noch immer nichts geworden, wenn nicht Landtagsabgeordneter Martin Schlappner aus Rüsselsheim sich nunmehr ebenso intensiv eingesetzt hätte, damit der unhaltbare Zustand ein Ende findet. Die „Aktionsgemeinschaft  gegen Umweltzerstörung Raunheim/ Rüsselsheim“ hatte ihn dahingehend engagieren können.

Langsam setzt sich der Umweltschutz durch.Aber es bleiben noch viele andere Missstände.Es wird noch manchen Kampf darum geben --- meint     RENATE.

Ein Haus „Der Musikinstrumentenbauer“

16 Wohnungen hat das in der Käthe Kollwitzstraße 25 und 27 erbaute Haus der Musikinstrumentenbauer, dessen Wohnungen auch ausnahmslos von Musikinstrumentenmachern bewohnt wird. Mitte August des Jahres 1970 wurde das Haus bezogen, das die gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft „Ried“ (Groß-Gerau), im Rahmen einer Sondermaßnahme der Hessischen Landesregierung, erbaut hat.Die Nauheimer Musikindustrie leidet an Nachwuchs,sodass man diesem Mangel mit der Zurverfügungstellung von Wohnungen abhelfen will.Das Haus mit den 4 Geschossen erforderte nach dem Kostenvoranschlag  850.000,- DM. Die Wohnungen umfassen  teils 3 Zimmer und Küche(75 qm) und teils 4 Zimmer und Küche (90 qm ).Die Nauheimer Musikindustrie unterstützte finanziell diese Vorhaben und die Gemeinde Nauheim stellte das Gelände zur Verfügung.

Der 3. Verwaltungsbericht.

1972 gab die Gemeinde Nauheim zur Information der Bürger den 3. schriftlichen Verwaltungsbericht in Form einer Broschüre heraus, in dem sich die weitere rasante Entwicklung der Gemeinde, finanziell, sozial, kulturell und sportlich und auch im Bezug auf die infrastrukturelle Entwicklung der Gemeinde darstellt.

Im Vorwort zu diesem Verwaltungsbericht stellte der Bürgermeister fest:

Bei meiner Wahl zu Bürgermeister im Jahre 1969 habe ich mich verpflichtet, all meine Kraft für das Wohl der Gemeinde und ihrer Bürger einzusetzen und für eine fortschrittliche  und aufgeschlossene Kommunalpolitik bemüht zu sein.

Im Vordergrund stand die Aufgabe maß- und planvoll zu wirtschaften. Dabei wollte ich weder Dogmatiker noch Utopist sein.

Heute kann  mit Genugtuung für jeden sichtbar festgestellt werden: „Was ich versprach, habe ich gehalten.“ Ziel allen kommunalpolitischen Handelns war und wird es weiter sein, nicht zu improvisieren, sondern zum richtigen Zeitpunkt –im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten –das jeweils Dringliche zu tun im Bestreben, die allgemeinen Lebensbedingungen der Bevölkerung unserer Gemeinde zu verbessern.“

In der Tat war es schon erstaunlich was in der gerade 3-jährigen Amtszeit des Bürgermeisters auf den Weg gebracht  und geleistet wurde.
Die Bürger spürten, dass sie in Nauheim in einer fortschrittlichen, auf dem Wege zu einer lebenswerten, Gemeinde lebten.
All diese vom Parlament und den 5 Ausschüsse und vom Gemeindevorstand geleistete Arbeit war das Ergebnis von :
135 Sitzungen des Gemeindevorstandes, 29 Sitzungen der Gemeindevertretung, 96 Sitzungen der Ausschüsse und 3 interfraktionellen Sitzungen, die zur Beratung wichtig anstehender Probleme zur Beschlussvorbereitung durchgeführt wurden. Festzustellen bleibt hier, dass die Gemeinde Nauheim als erste Gemeinde im Kreis in Anbetracht der anstehenden Umweltprobleme und Fragen der Regionalplanung einen „Regionalplanungs- und Umweltausschuss“ bildete und dies zu einer Zeit, als es noch nicht einmal die „Grünen“ gab.

Vorsitzender dieses Ausschusses war der damalige Gemeindevertreter und spätere 1. Beigeordnete Rolf Teichmann. Durch den plötzlichen Tod des 1.Beigeordneten Bruno Pötzl (SPD) *übernahm Willi Keylwerth( SPD)  nun dieses Amt. Bruno Pötzl war 1960 über die Liste des damaligen BHE (Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten ) ins Gemeindeparlament eingezogen, wo er sich durch seine sachliche Arbeit große Verdienste, auch als späterer 1. Beigeordneter, erworben hat. Nachrücker  in den Gemeindevorstand für Bruno Pötzl wurde der seitherige Gemeindevertreter Heinz Elfner. Für ihn rückte jetzt Richard Paulus (SPD) in die Gemeindevertretung nach. Ebenfalls im Berichtszeitraum war der Tod des langjährigen Vorsitzenden der SPD Fraktion, Fritz Jakobi, zu beklagen. Fritz Jacobi war 15 Jahre Gemeindevertreter und davon 10 Jahre lang Vorsitzender der SPD Fraktion. Somit hat sich Fritz Jacobi  um die Gemeinde Nauheim sehr verdient gemacht. Für ihn, rückte nun Ulrich Becker, der damals das Amt des Vorsitzenden der SPD- Nauheim inne hatte, ins Gemeindeparlament nach.

Anmerkung:  Die im Parlament vertretene Partei BHE/GDP löste sich in der Legislaturperiode 1968 –72 auf. Ihre Mitglieder in den gemeindlichen Gremien wechselten zur SPD über.

Einwohnerschaft am 31.12.1972

Am 31.12.1972 hatte Nauheim= 7828 Einwohner, von denen rund 4303 der evangelischen und rund 3013 der katholischen Konfession angehörten. 946 Ausländer aus insgesamt ca. 29 Nationen lebten in Nauheim, wobei Italien mit 369 und Spanien mit 139 Personen am stärksten vertreten sind.

Industrie- Gewerbe und Behörden.
In Nauheim gab es zu diesem Zeitpunkt: 15 Industriebetriebe, 62 Gewerbebetriebe, 13 Betriebe des Gaststätten und Beherbergungsgewerbes, 46 Ladengeschäfte, 2 Apotheken, 22 landwirtschaftliche Betriebe, 1 Kino und 1 Behörde. Anzumerken ist auch hier, dass zur Ansiedlung neuer Gewerbebetriebe zwischen der damaligen Bundesstrasse B 42 und dem Eisenbahnkörper weiteres Gelände ausgewiesen worden ist.

Nauheim soll weiterwachsen

Im Flächennutzungsplan der Gemeinde werden folgende neue Baugebiete ausgewiesen:
zwei größere Wohnbaugebiete „Der Wolfsberg“ und „Im Teich“ im Norden des jetzigen Wohngebietes und weitere kleine Wohngebiete im Anschluss an den Ortskern in  östlicher Richtung bis zu der geplanten Ostumgehung.

Ein kleineres Gewerbegebiet im Norden der Gemeinde, westlich der geplanten Ostumgehung,ein größeres Gewerbegebiet südlich der geplanten Ostumgehung zwischen Eisenbahnkörper und Bundesstraße 42, bis zur Gemarkungsgrenze Groß-Gerau.Ein weiteres Gewerbegebiet liegt im Westen der Gemeinde zwischen Eisenbahnkörper und Bundesstraße 42 „Schleifweg-Der Herrnhügel“

Durch die geplante Verlegung der Bundesstraße 42  auf etwa 1km Länge zwischen der neuen Straßenführung und dem westlichen Ortsrand soll weiteres Gelände zur Gewerbeansiedlung erschlossen werden.

Das Geld der Gemeinde vor der Kommunalwahl 1972

Im der Öffentlichkeit übergebenen Verwaltungsbericht der Gemeinde führte der für die Finanzen zuständige Amtsrat und 1. Verwaltungsbeamte Ernst Griebel folgendes aus: „Bei vernünftiger uns sparsamer Haushaltführung war es trotz ständig steigender und unvermeidbarer Sach –und Personalkosten  möglich genügend Eigenmittel für die großen Maßnahmen freizustellen und so deren zügigen Fortgang und Fertigstellung zu sichern. Innerhalb der zahl- und umfangreichen Investitionen hatten die Fertigstellung der Kanalisationsanlagen mit Kläranlage und der Straßenbau Vorrang. Darauf richtete sich die zielbewusste Steuerung als wichtiger Teil gemeindlicher Finanzwirtschaft und der Einsatz der Eigenmittel. Die Inanspruchnahme von Fremdkapital ,d.h. die Aufnahme von Darlehen ,zählt wesentlich zu den Steuerungstaktiken der Finanzwirtschaft  der Gemeinde und beschränkte sich auch in den vergangenen vier Jahren auf unabweisbaren Bedarf.

Im Rahmen der Landesrichtlinien zum Bau von Abwasseranlagen wurden Darlehen(außer den zinsverbilligten Krediten für den Wohnungsbau 0,5 Mio. DM)
nur zur Finanzierung des Kanal- und Kläranlagenbaues (4,44 Mio. DM) aufgenommen , weil hierzu das Land der Gemeinde, außer  Baukostenzuschüssen  (360.000 .-DM)-laufende Schuldendiensthilfen (1969 – 1972 = 405.000 DM) gewährte ,die wesentlich zur Entlastung des Finanzbedarfs beitrugen und Haushaltsmittel für andere Bauvorhaben freistellen halfen. An dieser Stelle sind die Erschließungs- und Anliegerbeiträge der Bürger zu nennen, die bedeutend zum zügigen Fortgang der Baumaßnahmen beisteuerten und ohne die eine Finanzierung dieser Investitionen (Baukosten 1969 –1972 = 8,330 Mio. DM) nicht möglich gewesen wäre. Deshalb ist die Höhe der Gebühren- und Beitragssätze für die Bereitstellung und Benutzung der gemeindlichen Einrichtungen in Nauheim  entsprechend als angemessen anzusehen.

Die außerordentlichen Maßnahmen 1969 –1972 mit einer Gesamtausgabensumme
von 13.236.000 DM wurden finanziert:
a) Zuschüsse- Kostenbeiträge und Spenden:          DM      897.000 =   5,4 %
b) Eigenmittel der Gemeinde:                                    DM   7.396.000 =  65,3 %
c) Darlehen:                                                                  DM   4.943.000 =  29,3 %

Das Steueraufkommen der Gemeinde, einschließlich des Anteils an der Einkommensteuer im Wege des Finanzausgleichs, stieg von 1969 = 1,06 Mio.DM
auf 1972 = 1,92 Mio. DM und damit um 8,1% an, obwohl die Steuerhebesätze in dieser Zeit keine Erhöhung erfuhren.

Dazu muss aber auch gesagt werden, dass die verbesserte Finanzausstattung durch das Land und das steigende Steueraufkommen  der Gemeinde hinter den Kostensteigerungen allgemein herhinken und die ständige Erhöhung der Umlagen an den Kreis und andere Institutionen den finanzwirtschaftlichen Realitäten der Kommunen, insbesondere den Wachstumsgemeinden, angepasst werden sollten. Eine vernünftige Ausgabensteuerung im Rahmen mehrjähriger, realistischer Finanzplanungen wird das Gesicht unserer Gemeinde als zukunftsorientiertes
Gemeinwesen prägen helfen“.

„Kulturelles“, „Gemeinschaftliches „ und „Soziales“

Trotz ständiger Verbesserungen des Lebensstandardes stiegen mehr und mehr die sozialen Verpflichtungen der Gemeinde. Die Anforderungen der Bürger zur Verbesserung der Infrastruktur auf sozialem Gebiet steigen und die Gemeinde hatte alle Anstrengungen zu unternehmen, dem Begehren der Bürger ,soweit realistisch  und vertretbar, gerecht zu werden.

Die Verantwortlichen der Gemeinde gingen jedoch aufgeschlossen und verständnisvoll an die Lösung dieser Aufgaben heran, weil ihnen stets das Wohl und die Gesundheit der Bürger am Herzen lag. So kommt es auch nicht von ungefähr ,dass eine Gemeinde, in der Größenordnung Nauheims, eine Vielzahl von Einrichtungen aufweisen kann die das Obengesagte nur bestätigen.

Kindergarten im Ochsengrund eingeweiht

Am 6. Oktober 1972 wurde, mit viel Beifall, der 4. Kindergarten im Ochsengrund seiner Bestimmung übergeben. Die Gemeinde hat diesen Kindergarten, mit Zustimmung des Landes, vorfinanziert, da  die Zuschüsse erst in den nächsten Jahren eingehen.

Der Kindergarten, der bei strahlendem Sonnenschein unter Anwesenheit des Landrates Willi Blodt, des Bundestagsvizepräsidenten Dr. Hermann Schmitt-Vockenhausen, den Landtagsabgeordneten Dr. Erwin Lang und Martin Schlappner, sowie den beiden Nauheimer Pfarrern Fenske und Staudt u.a. eingeweiht wurde, kostete wie der Bürgermeister in seiner Rede ausführte, 544.788.- DM. Hinzu kommen die Kosten der Inneneinrichtung, Spielzeug und Küche mit rund 40.000.- DM, sowie mit den Kosten der Außenanlagen, die erst für das nächste Jahr vorgesehen waren, auf rund 700.000.- DM. Der neuerrichtete Kindergarten enthält 4 Gruppenräume, zwei Intensivräume für die pädagogische Förderung, einen Mehrzweckraum, zwei Sanitärräume, einen Leiterinnenraum und Aufenthaltsraum für die Kindergärtnerinnen. In der Mitte befindet sich ein Lichthof, der die verschiedensten Verwendungsmöglichkeiten bietet. Der Schlüssel des Kindergartens überreichte Bürgermeister Reitz der damaligen Leiterin Frau Giebert.

Durch den Bau von zwei Kindergärten im Zeitraum 1969 –1973 mit insgesamt 145 Kindergartenplätze verfügt die Gemeinde nunmehr über 300 Kindergartenplätze (mitgerechnet zweimal ½ Tagesgruppe ) Erstmalig konnten mit Beginn des neuen Schuljahres auch dreijährige Kinder aufgenommen werden. Nauheim stand damit mit an der Spitze in Hessen.

Für die Unterhaltung der Kindergärten wurden im Zeitraum 1969 -1972 DM 765.000 aufgewendet, davon zahlte die Gemeinde als Zuschuss, d.h. Ausgaben die durch Elternbeiträge nicht gedeckt wurden, DM 585.000 DM. Dies war zur damaligen Zeit sehr beachtenswert. Der Neubau der beiden errichteten Kindergärten erforderte bis Ende 1973, mit dem Anbau an den Kindergarten Neckarstraße 1.098.820,91 DM.

Dafür erhielt die Gemeinde Zuschüsse: vom Land: 80.000 DM, vom Kreis:13.500 DM, sonstige Kostenbeteiligung 147.500 DM, davon waren die 100.000 DM Spende der Fa..Babcock beim Bau der Hochhäuser. Noch nicht enthalten ist der Landeszuschuss für den Kindergarten Ochsengrund der erst in 1973 ausgezahlt wurde.

Kinderspielplätze:

Obwohl der Bedarf an Kinderspielplätzen groß ist, verfügte die Gemeinde nach Fertigstellung zweier Kinderspielplätze im Berichtszeitraum über 6 Kinderspielplätze,2 Bolzplätze und 1 Planschbecken am Hegbachsee , das sich großer Beliebtheit erfreut.

So beliefen sich die Aufwendungen der Gemeinde hierfür  auf 115.000 DM. Hierzu gab es Zuschüsse von Kreis und Land und auch Privaten in Höhe von DM 30.000. Interessant ist hier festzuhalten, dass im Winter 1969/70 der Bürgermeister am Kinderspielplatz Schillerstrasse vollständig unbürokratisch und spontan, einen Rodelberg aufschütten ließ, damit  die Nauheimer Kinder die Möglichkeit erhielten , fern von den Gefahren des Schlittenfahrens in den Straßen, ihren Winterfreuden

nachzukommen.

Alten- oder Seniorenbetreuung der Gemeinde:

Ein stets besonderes Anliegen war es auch für Bürgermeister Reitz, die alten Bürger unsrer Gemeinde nicht zu vergessen und alleine zu lassen. In den Jahren bis 1969 wurde jährlich für die alten Mitbürger unserer Gemeinde, eine vorweihnachtliche Feier veranstaltet,die von der Gemeinde, gemeinsam mit dem Gewerbeverein und dem Roten Kreuz und der Arbeiterwohlfahrt durchgeführt wurde. An dem bunten Programm zu dieser Veranstaltung beteiligten sich Ortsvereine wie die SKV mit ihrem Musikzug ,die SKV mit den einzelnen Sparten , der Musikverein, der Gesangverein Eintracht sowie der Turnverein.

Jedoch  unvergessen bleiben die seit dem Jahre 1970 durchgeführte Altenfahrten mit Sonderzügen der deutschen Bundesbahn. Die erste Fahrt, an der über 400 ältere Nauheimer Bürger teilnahmen, ging über Fulda, wo eine Besichtigung der Barockviertel der Stadt stattfand, an die Zonengrenze nach Hilders in der Rhön. Es war bei wunderbarem Sonnenschein eine herrliche Fahrt mit Tanz in den Waggons. Bürgermeister Reitz war der erste Bürgermeister im Kreis Groß-Gerau  der mit seinen Senioren ein solches Unterfangen wagte. Viele seiner Kollegen im Kreis warnten ihn, mit so vielen älteren Menschen, eine solche Fahrt mit der Bundesbahn zu unternehmen. Doch mit dabei von Anfang an war das Rote Kreuz und die Helfer und Helferinnen der Arbeiterwohlfahrt. Teilnehmen konnten damals alle Bürger über 70 Jahren, sowie die Verwitweten über 60 Jahren. Eine Teilnahmegebühr brauchte damals nicht entrichtet zu werden. Bis zum Zeitpunkt der fertigstellung der Chronik wurden folgende Altenfahrten , die man natürlich im neuen Sprachgebrauch „Seniorenfahrten“nennt, durchgeführt:

Jahr:

 Reiseziel

Jahr:

Reiseziel:

Jahr:

Reiseziel:

1970

Hilders/Rhön

1980

Eberbach/Neckar

1990

Veitshöchheim

1971

Eberbach /Neckar

1981

Michelstadt/Odw.

1991

Zweibrücken

1972

Simmern/Hunsrück

1982

Nauheim

1992

Neuwied

1973

Neustadt /Weinstraße

1983

Andernach/Rhein

1993

Eberbach/Neckar

1974

Lahnstein/Rhein

1984

Bad-Camberg/Taunus

1994

Rothenburg/o.d.T.

1975

Bararach/Rhein

1985

Lohr/Main

1995

Oestrich/Winkel/Rheingau

1976

Erbach/Odenwald

1986

Alsfeld

1996

Lorsch/Bergstraße

1977

Idar-Oberstein

1987

Neustadt/Weinstraße

1997

Nauheim

1978

Güls/Mosel

1988

Güls/Mosel

1998

Marktheidenfeld

1979

Lorch/Rhein

1989

Villmar/Lahn

1999

Nauheim

Die im Jahre 1979 geplante Seniorenfahrt nach Lorsch /Rhein musste kurzfristig,wegen einer Baustelle in Lorch umgeplant werden,sodass die Fahrt dann nach Kaub/Rhein ging. Für das Jahr 2000 ist für die Seniorenfahrt eine Schifffahrt auf dem Main nach Offenbach-Seligenstadt-Aschaffenburg, geplant. In der vorliegenden Chronik wir über die eine oder andere Seniorenfahrt berichtet.

Urlaub auf Kosten der Gemeinde.

Aus der Erkenntnis, dass viele alte Nauheimer Bürger, die sich um den modernen Aufbau der Gemeinde verdient gemacht haben und nie über die Grenzen Nauheims hinausgekommen sind, wurden auch jährlich ab Juli 1973 bis zu 20 Bürger, die von der Arbeiterwohlfahrt  und der Nauheimer Ortsgruppe des VDK, vorgeschlagen wurden, auf Kosten der Gemeinde in Urlaub geschickt .Dieser Urlaub fand meistens im Schwarzwald statt. Auch half die Gemeinde in einigen Fällen mit Unterstützung für den Reisebedarf aus, indem sie auf Antrag, einigen Reiseteilnehmern, einen bestimmten

Geldbetrag, gegen Verwendungsnachweis versteht sich, zur Verfügung stellte. Die Bürger ,die in den Genuss eines solchen Urlaubs kamen waren hocherfreut, dass sie einmal aus Nauheim herauskommen konnten und waren voller Lob für die Gemeinde, zumal der Bürgermeister mit seiner Frau, jeweils den Urlaubern am Urlaubsort einen Besuch abstattete.

Hierzu schrieb die Heimatzeitung am 9.Juli 1973:

„Erstmals in diesem Jahr hat die Gemeinde  Nauheim im Haushalt 6000.- DM für die Urlaubsverschickung älterer  bedürftiger Mitbürger bereitgestellt und damit die seit Jahren praktizierte vorbildliche Altenbetreuung (wie Altenfahrten und Altennachmittage) noch erweitert. Die ersten zehn der insgesamt zwanzig älteren Mitbürger haben am

27. Juni einen14-tägigen Erholungsurlaub im schöngelegenen und ruhigen Luftkurort Steinegg im Schwarzwald ,in der Nähe von Bad Liebenzell, angetreten. (......) In der Pension Lamm können sie bei Vollpension sich einmal nach Herzenslust  in landschaftlich reizvoller Umgebung  vom Alltag  und besonders von dem in letzter Zeit in Nauheim verstärkten Fluglärm 2 Wochen lang erholen.(....) Die zweite Gruppe  begann ihren Urlaub am13. Juli 1973 und kehrte am 27. Juli 73 wieder nach Nauheim zurück“

Hierzu eine kleine Geschichte, erzählt vom Chronisten:

Eines Tages betrat ich,von einem  auswärtigen Termin kommend, das Rathaus. Auf den Rathaustreppen begegneten mir zwei ältere Damen, die sich Tränen aus ihren Augen wischten. Ich sprach die Damen an und fragte warum sie wohl weinten. Sie erzählten mir was passiert war, worauf ich sie dann bat mit mir in mein Büro zu kommen.

Ich ließ ihnen ein Gläschen Wein kredenzen ,wofür sie sich strahlend und zufrieden bedankten.Sie konnten es nicht glauben, dass „der Herr Bürgermeister“ selbst sie empfangen hat. Sie erzählten mir nun was geschehen war. „Die beiden älteren Damen hatten sich zur 14-tägigen Altenverschickung der Gemeinde gemeldet. Noch nie waren sie weder in Urlaub, noch hatten sie je eine größere Reise unternommen. Sie sprachen kurz zuvor auf dem Sozialamt vor und baten um einen Zuschuss für die Anschaffung von Kleidung, da sie sich doch für die Urlaubsverschickung gemeldet hätten ,aber nichts anzuziehen haben.“

Daraufhin bat ich den Sozialamtsleiter in mein Büro zu kommen. Es gab da nämlich einen Haushaltstitel, aus dem den beiden Damen finanziell geholfen werden konnte. So erhielten die beiden Damen je 400,. DM, sogenanntes Kleidergeld, gegen Verwendungsnachweis, den sie nach dem Kauf der Kleider vorlegen mussten. Die Beiden waren überglücklich, bedankten sich überschwellig und waren froh nun doch mit der Gemeinde in Urlaub fahren zu können.

Besondere Aufmerksamkeit wurde stets den Senioren gewidmet.

Eine weitere Maßnahme der Gemeinde, auf Antrag der SPD-Fraktion, war die Schaffung eines Altenaufenthaltsraumes. Dieser sollte lediglich den Senioren der Gemeinde vorrübergehend die Möglichkeit eröffnen zusammen zu kommen, zu diskutieren, zu spielen, also ihre Freizeit zu gestalten. Dieser Aufenthaltraum, der in der alten Schule in der Schulstraße eingerichtet wurde, erhielt auch die dafür notwendigen Einrichtungen. Im Februar 1972 eröffnete der Bürgermeister diesen Altenaufenthaltsraum, dessen Errichtung, ohne die geleisteten Selbsthilfearbeiten DM 6000.- kostete.Die  Senioren der Gemeinde, die in einer beachtlichen Anzahl erschienen waren, dankten dem Bürgermeister und der SPD für den schönen Aufenthaltsraum.Die dankesworte sprach der bekannte Nauheimer Gemeindebedienstete und sich im Ruhestand befindliche    Oberinspektor Richard Dammel.

Ein Altenwohnheim , errichtet von der Gemeinde, war geplant und die erforderlichen Untersuchungen bereits in Arbeit.

Eine weitere Veranstaltung für die betagten Bürger der Gemeinde war eine jährliche

„Carnevalistische Altensitzung“, veranstaltet  von der Nauheimer Carnevalsgesellschaft  mit Hilfe von Gemeinde und Arbeiterwohlfahrt.

Als eine besondere Aufgabe im Rahmen der allgemeinen Gesundheitsvorsorge  und Gesundheitsbetreuung betrachtete die Gemeinde die Einrichtung einer Gemeindeschwesternstation. Die Gemeindeschwester ist ständig, d.h. Tag und Nacht bereit, den kranken und hilfsbedürftigen Menschen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Hiermit wollte die Gemeinde den älteren Bürgern das Gefühl vermitteln, dass sie für sie da ist und sie nicht einsam und verlassen sind.

Auch den wohnlich in Not geratenen Menschen half die Gemeinde durch den Bau eines 16 Familien Wohnhauses in der Heinrich Zillestraße, dem Baugebiet „Wüste Wiese“geholfen.In diesem Wohnhaus sollten Nauheimer Bürger, die in unzumutbaren Wohnverhältnissen lebten (Baracke, altes Rathaus, Wohnungsnotstände )ein neues Zuhause, zu sozialen Mietpreisen, bei dem gegeben Wohnstandard finden. Im November 1973 gibt die Gemeindeverwaltung bekannt, dass der Sozialausschuss die Richtlinien zur Übernahme von Fernmeldegebühren (Anschlusskosten und Grundgebühr) in Fällen besonderer Hilfsbedürftigkeit beschlossen hat. Unter besonderer Hilfsbedürftigkeit waren vornehmlich Fälle im Sinne der Richtlinien des Bundesministers für das Post –und Fernmeldewesen(unter Mitwirkung des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit) zu verstehen, in denen der Fernsprechanschluss eine lebensrettende Bedeutung erlangen kann.

Nach den bereits durchgeführten „Altenfahrten“ der Gemeinde nach Hilders/Rhön , nach Eberstadt /Neckar und nach Simmern /Hunsrück , fand nunmehr die 3. Altenfahrt nach Neustadt an der Weinstrasse statt.

Bei strahlender Herbstsonne, im goldenen Oktober, fuhren 500 betagte Nauheimer Bürger mit dem Sonderzug der Bundesbahn, unter der Leitung von Reiseleiter Heinz Weitzel, Bahnhofsvorsteher in Nauheim, in die Weinmetropole. Eingeladen hierzu waren alle 70 –jährigen und darüber, sowie die über 65 Jahre alte Alleinstehenden und die Stammtischrunden. Arbeiterwohlfahrt und Rotes Kreuz Nauheim waren, wie bei den Fahrten vorher, wieder als treue Helfer mit dabei. Es wurde fleißig getanzt im Tanzwagen der Bundesbahn .Erfrischungsgetränke und ein kleiner Imbiss im Zug wurde von der Arbeiterwohlfahrt gereicht. Mit dabei war natürlich die allseits beliebte Nauheimer Gemeindeschwester Helga Rode. Wie immer waren auch gerade in Nauheim weilende Besucher aus der DDR eingeladen. So konnte der Bürgermeister an zwei Besucher aus der DDR ein Weinpräsent mit einem Blumengebinde überreichen. Gegen 19 Uhr fuhr dann der Sonderzug wieder mit dem Gesang „So ein Tag so wunderschön wie heute“im Bahnhof Nauheim ein. Ein Kostenbeitrag wurde auch in diesem Jahre wieder von den Teilnehmern nicht erhoben.

Die “ 4. Altenfahrt“ der Gemeinde ging sodann 1974 ,wieder mit sehr hoher Beteiligung nach Oberlahnstein/Rhein. Von dieser Fahrt, besonders von der wunderschönen Halle in Oberlahnstein ,in der den Teilnehmern ein buntes Programm geboten wurde, waren alle Teilnehmer hellauf begeistert. Mit einem Riesenapplaus nach der Ankunft in Nauheim bedankten sich die Teilnehmer bei Bürgermeister und Gemeindevorstand.

Im September 1977 nach Idar-Oberstein.

Etwa 630 Teilnehmer machten sich einen schönen Tag in diesem schönen Städchen ,das mit Bussen angefahren wurde. Besonderes Interesse fand dort das Edelstein Museum in der Diamant und Edelsteinbörse und auch in den Edelsteinbetrieben, wo man den Schleifern  bei der Arbeit  zusehen konnte.

1978, ebenfalls im September, ging es nach Güls an der Mosel.

Gefahren wurde  mit einem Sonderzug der Bundesbahn. Es waren diesmal etwa 580 Teilnehmer, die der Reiseleiter im Zug begrüßen konnte. Bei der Ankunft in Güls, einem Vorort von Koblenz, wurden die Nauheimer von einer Blaskapelle empfangen. Nach dem Mittagessen machten ca. 400 Teilnehmer von einer angebotenen Schifffahrt auf der Mosel Gebrauch.

1979 ging die Fahrt mit dem Schiff nach Kaub/Rhein.

Vorgesehen war zunächst eine Fahrt nach Lorsch/Rhein. Da sich jedoch in Lorsch eine Großbaustelle befand, änderte man das Fahrziel. Mit von der Partie waren wieder 600 Nauheimer ,die an Bord des Rheindampfers Goethe von dem Bürgermeister begrüßt wurden. 3 Stunden dauerte die Fahrt auf dem Rhein, die den Nauheimern große Freude bereitete. Nachmittags hatten die Nauheimer Gelegenheit durch die winkligen Gassen des kleinen Winzerdorfes zu ziehen und sich in aller Ruhe, die mitten im Rhein liegende, mittelalterliche Pfalz oder das Blücherdenkmal am Strand anzusehen, oder auch in dem gemütlichen Weinlokal „Die Blücherstube“ ein Schöppchen zu trinken.

Kultur –und Gemeinschaftspflege

Auch der Kultur –und Gemeinschaftspflege widmete die Gemeinde ihre ganze Aufmerksamkeit. Nur so war es möglich, dass die Volksbücherei Nauheim in Ausleihe und Anschaffungen an der Spitze des Kreises steht, die Gemeinde, als erste im Kreis bereits im Jahre 1971 pro Einwohner DM 1.- für die Volksschularbeit zur Verfügung stellte. Daraus konnte eine Senkung der Hörergebühren von DM 2.- auf DM 1.-   eingeführt werden.

Die Volkshochschule Nauheim wurde dank der Unterstützung der Gemeinde zu einer der aktivsten im Kreis.

Eine stärkere Förderung der Gemeinde erfuhren finanziell und materiell die Vereine:
Musikverein 1970 e.V.- Musikzug SKV-Gesangverein Eintracht, Katholischer Kirchenchor, Evangelischer Kirchenchor, Kinderblasorchester, Heimatverein „Mei Arzgebarsch“. Finanziell unterstützt wurden auch der Obst –und Gartenbauverein Nauheim und der Vogel-und Geflügelzüchterverein Nauheim, zur Verwirklichung ihrer Baumaßnahmen.

Musiktage 1970

Die Nauheimer Musiktage wurden 1970 erstmals durchgeführt und die 2. Nauheimer Musiktage 1972,fanden gleichzeitig mit dem 25-jährigen Jubiläum der Musikindustrie statt.


Förderung der Kirchen:

Für die Anliegen der Kirchen hatte die Gemeindevertretung und der Gemeindevorstand stets ein offenes Ohr. Das Verhältnis Kirchengemeinden-bürgerliche Gemeinde ist gut. Dies kommt insbesondere bei den Beschlüssen der Gemeindegremien zur finanziellen Unterstützung kirchlicher Vorhaben zum Ausdruck.

So erhielten: Die evangelische Kirchengemeinde zur Restaurierung der Kirche in 1969 DM 19.400.
Die katholische Kirchengemeinde in 1969 und 1971 als Zuschuss zu Bauvorhaben zur Anschaffung einer größeren Orgel zusammen DM 12.500.

Die freireligiöse Gemeinde  erhielt 1971 zum Einbau einer Heizung im Jugendheim DM   4.142,35.

Die Gemeinde hat damit in den Jahren, 1969 –1972, die örtlichen Kirchengemeinden mit DM 36.042,35 gefördert.

Freiwillige Feuerwehr Nauheim.

Die Erhaltung der Schlagkraft der freiwilligen Feuerwehr war stets im Interesse der Gemeindegremien. So kam es auch, dass fast immer im vollem Umfange den Wünschen der Wehr an die Gemeinde Rechnung getragen wurde, sodass die Wehr stets auf dem neuesten technischen Stand war. Im Verwaltungsbericht der Gemeinde für die Jahre 1968 bis 1972 lesen wir: So besitzt die Nauheimer Feuerwehr an Fahrzeugen:
1 VW-Bus- Kommandowagen – 1 LF8 Löschfahrzeug –
1 LF8 TS Löschfahrzeug- 1 TLF  16 Tanklöschfahrzeug
1 Tragkraftspritzenanhänger
b)    an sonstigen Ausrüstungsgegenständen:
5 Funksprechgeräte – 1 Tragkraftspritze –2 Batterieladegeräte –
1 Schmutzwasserpumpe –1 Wasserstrahlpumpe – 1 Handlautsprecher –
1 Schlauchwaschmaschine- 6 Preßluftatmer 1030 Meter Feuerlöschschlauch
c)   Im Jahre 1970/71 wurde in der Gemeinde Nauheim, als erste Gemeinde im Kreis, eine Sirenensteuerungsanlage eingebaut und die Feuermeldeanlage erneuert. In den Jahren 1969 – Mitte 1972 wurden insgesamt seitens der Gemeinde 202.665,82 DM  für die Feuerwehr aufgewendet.

Die freiwillige Feuerwehr in Gefahr- gibt es eine Hilfsfeuerwehr?

Zu Beginn des Jahres 1972 war die Existens der freiwilligen Feuerwehr gefährdet. An einem gemeinsamen Gespräch, zu dem ca. 80 Jugendliche der Gemeinde eingeladen waren ,folgten nur 5 der Einladung. An der Zusammenkunft, an der Ortsbrandmeister Friedel Scherer, der spätere Ehrenbürger der Gemeinde, Bürgermeister Reitz, der Beigeordnete Hans Förster sowie der Brandschutzbeauftragte Alfred Blum teilnahmen, erläuterte Friedel Scherer die prekäre Situation und schnitt ebenfalls die Frage der Einrichtung einer Hilfsfeuerwehr nach dem Hessischen Brandschutzgesetz an.

Als Ergebnis wurde auf Vorschlag des Beigeordneten Hans Förster ein Werbeaktion vorgeschlagen, um auf diese Weise weitere Mitglieder für die Feuerwehr zu gewinnen.

Die Flugblattaktion an alle Nauheimer Haushalte hatte Erfolg. Die Zwangsmaßnahme zur Gründung einer Hilfsfeuerwehr war abgewendet.

Die Werbeaktion brachte 15 Neuzugänge, meist im jugendlichen Alter, bei der freiwilligen Feuerwehr, die der Ortsbrandmeister bereits zur ersten Monatsübung im März 1970 begrüßen konnte. Mit diesen 15 Neuzugängen hat sich die Zahl der aktiven Wehrmänner auf 44 erhöht. Ortsbrandmeister Scherer stellte fest, dass der Brandschutz in Nauheim wieder voll gewährleistet ist. Auch ist es erforderlich geworden, aufgrund des baulichen Wachstums der Gemeinde, ein Feuerwehrgerätehaus in Nauheim zu bauen.

Nauheim braucht ein neues Feuerwehrgerätehaus.

Die notdürftigen Unterkünfte im alten Bauhof, an der Ecke Berzallee/Waldstraße sind nicht mehr ausreichend. Der Ruf der Feuerwehr für ein solches Gebäude wurde immer lauter, sodass der Bürgermeister, der diese Notwendigkeit einsah, versprach, dass schon bald mit der Verwirklichung des Projektes gerechnet werden kann, zumal dies bereits seit 2 Jahren geplant sei. Die Notwendigkeit des Baues eines neuen Feuerwehrgerätehauses ergab sich schon im Jahre 1972. Dies versprachen SPD sowohl als auch CDU im Wahlkampf 1972. Im Haushaltsjahr 1973 wurden bereits DM 300.000 für den 1.Bauabschnitt für ein auf 600.000 geschätztes Projekt eingestellt. Bereits im Januar 1973 wurde ein erster Entwurf als Diskussionsgrundlage den Gremien vorgelegt.

Im Mai 1973 fand eine Besichtigungsfahrt nach Schlüchtern und Bischofsheim statt. Zu parlamentarischen Auseinandersetzungen kam es, als den Wünschen von Feuerwehr, dem Roten Kreuz sowie dem Beigeordneten Förster, und den Vorschlägen der Fraktionen anlässlich einer Besichtigungsfahrt, der dann vom Architekten vorgelegte  Entwurf, die Kosten des Projektes auf 1,6 Millionen anschnellen ließen.Die Schuld hierzu gab man dem Bürgermeister,obwohl dieser nicht anderes tat, als den Architekten zu beauftragen, den geäußerten Wünschen in der Planung Rechnung zu tragen. Die Vorlage eines 2. überarbeiteten Entwurfes erfolgte nach den von den Gremien geforderten Raumprogramm am 28. Mai 1973 (Kostenschätzung ca. 1.350.000 DM).

Durch den Tod des seitherigen Planers Herrn Architekten Dramekehr,  erteilte der Gemeindevorstand dem Groß-Gerauer Architekten Karl Voigt den Auftrag über die weitere Planungsarbeit. (Karl Voigt plante auch den Feuerwehrstützpunkt Groß-Gerau.)

Am 20. Juni  1974 erteilte die Gemeindevertretung der Planung sowie dem Standort  ihre Zustimmung, bei einem Kostenvoranschlag von 1.165.000.- DM und beauftrage den Gemeindevorstand die Arbeiten auszuschreiben.

Eine neue nun reduzierte Planung kam nunmehr auf Gesamtkosten von 1,2 Millionen DM. Im Oktober 1974  setzte der Hessische Innenminister Bielefeld die Gemeinde davon in Kenntnis, dass im Zuge der Konjunkturförderung auf dem Bausektor und im Hinblick auf die Sicherung von Arbeitsplätzen, er „grünes Licht“ für den sofortigen Baubeginn des Feuerwehrgerätehauses gibt. Diese Baumaßnahme werde auch von seinem Ressort als Verbesserung des Brandschutzes gewertet und vermutlich mit 225.000.- DM Landeszuschuss gefördert. Im März 1975 ,kurz nach der Abberufung von Bürgermeister Reitz, der den Bau eines Feuerwehrgerätehause betrieb, fand die Grundsteinlegung des Feuerwehrstützpunktes statt. Wie der Architekt Karl Voigt erläuterte hat das Feuerwehrgerätehaus eine bebaute Grundfläche von 1013 qm und einen umbauten Raum von 5111 cbm. Die Nutzfläche in Erdgeschoss und Keller  beträgt 994 Quadratmeter. Im Obergeschoss  entsteht eine Wohnung von 100 qm. Im Erdgeschoss befindet sich eine große Fahrzeughalle mit 403 qm. Hinzu kommt auch ein Unterrichts- und Versammlungsraum für die Männer von der Wehr und auch des DRK mit einer Grundfläche von ebenfalls 100qm. Der Gesamtausgabebedarf belief sich am Ende gemäß Angaben im Haushaltsplan auf 1.206.000 DM.

Die Gemeindeverwaltung in den Jahren 1968 –1972

Durch das überdurchschnittliche Wachstum der Gemeinde in diesen Jahren stiegen die Anforderungen an Verwaltung und Betrieb, was den Bediensteten ein Höchstmaß an Fleiß, Umsicht und Einsatzfreudigkeit abverlangte. Während die Zahl der Einwohner von 6030 im Jahre 1969 auf 7500 im Jahre 1972 stieg, also um 25% , stieg die Zahl der in der Verwaltung beschäftigten  von 45 auf 50 ( davon 7 Halbtagskräfte),also nur um 11% an. Davon verzeichnet die innere Verwaltung(Rathaus) in diesen 4 Jahren nur einen Zugang von 1 Bediensteten. Damit wurde deutlich und bekräftigt, dass es das Bestreben der Gemeinde war den Personalstand und damit die Personalkosten, die bei 26 % der Haushaltssumme liegen, (1969 = 23%)so niedrig wie möglich zu halten. Möglich war dies, weil Zug um Zug, Verwaltungsvorgänge in die elektronische Datenverarbeitung übernommen wurden. Hervorzuheben ist dabei, dass auch die Umstellung auf den bargeldlosen Zahlungsverkehr dabei eine nicht unwesentliche Rolle spielte.

Zur Pflege und Instandhaltung gemeindlicher Einrichtungen, Anwesen sowie Anlagen, unterhielt die Gemeinde einen gut ausgerüsteten Bauhof, dessen Aufgaben mit dem Wachstum der Gemeinde Jahr für Jahr steigen. So waren von den insgesamt 50 Beschäftigten –18 Bedienstete im Außendienst, die die Gemeinde in Ordnung hielten, von diesen wiederum war 1 Friedhofswärter (Günther Raas) sowie 2 Klärwärter (Horst Kuhlmann und Dieter Binder). Die von der Gemeinde selbst betriebene Müllabfuhr wurde aufgegeben und dem Müllzweckverband Groß-Gerau übertragen.

Das Grundvermögen der Gemeinde.

Ziel einer gesunden Grundstückspolitik einer Gemeinde war und ist nicht der Erwerb von Grundvermögen schlechthin, um den Bestand und den Wert des Liegenschaftsvermögens zu erhalten bzw. zu mehren, sondern um ihrer Bürger willen die verwertbaren Grundstücke sinnvoll und nutzbringend einzusetzen, selbst wenn der Gesamtbestand sich dadurch zwangsläufig verringert. Der Nordkreis Groß-Gerau ist Teil eines industriellen Ballungsraumes, der nachhaltig der Grundstückspolitik unserer Gemeinde seinen Stempel aufdrückt. Das industrielle Wachstum und die damit verbundenen Auswirkungen, insbesondere auf dem Gebiet des Wohnungsbaues ,zog auch für Nauheim, als strukturell überwiegende Arbeiterwohnsitzgemeinde, zwangsläufig die Erweiterung der bebauten Ortsteile nach sich, die kontinuierlich in vernünftigen Grenzen gehalten werden konnten.

So ist die Abhängigkeit des Kreises Groß-Gerau und seiner Gemeinden von der Monostruktur der Großindustrie, in unserem engen Lebensraum, geprägt und zwingt im Interesse  der Stabilisation der Gemeindefinanzen zu vorrauschauenden Planungen mit dem Ziel der Ansiedlung einer umweltfreundlichen mittelständigen Industrie in geeigneter Lage. So spielte nicht zuletzt auch die Schaffung von Arbeitsplätzen  hierbei keine unerhebliche Rolle.

Die beträchtliche und überdurchschnittliche Erweiterung der bebauten Ortsteile zehrte in den vergangenen Jahrzehnten am Bestand der gemeindlichen Liegenschaften, vornehmlich an den Acker- Wald- und Wiesengrundstücken. Der unvermeidliche Substanzverlust, am ursprünglich großen Grundstücksbestand, muss von der Gemeinde im Sinne einer wenigstens örtlichen Einwirkung auf die Entwicklung der Preise für Wohnungsbaugelände in Kauf genommen werden.

So wurden im Berichtszeitraum aufgewendet:
für Bauland                     = 144.000 DM
für Bauerwartungsland
und für sonstige             = 627.000 DM
für Feldgrundstücke      = 192.000 DM,  zusammen also = 963.000 DM 

Für die kommenden und geplanten Baugebiete „Im Feldchen“, „Der Wolfsberg“ und „Im Teich“ warf die Gemeinde damals 34 Hektar ein und in das Gewerbegebiet "Schleifweg“ 5 Hektar.

Auf die gebietliche Erhaltung der Waldflächen und ihres Holzbestandes  legte die Gemeinde größeren Wert und unterstützt intensiv den Kampf um den Fortbestand und die Erhaltung der lebensnotwendigen Funktionen der Waldregionen, wobei der Wald der Gemeinde, soweit als möglich unangetastet blie
Einen empfindlichen Verlust an Wald musste die Gemeinde für die Trasse  der Autobahneckverbindung hinnehmen, wobei ca. 6 Hektar, dadurch verloren gingen. Die Verbreiterung der BAB zwischen Frankfurt und Darmstadt schmälerte den Bestand  des Oberwaldes um weitere 2,5 Hektar. Diese Verluste waren unabweisbar.

Wissenswertes - kurz berichtet: 

Haushalt einstimmig verabschiedet:

Erstmals seit Jahren verabschiedete die Nauheimer Gemeindevertretung den ihr, in sehr exakter Form und mit ausführlichen Erläuterungen, von der Verwaltung vorgelegten Haushaltsplan 1970 nach zustimmenden Erklärungen der Fraktionen einstimmig. Bürgermeister Reitz nannte diesen Haushalt einen “Haushalt des Vertrauens“ der im ordentlichen Haushalt ein Volumen von 4,6 Millionen und im außerordentlichen Haushalt von über 5 Millionen hatte.


Die Nauheimer Musiktage:

 

Ihre Entstehung:

Wie Obermusikmeister Georg Mischlich, im März 1970, bei einem Treffen von Vereinsvertretern, auf Einladung des Bürgermeisters Reitz, zur Gestaltung der

Nauheimer Musiktage 1970, ausführte, war das Fest zum 100jährigen Jubiläum des Gesangvereins „Eintracht“ im Jahre 1968 eigentlich die Geburtsstunde der Idee eine „Nauheimer Musikwoche" zu veranstalten. Bürgermeister Dr. Herbert Fürbeth habe ihn, nach den ersten Ideen für eine Musikwoche, mit der künstlichen Leitung dieser Musiktage betraut. Bereits seit 1969 habe man mit den Vorbereitungen begonnen. So habe Bürgermeister Reitz in seiner Amtsantrittsrede im September 1969 versprochen, künftig in Nauheim, zur Festigung des Rufes Nauheims als Musikgemeinde, eine Musikwoche durchzuführen, was einer offiziellen Bekundung zur Durchführung der Musiktage gleichkam. In einer Sitzung des Bürgermeisters  mit den Vereinsvertretern, nahmen auch Gemeindevertreter teil. Damals erklärte der Bürgermeister: “Die Gemeinde ist weit über die Grenzen des Kreises Groß-Gerau Sitz einer weitverzweigten Musikindustrie, die zahlreiche sudetendeutsche Flüchtlinge nach dem Krieg angesiedelt hat und die sich zu respektablen Import- und Exportfirmen entwickelt haben. Um diesem Ruf als Musikgemeinde gerecht zu werden, sollen in diesem Jahr, erstmals im April, die „Nauheimer Musiktage“ veranstaltet werden. Rudolf Klose (SPD), Rolf Teichmann ( SPD), Gerd Schröder (CDU) und Beigeordneter Hans Förster (CDU ) erklärten sodann einhellig, dass sie die Durchführung der „Nauheimer Musiktage“ begrüßen, da damit der Ruf Nauheims als Musikgemeinde weiter gefestigt würde. In der gleichen Sitzung machte Gemeindevertreter Rolf Teichmann den Vorschlag, die Gemeindes solle, als Träger und Veranstalter der Musiktage, einen „Musikkreis" gründen, dem neben den Vertretern der musiktreibenden Vereine auch Vertreter der beiden Gemeindegremien und der Musikindustrie, angehören sollten. Die künstlerische Gestaltung der Musiktage solle natürlich auf Seiten der Musikvereine bleiben. Dieser Vorschlag stieß jedoch auf wenig Gegenliebe, besonders bei den Vertretern der Musikvereine, die einen solchen Musikkreis, im gegenwärtigen Zeitpunkt, noch nicht für notwendig erachteten. Vielleicht könne man die Gründung eines solchen „Musikkreises“ für die nächsten Musiktage 1972 vorsehen. Der Bürgermeister sagte daraufhin, dass in diesem Jahre die organisatorische Durchführung der Musiktage in die Hände der Gemeindeverwaltung gelegt würde, wobei er einen Angestellten des Rathauses für diese Arbeit abstellen wolle.

 

Die 1. Nauheimer Musiktage 1970

Das Programm der 1. neu geschaffenen „Nauheimer Musiktage“ sah folgendes vor:

Eröffnung der Musiktage, am Sonntag dem 12. April 1970,  mit dem Kinder-Blasorchester unter dem Dirigenten Josef Dobner, in der Jahnturnhalle.

Festansprache des Bürgermeisters und Schirmherrn Hermann Reitz.

Sonntag dem 26. April:

Konzert des katholischen Kirchenchores unter Leitung von Frau Hella Schüssler und des evangelischen Kirchenchores unter der Leitung  von Studienrat Schick, in der katholischen Kirche.

Sonntag,den 10. Mai 1970

Kammermusikabend in der Jahnturnhalle,veranstaltet vom Musikverein Nauheim unter der Leitung von Obermusikmeister Georg Mischlich.

In den Sommermonaten finden im Erholungsgebiet „Roseneck“ mehrere Freiluftkonzerte und offene Singen aller musiktreibenden Vereine, deren Termine, je nach Wetterlage, festgesetzt werden, statt.

Ein weiteres Konzert des Musikzuges der SKV und des Kinderblasorchesters ist ,ebenfalls im Sommer, auf dem Schulhof geplant, nicht nur ,wie es hieß,um die Schulkinder zu unterhalten, sondern auch deren Freude an der Musik zu wecken.

Im Herbst 1970, voraussichtlich am 25. Oktober, ist noch ein großes Chor- und Orchesterkonzert vorgesehen.

Es wurde Wert darauf gelegt festzuhalten, dass die Musikvereine für die Veranstaltungen  der Musiktage kostenlos zur Verfügung stehen.

Für die geschlossen stattfindenden Konzerte einigte man sich, einen einheitlichen Eintrittspreis von DM 3.- zu erheben, mit dem die Unkosten abgedeckt und der Überschuss den Musikvereinen zugute kommen soll.

Zum Abschluss der „1. Nauheimer Musiktage“ fand in der Halle der SKV ein Abschlussball  statt.Der Saal war vollbesetzt, als zu Beginn das bekannte „Grit-Scheller Ballett“ mit dem Kaiserwalzer, gespielt vom grossen Orchester des Musikvereins unter Leitung von Obermusikmeister Georg Mischlich, die Veranstaltung eröffnete. Kunstgenuss bereitete den Ballbesuchern die Solistin Hilde Schultheis, mit der Darbietung von zwei Operettensolos. In seiner Festrede zog Bürgermeister Reitz Bilanz der ersten Nauheimer Musiktage, deren Durchführung Nauheim seinem Ruf als Musikgemeinde schuldig gewesen sei. Die beim „Eintracht“ Jubiläum geborene Idee der Musiktage habe ungeteilte Zustimmung gefunden und man könne heute mit der erstmaligen Durchführung, die eine echte Bereicherung des gemeindlichen kulturellen Lebens darstellte, zufrieden sein. In insgesamt 10 Veranstaltungen hätten die Musikvereine annähernd 4000 Zuhörer mit Musik und Gesang erfreut.

Angeführt von Grit Scheller und ihrem Ehegatten wurde dann der eigentliche Festball mit einer Polonaise eröffnet.Nach den Klängen der Tanzkapelle Walter Riedl begann ein fröhliches Tanzvergnügen, das noch zweimal durch Darbietungen des Balletts unterbrochen wurde.Gegen Mitternacht wurde sodann die in der Hauptsache  aus Spenden aufgebrachte Tombola  ausgespielt, deren Hauptgewinne eine Heimorgel,zwei Trompeten und ein großer „Fresskorb“ waren.

 

Schulstunde im Rathaus:

Im Mai 1970 besuchte die 9. Klasse der Grund- und Hauptschule Nauheim zusammen mit ihrem Klassenlehrer Heinrich  Molthan das Rathaus. Sie wurden von dem Bürgermeister empfangen, der ihnen bei dem 2- stündigen Besuch  in einem kommunalpolitischen Vortrag über die Gemeinde auch den Haushaltsplan erläuterte.

 

Eine Sportdeputation wird gebildet:

In Nauheim wird ,als Hilfsorgan des Gemeindevorstandes eine Sportdeputation gebildet. Diesem Gremium gehören, neben den Vertretern der sporttreibenden Vereine auch die Mitglieder des Sport- und Kulturausschusses der Gemeindevertretung, an. Bereits in der 1. Sitzung, im Juni 1970, diskutierte man die Gesamtplanung des Sportfeldes, nachdem der Bürgermeister die Ernennungsurkunden, die den Mitgliedern den Status eines Ehrenbeamten gab, ausgehändigt hatte.

 

Nauheimer Gemeindeparlament gegen Flughafenerweiterung:

Einstimmig sprachen sich die Gemeindevertreter von Nauheim gegen die Erweiterung des Rhein-Main Flughafens aus. Der Gemeindevorstand weist in einer Vorlage auf den ständig steigenden Fluglärm hin. Durch die geplante Erweiterung befürchte man  eine noch stärkere Geräuschkulisse. Auch wandten sich die Gemeindevertreter gegen das Planfeststellungsverfahren, da dadurch unmittelbar die Planungshoheit der Gemeinde  angetastet und ihre Entwicklungsmöglichkeiten stark beinträchtigt wird.Weiterhin stellte die Gemeindevertretung fest, dass auch die eventuellen gesundheitlichen Schäden  durch die Luftverschmutzung  und die Wertminderung der in der Einflugschneise  gelegenen Grund- und Hausbesitze, sehr ernst zu nehmen seien.So behielt sich die Gemeindevertretung vor, die Flughafen AG für noch nicht absehbare Schäden , die durch den Bau einer neuen Startbahn entstehen, regresspflichtig zu machen. Die Gemeinde, so der Bürgermeister, verzichte darauf, die Einwohner in großangelegten Aktionen zu Willenskundgebungen aufzurufen, obwohl schon eine große Zahl von Bürgern, entweder über die Gemeinde  oder direkt beim Regierungspräsidenten in Darmstadt, gegen das Flughafenprojekt Einspruch erhoben hätten.

 

100 Jahre „Hessischer Hof“:

Am 1. Juli 1970 feiert die älteste Gaststätte Nauheims, der „Hessische Hof“, im Volksmund „die Katherina“ genannt, sein 100jähriges Bestehen. 

 

Ein neuer Ortslandwirt wird gewählt:

Ebenfalls im Juli 1970 wurde bei einer Versammlung von über 30 Landwirten, unter der Leitung von Bürgermeister Reitz, der 47-jährige Landwirt Willi Kuhlmann aus der Vorderstraße 9, zum neuen Ortslandwirt auf 4 Jahre  gewählt. Sein Stellvertreter wurde Landwirt Werner Mischlich, aus der Wilhelm Leuschnerstraße 54. Willi Kuhlmann wurde somit Nachfolger des verstorbenen Ortslandwirtes Michael Stork.

 

Neugestaltung des Platzes am Kastanienbaum:

Im August 1970 wird die Hauptstraße Nauheims, als Ortsdurchfahrt  L 3040, die Bahnhofstraße, in Fahrbahn und Bürgersteigen verbessert ausgebaut.

Damit ist der Ausbau der Bahnhofstraße die letzte Straßenbaumaßnahme im alten Ortsteil, nachdem vorher bereits die Mühlstraße- die Kirchstraße- die Bachgasse- die Wilhelm Leuschnerstraße und die August-Bebelstraße ausgebaut wurden.

Gleichzeitig wird der Friedrich Ebert-Platz durch Schaffung von Parkplätzen 

und einem Springbrunnen umgestaltet. Das Ebert-Denkmal erhält einen  neuen Standort in moderner Anordnung, indem das Andenken an Friedrich Ebert, dem ersten deutschen Reichspräsidenten, durch die Aufstellung einer steinernen, auf Stahlfüßen ruhenden

1,50 m langen und 0,80 m hohen Gedenkplatte mit Inschrift und der ovalen Gedenkplatte des alten Gedenksteines gewahrt bleibt. Damit sollte der Friedrich Ebertplatz bei Erhaltung des Kastanienbaumes zu einem Schmuckstück Nauheims werden. Auch sollte die vielgesungene Nauheimer Volksweise: „Der schönste Platz vom ganzen Nau´em – ist der Platz unterm Kastanienbaum"  weiterhin seine Gültigkeit behalten.

 

Das Technische Hilfswerk schlägt zwei Brücken über den Schwarzbach:

 

Gegen Ende September 1970 schlugen über 20 Mann des Rüsselsheimer Technischen Hilfswerks,  verstärkt durch einige Helfer des THW- Groß-Gerau an der „Waldfriede“ in Nauheim eine neue Straßenbrücke über den Schwarzbach.

Bei einem zweiten Brückenschlag am Schafsteg wurden lediglich die Stahlträger eingesetzt, da das Holzmaterial noch nicht zur Verfügung stand. Die Baukosten der

9 Meter langen und 4 Meter breiten, 6 Tonnen-Straßenbrücke beliefen sich auf

17.000 DM, an denen sich auch der „Wasserverband zur Unterhaltung des Schwarzbaches“, dessen Vorsitzender der Bürgermeister war, beteiligte. Mit dieser Straßenbrücke wurde eine dringend notwendige Verbindung des alten Ortsteils, am Ende der Goethestraße  zu den beiden Neubaugebieten „Wüste Wiese“ und „Ochsengrund“, geschaffen. Auch die zweite Brücke  am „Schafsteg“ diente zur Verbesserung des innerörtlichen Verkehrs, der sich seither über die Jahnstraßenbrücke abwickelte. Eine Zufahrt zu den Neubaugebieten über die Rüsselsheimer Straße war seinerzeit noch nicht möglich. Der Bürgermeister bedankte sich bei den Männern des THW und lud diese nach Abschluss der Arbeiten in die Seeschänke zum gemütlichen Beisammensein ein. 

Am Rande vermerkt:

Aufregung gab es, als die Männer des THW die beiden Stahlträger für die Brücke einbrachten. Doch der Bürgermeister mit Herren des Gemeindevorstandes

überwachten ständig, mit Gemeindevertretervorsteher Klose, die Bauarbeiten. Mit einem Zollstock prüfte Beigeordneter Förster, der mit Anderen der Meinung war die Träger lägen zu tief, die evtl. Durchflusshöhe bei Hochwasser, durch Vergleichsmessungen an der Brücke in der Wilhelm Leuschnerstraße.

Baudirektor Krug vom Tiefbauamt der Stadt Rüsselsheim, der die Planung und Bauaufsicht ausführte, erklärte jedoch, dass Durchlasshöhe und Abflussquerschnitt  vom Wasserwirtschaftsamt in Darmstadt geprüft und in Ordnung seien und es zur Aufregung keinen Anlass gäbe.

Trabrennbahn in Nauheim?

Zu einer kontroversen parlamentarischen Auseinandersetzung kam es um die Errichtung einer Trabrennbahn in Nauheim. In der Debatte in der 17. Sitzung der Gemeindevertretung im Oktober 1970 ging es um den Antrag einer Fördergemeinschaft für den Trabrennsport, zu der auch damals der, für seine 1000 Siege bekannte Trabrennsportler Hänschen Frömming, gehörte. Auch in der Bevölkerung entfachte diese Projekt eine lebhafte Diskussion, da die Betreiberfirma auch von einem dazugehörigen Vergnügungszentrum sprach. Hier dachte man gleich an ein „Las Vegas“- deutscher Prägung. Die mit dem Ministerium  für Wirtschaft und Technik, bei der Hessischen Landesregierung geführten Gespräche wegen einer Autobahn Auf- und Abfahrt, als unabdingbare Vorraussetzung für die Trabrennbahn, führte jedoch zu keinem Erfolg. Dort hieß es , dass eine Autobahn Zu- und Abfahrt Millionen kosten würde, die in keinem Verhältnis zum geplanten Projekt stünden.

Mit 19 Stimmen wurde dann einstimmig dieses Großprojekt, nach reiflichen Überlegungen abgelehnt.

Kindergartenbeiträge :

Beschlossen wurde auch eine soziale Staffelung der Kindergartenbeiträge ,wobei Nauheim die Selbsteinstufung des Kindergartenbeitrags einführte. Damit folgten die Gemeindegremien einer Empfehlung des Landesjugendamtes. Bemerkenswert dabei war, dass die Gemeinde von der Vorlage eines Verdienstnachweises absah. Durch diese gewährte Freiheit setzte die Gemeinde ein großes Vertrauen in die Mündigkeit ihrer Bürger.

Einweihung Kindergarten Neckarstraße:

Am 31. Oktober 1970 wurde der neue , in Fertigbauweise errichtete, Kindergarten in der Neckarstraße als 3. Kindergarten Nauheims eingeweiht. Aus der Hand des Bürgermeisters erhielt, im Beisein des Landrates Willi Blodt  und Vertreter der Landesregierung, die Kindergartenleiterin Fräulein Denk den Schlüssel überreicht. Laut Haushaltsplan kostete der Kindergarten Neckarstraße im Ergebnis  294.820,91 DM.

Im Jahre 1973 wurde der Kindergarten mit dem Anbau eines Gruppenraumes

erweitert. Damit wurden 25 weitere Kindergartenplätze geschaffen. Die Kosten des neuen Kindergartenraumes beliefen sich auf insgesamt 104.000.- DM.

Somit erhöhten sich die Gesamtkosten dieses Kindergarten auf 398.820,91 DM

Mit dem Anbau diese Raumes war es nun möglich, auch 3-jährige in den Kindergarten aufzunehmen ,was schon lange für die Nauheimer Kommunalpolitiker als Zielvorstellung galt. Zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieses Kindergartens gab es noch 35 Anmeldungen in der Gemeinde, die nicht berücksichtigt werden konnten. So beauftragte der Bürgermeister das Sozialamt durch Neueinteilung der Kindergartenbereiche die endgültige Aufnahme dieser 35 Kinder zu ermöglichen, was dann auch geschah.

Die Nauheimer Kläranlage- Richtfest und Inbetriebnahme.

Nachdem am 1. September 1969 der erste Spatenstich für die neue Kläranlage erfolgte, konnte die Gemeinde jetzt , gerade 14 Monate später ,am 10.11.1970, bereits das Richtfest der Anlage feiern, die im Frühjahr 1971 in Betrieb genommen werden soll. In seiner Rede betonte Bürgermeister Reitz, dass, einschließlich des erforderlichen kommunalen Kanalbaues 10 Millionen DM an Investitionen nötig gewesen wären. Das Land Hessen habe zu dem Projekt einen Zuschuss von 550.000.- DM  und eine Schuldendiensthilfe von  196.000.- DM gewährt. Für 1971 sei nochmals eine Förderungshilfe von 1,2 Millionen, gemäß Bewilligung des Landes Hessen, zu erwarten Damit würde der finanzielle Anteil des Landes für die Nauheimer Abwasseranlagen insgesamt 2,8 Millionen DM betragen. Die Gemeinde selbst habe 1,1 Millionen an Darlehen aufnehmen müssen. Die Kosten der Kläranlage allein belaufen sich auf 3.1 Millionen DM. Davon hatte die Gemeinde einen Anteil von 1,77 Millionen zu tragen. Weiter führte der Bürgermeister aus, dass bei der Auftragsvergabe an die Firma Riepl, diese sich bereiterklärt habe, das Klärwärterwohnhaus, im Süden der Anlage, kostenlos mit zu errichten.

Vom Kreissausschuss Groß-Gerau erhielt die Gemeinde einen Zuschuss von

219.000.- DM. Besonderen Dank zollte Reitz der Stadt Rüsselsheim, deren Tiefbauamt die Planungen und auch die Bauaufsicht übernommen habe.

Landrat Willi Blodt führte aus,:

“ Die Gemeinde Nauheim ist zu beglückwünschen, dass sie einen derart  günstigen Beitrag leistet, um die Bäche und Flüsse vom Schmutz reinzuhalten“.

Nach gerade 30 Monaten Bauzeit wurde die Kläranlage mit einem Festakt, im Beisein von Staatssekretär Frank Seiboth ,dem Landrat ,dem Bundestagsabgeordneten Hermann Schmitt-Vockenhausen, den Landtagsabgeordneten Georg Sturmowski  und Martin Schlappner, sowie den Vertretern des Regierungspräsidenten und des Wasserwirtschaftamtes, den Gemeindegremien, den Vertretern der politischen Parteien, Bürgermeister und Vertretern aus den Nachbarkommunen, im September 1972, ihrer Bestimmung übergeben.
Landrat Blodt bezeichnete den Bau der Kläranlage als einen wichtigen Beitrag

der Gemeinde zur gerade damals laufenden Aktion des Kreises “Sauberer Kreis“. Zur Inbetriebnahme überreichte der Bürgermeister symbolisch den Schlüssel der Kläranlage an Klärwärter Horst Kuhlmann, der zukünftig gemeinsam mit Dieter Binder für den reibungslosen Betrieb der Kläranlage verantwortlich ist.

 

Einwohnerzahl verdoppelt:

Am 25. November titelte die Presse: (Frankfurter Rundschau)

„In knapp 25 Jahren verdoppelte Nauheim seine Einwohnerzahl“

In diesem Artikel heißt es:

„Im rasanten Tempo vollzieht sich die Entwicklung der Gemeinde Nauheim (....)Die Einwohnerzahl von 2900 im Jahre 1946 ist bis 1970 um nahezu 3000 angestiegen.(.....)Der eigentliche Umbruch von der Landgemeinde zur Stadtgemeinde begann im Jahre 1963 ,unter Bürgermeister Dr. Herbert Fürbeth und wird von dem seit 1969 amtierenden Bürgermeister Hermann Reitz und aufgeschlossenen verantwortungsbewussten Kommunalpolitikern zukunftsbezogen weitergeführt.“

Die Einwohnerschaft wächst:

Die Einwohnerzahl Nauheims ist im Jahre 1970 um 8% gestiegen, das heißt,

von 6089 Einwohner auf 6571.Der Zuwachs von 482 Einwohnern ,mehr als das doppelte als 1969,ergibt sich aus 820 Zuzügen, dem 342 Wegzüge gegenüberstehen, sowie 62 Geburten und 58 Sterbefällen. Die Anzahl der in Nauheim wohnenden Ausländer ist im gleichen Maße wie die Einwohnerzahl gestiegen. Während Anfang 1969, 424 Ausländer in Nauheim registriert waren, stieg die Zahl zum 31.12.1970  auf 557 an. Davon sind 453 über 16 Jahre alt und 104 unter 16 Jahren. Den Hauptanteil stellen noch immer die Italiener mit 331, gefolgt von den Spaniern mit 81, den Jugoslawen  mit 37 und den Griechen  mit 31. Insgesamt wohnen in Nauheim Bürger aus 19 verschiedenen Nationen.

 

Richtfest für Nauheimer Baumaßnahmen:

 

Im April 1970 fand auf Einladung des Gemeindevorstandes in der SKV-Halle ein Richtfest statt, an dem rund 250 Bauarbeiter von 15 Firmen teilnahmen.

Gefeiert wurden die im vergangenen Jahr von der Gemeinde gebauten Straßen sowie an Hoch- und Tiefbauten.

Wie der Bürgermeister bei seinem Dank an Bauarbeiter und Firmen ausführte handelte es sich um Baumaßnahmen mit einem finanziellen Volumen von  2,1 Millionen DM.

Danach wurden:

14 Straßen von 2,27 km Länge ausgebaut,

sieben Straßen mit einer Gesamtlänge von 1,51 km wurden als Baustraßen hergerichtet,

300 Meter Straßen ausgebessert, allesamt mit einem Kostenaufwand von 750.000 DM,

im Kanalbau- Länge 2540 m, wurden rund 470.000 DM ausgegeben.

An Hochbauten wurden erstellt:

Der Kindergarten in der Neckarstrasse 288.000 DM

das 16- Familien Wohnhaus in der Heinrich Zillestraße 410.000 DM

das 2. Sanitärgebäude im Erholungsgebiet Hegbachsee 56.000 DM

für Kinderspielplatz und Planschbecken Hegbachsee 18.000 DM

Sportplatzneubau = 108.000 DM.

In dieser Aufstellung sind die Kosten der Kläranlage nicht enthalten.

Im Kanalbau, so führte der Bürgermeister aus,  habe man jetzt in den bebauten Gebieten die Vollkanalisation erreicht und mit der Inbetriebnahme der Kläranlage im nächsten Jahre sei das Projekt beendet.

 

1971

 

Kontroverse um Geschosshöhe der Hochhäuser:

 

Im Februar kommt es im Gemeindeparlament zu einer hitzigen und lebhaften kontroversen Debatte, die sich bei der Behandlung der 3. Änderung des Bebauungsplanes „Ochsengrund Nord und Süd“ ergab. Es ging bei der Änderung darum, für die Hochhäuser eine Änderung der Geschosshöhen, die seither 12 bis 13 und 15 Geschosse zuließ, auf jetzt 12 – 14 und 16 zu erweitern. Der neue Bauträger, die Essener Firma Babcock  beantragte nunmehr, unter Weglassung des geplanten Ladenzentrums im Erdgeschoss, der Kindertagesstätte und Schwimmhalle, eine Erweiterung der zulässigen Geschosshöhe.

Der Bürgermeister teilte dem Parlament noch mit, dass aufgrund seiner Intervention der Bauträger bereit ist der Gemeinde eine Schenkung von 100.000.- DM für den Bau eines Kindergartens zu stiften, wozu dieser sich schriftlich bereiterklärt habe. Bei der Abstimmung stimmten 11 Gemeindevertreter der SPD für die Änderung der Geschosshöhe 4 dagegen und 3 enthielten sich der Stimme.

 

 

Springbrunnen in Ortsmitte:
Zu Ostern 1971 wird der neue Springbrunnen auf dem Friedrich Ebert-Platz erstmals in Betrieb genommen, nachdem die Neugestaltung dieses Platzes im April 1971 beendet wurde.

Vorschulerziehung im Kindergarten:

Erstmals wurden von der Gemeinde, als erste im Kreis Groß-Gerau,  zum Zwecke der vorschulischen Erziehung den Kindergärten DM 2000.- zur Anschaffung von Lehrmappen für 98 Kinder zur Verfügung gestellt.

Waldfläche im Oberwald für Autobahnbau:

Ende Juni stimmte die Gemeindevertretung schweren Herzens Für die Verbreiterung der Autobahn Frankfurt-Darmstadt, dem Vorschlag der Besitzeinweisung zwischen dem Autobahnamt Frankfurt und der Gemeinde  zu,15 337 qm Waldfläche im Oberwald zu einem Quadratmeterpreis von DM 1.-  zu.

Wer erschoß den Nauheimer Bürger Heinrich Hamm.?

Am 24. Juli 1971 wurde bei einem Waldspaziergang der Nauheimer Heinrich Hamm, in der Gemarkung „Flügelhecke“ rechts der B42 ,auf einer Bank sitzend erschossen. Der Mord an dem damals 66-jährigen ist bis heute unaufgeklärt.

Heinrich Hamm wurde von 2 Kugeln getroffen. Ein Projektil durchschlug den Körper von hinten ,ist am Schulterblatt eingedrungen und an der Brust wieder ausgetreten. Das zweite Geschoss ist in der linken Genickhälfte eingetreten.

Wie damals die Kripo feststellte, kann es sich um keinen Raubmord gehandelt haben, da seine Kleidung nicht durchsucht wurde und auch die Geldbörse noch vorhanden war. Bei der Rekonstruktion des Mordes kommt die Kripo zu dem Ergebnis, dass Heinrich Hamm an dem sonnigen Samstag, wie schon oft vorher bei gutem Wetter, eine Spazierfahrt mit seinem Rad unternommen hat. Auf der Bank, rund 200 Meter im Wald pausiert er und verzehrt dabei einen Apfel. Als er die Frucht zu drei Vierteln verzehrt hat, treffen ihn die Schüsse aus dem Hinterhalt. Am Tag nach dem Mord fahren Lautsprecherwagen der Polizei durch Nauheim. Die Bevölkerung wird um Mithilfe  bei der Fahndung nach dem unbekannten Schützen gebeten. Zudem organisiert die Polizei Waffen, die mit dem bei der Tat verwendeten Unterrepetiergewehr vergleichbar sind und stellt diese in den Schaufenstern  der Nauheimer Volksbank aus. In diesem Zusammenhang wurden auch Bilder vom Opfer und Tatort gezeigt. 5.000.- DM wurden als Belohnung ausgesetzt. Doch weder Täter noch Tatwaffe wurden bis zum heutigen Tag gefunden.

Willkommensgruß für Neubürger:

August 1971 bekommt jeder Neubürger Nauheims bei seiner Anmeldung eine Broschüre über Nauheim, mit einem Willkommensgruß des Bürgermeisters, in die Hand gedrückt. Dies Broschüre enthält alles Wissenswerte über Nauheim, sodass sich der Neubürger schnell zurechtfinden kann. Zu diesem Zeitpunkt, wie in der Broschüre angeführt, gibt es in Nauheim 4  praktische Ärzte, einen Facharzt für innere Krankheiten und einen Zahnarzt. Ebenfalls gibt es 2 Apotheken in der Königstädter und der Bahnhofstraße/Ecke Weingartenstraße.

Einschulung der ABC-Schützen 1971:

Im August wurden exakt 100 Kinder  in die Nauheimer Grund- und Hauptschule aufgenommen. Exakt waren es 49 Mädchen und 51 Buben. Außer Rektor Thurn hieß auch der Bürgermeister die „ABC-Schützen „ mit ihren Eltern herzlich willkommen. Der Bürgermeister verteilte an alle Schulneulinge ein Geschenk und führte aus:

„Auch wenn mich der Rektor nicht eingeladen hat, so möchte ich doch nicht versäumen den Schulanfängern ein herzliches „Glück auf“ zu wünschen. Auch wenn der Kreis nun die Schulträgerschaft habe, so fühle er sich mit den Gemeindevätern noch für die Schulbelange verantwortlich. Er nannte als Beispiel, dass, aufgrund einer Eingabe von 40 Eltern der Schulkinder, ein sicherer Fußweg aus den Neubaugebieten durch die Anlage eines Fußweges entlang der Waldstraße geschaffen wurde, wobei man schnell und unbürokratisch dieser Eingabe abgeholfen habe.

Der 7000. Einwohner Nauheims:

Am Donnerstag dem 14. Oktober 1971 überbrachte der Bürgermeister dem 7000.Einwohner einen Willkommensgruß. Es handelte sich um die, in einem Eigenheim in der Waldstraße wohnende, Frau Ingrid Klein, die mit  ihrem Ehemann, Registernummer 6999 und ihrem fünfjährigem Sohn, Registernummer 7001 in das Baugebiet Ochsengrund zugezogen ist. Der Bürgermeister überreichte ein Blumengebinde,

2 Flaschen Wein und ein wappenverziertes Schmuckkästchen mit Inschrift.

Seit diesem Monat war es auch Brauch, dass jeder Neubürger nach seinem

Einzug einen Brief vom Bürgermeister erhielt in dem er, namens des

Gemeindevorstandes, die Neubürger willkommen hieß. Als Anlage lag ein

Ortsplan und ein kurzer Abriss der Geschichte Nauheims bei.

Wohnblock und Ladenzentrum im Ochsengrund:

Dezember 1971- das Gemeindeparlament stimmt , mit 10 Stimmen der SPD

gegen  5 Stimmen der CDU/FDP, der Errichtung eines 8-geschossigen

Wohnblocks mit  24 Wohnungen und einem Ladenzentrum in der Waldstraße zu.

Die Fluglärmgegner formieren sich:

In Nauheim konstituieren sich die Fluglärm- Gegner. Sie beschlossen

einstimmig sich der Aktionsgemeinschaft gegen Umweltzerstörung Raunheim anzuschließen. Vorsitzender der Gruppe wurde Karl-Heinz Otto.

Änderung des Flächennutzungsplanes für den Wolfsberg:

In der gleichen Sitzung wurde ebenfalls einstimmig der Änderung des Flächennutzungsplanes zur Erweiterung des Baugebietes „Der Wolfsberg „

zugestimmt. Entgegen eines früheren Beschlusses verzichtete man jetzt auf die Ausweisung  von Gewerbe- und Mischgebiet, indem man sich  jetzt für reines Wohngebiet aussprach.

Die Presse über Nauheim:

Im Rüsselsheimer Echo fanden wir unter dem Synonym „Carolus“ noch folgende Mitteilungen über Nauheim:

15.September1971

„Ein schöner ZuschussCarolus freut sich über aufstrebende Gemeinden. In Nauheim wachsen  die Bäume nicht in den Himmel, wohl aber die Häuser. Zumindest in dem neuen Baugebiet „Nachtweide“ sind zwei fünfzehngeschossige Hochhäuser entstanden, die sich durchaus harmonisch in die Landschaft einfügen. Harmonisch ist auch das Verhältnis zwischen der Finanzierungsgesellschaft und der Gemeindeverwaltung Nauheim. Zumindest  ist der Nauheimer Bürgermeister der erste im Kreis Groß-Gerau, dem eine Trägergesellschaft, die in der Gemeinde investiert, einen Scheck überreicht  mit der stattlichen Höhe von 100.000.- Mark. Damit soll ein öffentlicher Kindergarten bezuschusst werden. Ein schöner Zuschuss meint CAROLUS

13. Oktober 1971

„In manchem vorbildlich

CAROLUS hat es schon des öfteren vermerkt: Nauheim ist in manchem vorbildlich. So nimmt man dort auch Neubürger sehr ernst. Wer sich in Nauheim ein Häuschen baut oder eine Wohnung bezieht ,kurzum sich hier heimisch fühlen will, dem wird dies leicht gemacht. Er erhält vom Gemeindevorstand einen Bürgerbrief, dazu einen Ortsplan mit allen Straßen, den     wichtigsten Geschäften, Anschriften der Vereine und der Industrie.

Ein schönes Vorbild findet CAROLUS.

Einwohnerentwicklung:

Der Einwohnerstand am 31.12.1971 betrug:  7.046 Einwohner

Davon waren  4.152  der evangelischen Konfession und

2429 der katholischen Konfession  angehörig.

465  Einwohner sonstiger Konfessionszugehörigkeit

Zum gleichen Zeitpunkt  lebten in Nauheim  705 Ausländer davon:  

169 unter 16 Jahren  und 536 über 16 Jahren.

Davon wiederum: 420 männliche – und 285 weibliche Personen.

Der Haushalt 1972:

Trotz der bevorstehenden Kommunalwahl im Oktober des Jahres wurde Haushalt  und Haushaltssatzung1972 vom Gemeindeparlament einstimmig, ohne Debatte ,nach zustimmender Erklärung der Fraktionen verabschiedet.

Der Bürgermeister stellte diesen Haushalt unter das Leitwort: “Das Notwendige erkennen und das Mögliche tun“

Der Haushalt hatte ein Gesamtvolumen von 8 Millionen DM. Die Höhe des ordentlichen Haushaltes betrug 4.678,656.-DM ( 5.012.428.- DM  lt. Nachtag ‚72)

und der außerordentliche Hauhalt  3.331. 944.- DM, (3.244.807.- lt.Nachtrag ‚72) wobei die Hebesätze unverändert blieben.

Diese betrugen:

Grundsteuer :

a)für land- und forstwirtschaftliche Betriebe ( A )  340 v.H.

b) für Grundstücke  ( B )                                                 140 v.H.

Gewerbesteuer:

nach Gewerbeertrag und -kapital :                  300 v.H.

Lohnsummensteuer :                                            500 v.H.

       c)   Mindeststeuer:

Hausgewerbetreibende:                                         6.- DM

Sonstige gewerbetreibende:                               12.- DM

Ein damals vorgelegter Antrag der SPD-Fraktion, auf Einführung der Lohnsummensteuer, wurde jedoch bei Stimmengleichheit abgelehnt. Die Opposition war der Auffassung ,dass erst das örtliche Gewerbe hierzu gehört werden sollte.

Ein Hilfspolizeibeamter für Nauheim:

Als erste Gemeinde im Kreis bestellte Nauheim, im März 1972, einen Hilfspolizeibeamten, der die Aufgabe hatte den ruhenden Verkehr zu überwachen. Einem entsprechenden Antrag des Gemeindevorstandes, hatte der Regierungspräsident in Darmstadt entsprochen.

Dieses Amt wurde dem Feldschutzmeister Wilhelm Willius übertragen, der nun auch die Befugnis hatte gebührenpflichtige Verwarnungen zu erteilen. Im Gebiet der Gemeinde hatte er nun die Vollmachten eines Polizei- Vollzugsbeamten. Seine Tätigkeit erstreckte sich aus der Überwachung des ruhenden Verkehrs auch auf die Überwachung der Ortssatzungen,des Hessischen Feld- und Forststrafgesetzes, der Verordnung über die Sperrzeit und des Gesetzes zum Schutze der Jugend und des Umweltschutzes, dabei insbesondere der Polizeiverordnung über die Bekämpfung des Lärms und des Gesetzes über die geordnete Beseitigung von Abfällen.

Zusammenarbeit mit Rüsselsheim

Ebenfalls im März 1972 wurde Nauheims Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Hochbaues mit der Stadt Rüsselsheim eingeschränkt.

Dem Hochbauamt der Stadt Rüsselsheim ,war es , trotz öfterer dringender Vorsprache des Bürgermeisters, nicht möglich Nauheimer Planungen termingerecht auszuführen, sodass sich der Gemeindevorstand veranlasst sah, im beiderseitigen Einvernehmen, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist, sich von dem Teil der Vereinbarung ,der das Hochbauamt betrifft ,zu lösen. So sollen zur schnelleren Bearbeitung dringender Planungen  und Entwürfen nunmehr ein oder mehrere Planungsbüros beauftragt werden.

Die seither sehr gute Zusammenarbeit mit Rüsselsheim auf dem Tiefbausektor ,der Datenverarbeitung sowie der Verkehrsplanung, blieb jedoch durch diese Maßnahme unberührt .

Die Bischofsheimer Volksbank eröffnet Filiale in der Bahnhofstraße:

Am 17. März 1972 eröffnet die Bischofsheimer Volksbank nach nur 11-monatiger Bauzeit ihre schmucke Filiale in der Bahnhofstraße 17. Somit hatte sie mit der Geschäftsstelle in der Waldstraße 3 ,die jedoch später geschlossen wurde ,jetzt 2 Filialen in Nauheim. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Bank, Dipl.-Ing.Astheimer, unterstrich in seiner Rede, dass das Bankgebäude dazu beitragen solle, das wirtschaftliche Gedeihen der Gemeinde und damit den Wohlstand der Bürger zu fördern und zu erhalten. Volksbankdirektor Zwilling, bezeichnete die Prägung eines Nauheimer Golddukaten, anlässlich der Filialeröffnung, als ein besonderes Ereignis in der Geschichte Nauheims. Dieser Golddukaten war in zwei Größen in der Bank erhältlich und zeigt auf der Vorderseite die Nauheimer evangelische Kirche mit dem alten Rathaus und auf der Rückseite das Nauheimer Wappen. In den 90er Jahren wurde das 1971/72 erbaute Bankgebäude wieder abgerissen und durch ein weit größeres und moderneres Gebäude ersetzt.

SPD-Aktion „Grüne Hecke“:

Am 15. April 72 führt der Ortsverein der SPD Nauheim eine Umweltschutzaktion „Grüne Hecke „ in Nauheim durch. Hierzu hat die SPD alle Mitglieder und Naturfreunde unter den Bürgern und auch die Camper am Hegbachsee aufgerufen. Sie sollen im freiwilligen Arbeitseinsatz das „Grün“ im Erholungsgebiet und im Ortsbereich durch Neuanpflanzungen von Hecken und Bäumen, Nauheim schöner machen. Für interessierte Kleingartenbesitzer werden rund 200 junge Bäume bereitgehalten, die zum Selbstkostenpreis abgegeben werden.

Der erste grössere Lebensmittelmarkt in Nauheim.

Im April 1972 wurde an der Ecke Waldstraße /Am Schafsteg ein Supermarkt der „Edeka Kette“ von den Familien Böker Junior und Senior eröffnet.

Dieser Lebensmittelmarkt im Baugebiet Ochsengrund war eine der ersten Einrichtungen des geplanten „Einkaufszentrum Waldstraße“. Der Bürgermeister sagte zur Eröffnung des Supermarktes: „Nur wer die Erfordernisse  des Jahres 2000 sehe, habe in der Planung und Handlung den rechten Standort. Das Wohl und Wehe der Bürger zu beachten, ihnen den Aufenthalt in der Gemeinde und Gemeinschaft so angenehm wie möglich zu gestalten. Dem Einkaufszentrum werde das Ladenzentrum folgen und Nauheim die Rolle zuweisen, die es aufgrund seiner Lage und Bedeutung habe.“

Noch im gleichen Jahre eröffnete in diesem Bereich eine Tankstelle sowie das als Gourmet-Speiserestaurant bekannte Gasthaus„Bassinger“.Später nannte aich dieser Supermarkt dann“Penny-Markt“.

Die letzte Pflasterstraße.

Ein besonderes Ereignis war es, als am 7. Mai 1972 in der Carlo- Mierendorfstraße,

als letzte Straße im Ort, die Pflastersteine durch Asphalt ersetzt wurden.

Seitens der  Bewohner dieser Straße wurde diese Maßnahme besonders begrüßt.

Hierbei soll aber auch betont werden, dass im Zuge der Neugestaltung des „Alten Ortsteiles“, im Bereich der evangelischen Kirche, unter dem damaligen Bürgermeister Rudolf Zaich,  der eingebrachte Asphalt wieder entfernt und durch Pflastersteine ersetzt wurde, um diesen alten Nauheimer Bereich in seiner Ursprungsform wieder entstehen zu lassen.

Die 2. Nauheimer Musiktage und 25 Jahre Musikindustrie

Mit einem „Aufruf an die Nauheimer“ wandte sich der Bürgermeister in der Presse an die Öffentlichkeit.

Dieser hatte folgenden Wortlaut:

„Im Rahmen der II. Nauheimer Musiktage 1972 feiert die Nauheimer Musikinstrumentenindustrie ihr 25-jähriges Bestehen.
Durch die Ansiedlung der ehemals sudetenländischen Musikinstrumentenhersteller nach dem Kriege in Nauheim, die sich nunmehr in 25 Jahren durch Initiative, Fleiß und Qualität einen hervorragenden Namen auf dem Weltmusikmarkt erworben haben, erfuhr das gemeindliche Leben eine bedeutsame Bereicherung kultureller und musikpflegender Art.Durch die Veranstaltung der Nauheimer Musiktage seit dem Jahre 1970 wird unter Beweis gestellt,dass man nicht nur versteht, Musikinstrumente zu bauen, sondern auch damit umzugehen.

Ich bin stolz darauf, die Musikindustrie in den Mauern Nauheims zu wissen. Die damals aus der Heimat vertriebenen Menschen verstehen sich als Nauheimer und haben sich voll in die Gemeinde integriert, die ihnen nunmehr zur Heimat geworden ist.Es kommt nicht von ungefähr, wenn man die Leistungen der Gemeinde Nauheim für diese Menschen,  bis weit über die Grenzen des Kreises Groß-Gerau hinaus, als beispiellos bezeichnet.

Musiktage und Jubiläum der Musikindustrie sind Zeugnis einer kulturellen und wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung der Gemeinde Nauheim.Möge beides mit dazu beitragen, den Ruf Nauheims als Musikgemeinde nach aussen weiter zu festigen und anzuerkennen.

Es ist mir ein besonderes Anliegen, der „Interessengemeinschaft der Musikinstrumenten industrie Nauheim“ für die vorzüglich geleistete Arbeit sowie die gute Organisation  dieses Festes in verhältnismäßig kurzer Zeit, meinen recht herzlichen Dank zu sagen.

Dank sagen möchte ich auch denen,die damals im Jahre 1947 voller Mut und Zuversicht, angesichts des Verlustes  der eigenen Heimat daran gingen, eine neue Heimat zu finden, sich Nauheim auserkoren haben und mit dem damaligen Bürgermeister Heinrich Kaul IV, die ersten Ansiedlungsgespräche führten.Zwei Namen sind mir dabei noch im Gedächtnis,Frau Anna Sandner sowie Herr Willi Köstler, die ich stellvertretend für alle nennen möchte.Diese Menschen , die, wie ich meine , heute  gerne Nauheimer Bürger sind, werden zurückblickend feststellen können,dass die Entscheidung für Nauheim eine gute Entscheidung war.

Den II. Nauheimer Musiktagen, verbunden mit dem 25-jährigen Jubiläum der Musikinstrumentenindustrie, wünsche ich einen vollen Erfolg.

Allen Gästen aus nah und fern entbiete ich –auch im Namen des Gemeindevorstandes und der Gemeindevertretung- ein herzliches  Willkommen und einen angenehmen Aufenthalt in unserer Gemeinde .

Ihr Hermann Reitz, Bürgermeister.

Die Festtage begannen am  9. Juni und endeten am 12. Juni 1972.

Mit einem erhebenden Festakt wurde im Beisein des Hessischen Ministers für Wirtschaft und Technik, Heinz Herbert Karry, dem Vizepräsidenten des deutschen Bundestages, Dr. Hermann Schmitt-Vockenhausen, dem Bundestagsabgeordneten Otto Zink, den Landtagsabgeordneten Martin Schlappner und Georg Sturmowski, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Bundesverbandes der Instrumentenhersteller Horst Link , den Direktoren der Kreissparkasse Anton-Fuchs und Holthaus sowie der Groß-Gerauer Volksbank Herrn  Direktor Wagner und den Mitgliedern der Gemeindegremien, die „2. Nauheimer Musiktage“ und das gleichzeitige „25-jährige Jubiläum der Nauheimer Musikindustrie“ von Bürgermeister Reitz eröffnet. Als Repräsentant der Nauheimer Musikindustrie war Hugo Schreiber zugegen ,der die Glückwünsche der Musikindustrie in einem Grußwort überbrachte. Die Festrede hielt der Hess. Minister für Wirtschaft und Technik Heinz-Herbert Karry.

Dem Ehrenausschuss dieses Festes gehörten damals an:

Albert Oswald –Hess. Ministerpräsident als Schirmherr (SPD)

Heinz- Herbert Karry  Hess. Minister für Wirtschaft und Technik (FDP)

Heribert Reitz-Hess. Finanzminister-(SPD)

Dr. Hartmut Wierscher- Regierungspräsident Darmstadt

Dr. Hermann Schmitt-Vockenhausen –Vizepräsident des deutschen Bundestages (SPD)

Willi Blodt –Landrat Groß-Gerau (SPD)

Otto Zink –Bundestagsabgeordneter (CDU)

Georg Sturmowski –MDL (CDU)

Martin Schlappner –MDL (SPD)

Horst Link-Stellv. Vorsitzender des Bundesverbandes der

Deutschen Musikinstrumenten-Hersteller e.V.

Dr. Ing. Zimmermann –Geschäftsführer des Bundesverbandes der Musikindustrie

Mr. Jan Onland- Bürgermeister der Partnergemeinde Born/Niederlande

Alfred Hoyer ,Fabrikant Nauheim

Die Feierstunde wurde umrahmt vom Musikverein Nauheim.

Das Fest dauerte 4 Tage und begann mit einer Totenehrung auf dem Waldfriedhof.

Höhepunkte waren:

Ein bunter Abend mit den Mainzer Hofsängern,

sowie ein großer Tanzabend mit dem beliebten und weltbekannten Showorchester

Max Greger in Originalbesetzung.

Hierzu wurde eigens auf dem heutigen Festplatz eine Festhalle für 2.500 Personen errichtet, die jedoch bei dem Abend mit Max Greger aus allen Nähten zu platzen drohte.

Zum Abschluss fand ein Internationales Militärkonzert, mit in- und ausländischen Militär-Kapellen im Festzelt statt

Tagsüber wurde ein „Tag der offenen Tür“zur Besichtigung der Musikherstellerbetriebe veranstaltet. Auch eine Ausstellung von Musikinstrumenten wurde gezeigt vom 10. bis 13. Juni stattfand und ein großes Echo fand. Selbst der Hessische Minister Karry  ließ es sich nicht nehmen ein Saxophon der Fa. Keylwerth  persönlich auszuprobieren.

Anlässlich dieser 2. Musiktage wurde eine umfassende Festschrift herausgegeben.

Musikförderkreis:

Im Rahmen der Festlichkeiten zum 25-jährigen Jubiläum der Musikindustrie erhielten die jahrelangen Bemühungen um die Errichtung einer Musikschule in Nauheim neue Impulse. Nachdem Bürgermeister Reitz, schon in seiner Festrede bei der Eröffnung der 2. Nauheimer Musiktage zur Gründung eines Förderkreises, aufgerufen hatte, hat er sich jetzt mit einem öffentlichen Aufruf an alle Bürger und Freunde der Musik gewandt und um Beitritt und Unterstützung gebeten. Hermann Reitz bedankte sich besonders bei dem 1. Beigeordneten Willi Keylwerth, der sich in besonderer Weise für den Musikförderkreis engagiert habe. Sein Dank galt auch den Neubürgern Frau Anna Sandner und Alfred Hoyer, die sich besonders für die Ansiedlung der Musikindustrie verdient gemacht hätten. Der hessische Ministerpräsident Albert Oswald, der hessische Minister für Wirtschaft und Technik Heinz Herbert Karry, Landrat Willi Blodt und die Nauheimer Instrumentenhersteller haben bereits ihre Beteiligung am Förderkreis zugesagt. Dieser Förderkreis soll der Anfang  zur Bildung eines Vereins“ Nauheimer Musikschule e.V.“ sein der, gefördert vom Landkreis und der Gemeinde, die Aufgabe erhalten soll ,die Musikschule in Nauheim zu verwirklichen.

Zum Zeitpunkt des Festes gab es insgesamt 24 Betriebe der Musikinstrumentenfabrikation, von denen 20 in Nauheim, 3 in Königstädten und ein Betrieb in Groß-Gerau  ansässig waren. Unter ihnen befindet sich der größte Fagotthersteller und auch der größte Klarinettenhersteller der Welt. Drüber hinaus gab es auch noch eine ganze Reihe weiterer Firmen die Weltruf erlangt haben. In diesen Betrieben waren zur damaligen Zeit 550  Menschen beschäftigt.

Wieviele Betriebe gibt es in Nauheim?

Mit Datum 30. Juni 1972, an dem Nauheim  7298 Einwohner hatte, existierten in Nauheim:

15 Industriebetriebe

62 Gewerbebetriebe

13 Betriebe des Gaststättengewerbes

46 Ladengeschäfte

2 Apotheken und

22 landwirtschaftliche Betriebe

Die Volkshochschule Nauheim bekommt einen neuen Leiter.

In einer Feierstunde am Freitag ,dem 7. Juli ,wurde im Sitzungssaal des Rathauses

der seitherige langjährige Leiter der Volkshochschule Nauheim, Lehrer Walter Hummel, von Bürgermeister Reitz und dem Leiter der Kreisvolkshochschule Winfried Keil, mit einem „Herzlichen Dankeschön“ verabschiedet.

Im Anschluss an die Ehrungen für Herrn Hummel wurde sein Schwiegersohn, Studienrat  Wilfried Ernst, als neuer Leiter der Nauheimer Volkshochschule eingeführt. Ernst legte ein 8-Punkte Programm vor,mit denen er die Arbeit der Volkshochschule intensivieren wolle. Ein Schwerpunkt solle zukünftig auch die verstärkte politische Bildung sein, wozu auch die Kommunalpolitik zähle.

75 Jahre Holzblasinstrumente der Firma Püchner.

Am 25. August 72 feiert die Firma Püchner in Nauheim ihr 75-jähriges Firmenjubiläum gleichzeitig mit dem 75.ten Geburtstag des Seniorchefs Josef Püchner. Die Geburt von Josef Püchner war 1897 für Vater Vinzens auch Anlass zur Firmengründung in Graslitz im Egerland.1949 gründete Josef Püchner mit seinem Sohn Walter die Firma erneut. Unter primitiven Verhältnissen und finanziell auf das Gehalt der Tochter Gerdi (später CDU- Gemeindevertreterin) angewiesen, begann man mit dem Bau der ersten Werkzeuge, Motorradhupen, Notenpulte und Klarinettenmundstücke, waren der Anfang. Durch gute und solide Arbeit musste der Ruf des Namens Püchner neu etabliert werden. .Heute genießt die Firma Püchner, bekannt durch seine Holzblasinstrumente, weltweit einen guten Ruf. Josef Püchner wurde von Kammer und Innung der seltene Titel eines „Altmeisters“ verliehen. Der neue Altmeister hat entscheidend den Ruf Nauheim als Musikgemeinde mitbegründet.

Die Nauheimer Müllkippe in der „Versenkung verschwunden.“

In einem großangelegten, fast 10-tägigem, Einsatz im Rahmen der vom Kreisausschuss Groß-Gerau durchgeführten Aktion „Sauberer Kreis“ haben Soldaten des amerikanischen 547.Engeneer Batallions, einer in Darmstadt stationierten Einheit der U.S.Army,  mit schweren Geräten, zusammen mit 4 Nauheimer Baufirmen im September 1972 den Nauheimer Müllplatz abgeschoben und eingeebnet und damit praktisch in der „Versenkung“ verschwinden lassen. Durch diese Maßnahme wurde der oft als „öffentliches Ärgernis“ angeprangerte Müllplatz, im Volksmund nannten ihn die Nauheimer die „EHP“, weitgehend saniert und die Möglichkeit einer von dort ausgehenden Belästigung durch Brände und Qualm auf ein Minimum reduziert.

Bei dieser Aktion, unter Beteiligung der Bauunternehmen Fritz Jacobi, Nauheim- Ewald Kiebert, Langen, Peter Mischlich und Karlheinz Post, beide Transportunternehmen in Nauheim, wurden außer den vielen Autowracks die abgeschleppt wurden auch

25000 cbm Müll bewegt.

Von gemeindlicher Seite wurden die Arbeiten, nach einem von Gemeindebauingenieur Karlheinz Leicht erarbeiteten Plan, ausgeführt und von ihm überwacht. Bürgermeister und Landrat Blodt bedanken sich bei den Amerikanern und den Nauheimer Firmen für das gezeigte Umweltverständnis.

Nach Abschluss der Arbeiten  überreichte der Bürgermeister im Rathaus dem „Executiv-Officer“ des in Darmstadt stationierten U.S. Engineer- Batallions ,Mayor Charles E. Madden, in Würdigung der von den amerikanischen Pioniersoldaten  geleisteten kostenlosen Hilfe, bei der Rekultivierung der Müllkippe, eine Ehrengabe der Gemeinde und sprach die Hoffnung aus, dass diese Hilfsaktion auch zum besseren gegenseitigen Verständnis der Bürger und ihrer amerikanischen  Gäste beitragen möchte.

 

 

Der neue Sportplatz feierlich eingeweiht- ein besonderes sportliches Ereignis.

Am 24.September1972, war es soweit. Den Nauheimer sporttreibenden Vereinen wird endlich der neue Sportplatz übergeben. Es war ein Sonntag und den ganzen Nachmittag über herrschte auf dem Sportplatz, bei blauem Himmel und Sonnenschein, Hochbetrieb. In freundschaftlichen Wettkämpfen mit befreundeten auswärtigen Vereinen oder Schaudarbietungen boten Nauheimer Sportler in mehr als zwei Dutzend Sportarten, den zahlreichen Zuschauern einen bunten Querschnitt ihrer sportlichen Betätigung. Trotz manch harter Nuss, die bis zur Vollendung des Werkes zu knacken war, ist nun aus einem funktionsunfähigen Platz, eine moderne Sportstätte geworden. Die Kosten der Gesamtanlage betrugen insgesamt 420.000.- DM, wovon auf das Rasenfeld 130.000.- DM, die Laufbahn 140.000.- DM und die 500 Sitz- und 1200 Stehplätze umfassende Tribüne 110.000.-DM entfallen. Dank gebührte auch den Arbeitern des gemeindlichen Bauhofes, die tausend kleine Nebenarbeiten verrichteten.

Zur Einweihung des neuen Rasenplatzes spielte die Mannschaft des SV-07

Nauheim gegen die SKG- Erfelden. Das Spiel endete mit einem 6:0 für Nauheim, was ein gutes Omen für den Platz sein sollte.

Der Bürgermeister nannte diesen Tag als einen „Festtag“ für die Sportler, die, in

6 sporttreibenden Vereinen, nahezu 3000 Mitglieder zählen. In den letzten vier Jahren habe die Gemeinde insgesamt 635.000.-DM für den Sport aufgewendet.

Der Beweis dafür, dass dieses Geld Früchte trägt, liege in den vielen Erfolgen der Sportler ,die in der am selben Abend stattfindenden Sportlerehrung  ausgezeichnet würden.

Der Planer des Platzes, Garten- und Sportplatzbauarchitekt Helmut Linke ,Wolfskehlen überreichte dem Bürgermeister symbolisch zur Eröffnung der Anlage, zu der auch viele Prominenz erschienen war, den Schlüssel, den dieser wiederum an den Vorsitzenden des Sport- und Kulturausschusses, Horst Glotzbach, weiterreichte.

Im November 1974 wurde beschlossen den geplanten Bau einer Eisschießanlage mit einem Tennisplatz auf dem Sportplatzgelände fallen zu lassen. Stattdessen sollen Überlegungen mit  Kostenrechnungen für zwei Tennisplätze angestellt werden. Nachdem auch der Ski-Club Nauheim darauf verzichtet hat eine kombinierte Tennis- und Eisschießanlage, zusammen mit der Gemeinde zu bauen, wurde jetzt im März 1975 beschlossen die beiden geplanten Tennisplätze mit einem Kostenaufwand von 110.000.-

DM zu bauen.

Das neue Sportparkeingangsgebäude feierlich eingeweiht.

Am 3. Mai 1975 wurde vom Nachfolger des Bürgermeisters Reitz, Rudolf Zaich,unter Anwesenheit vieler Prominenz und Vereinsvertretern, sowie dem Borner Bürgermeister Jan Onland und dem Jumelage Koordinator Jan Hegelsson und dem Sportkreisvorsitzenden Kurt Wenzel das neuerrichtete Sportplatzeingangsgebäude seiner Bestimmung übergeben. Das Gebäude umfasst über1900 cbm umbauten Raum  und bedurfte einer Bausumme von 575.000.- DM. Es besteht aus einem 65 qm großen Mehrzweckraum, der den Vereinen zur Verfügung stehen soll. Im Erdgeschoss befinden sich umfangreiche Wasch- Dusch- und Toilettenanlagen für die Sportler, einen Raum für die Schiedsrichter und ein Raum für das Rote Kreuz. Weiterhin befindet sich im Erdgeschoss ein großer Geräteraum. Im Obergeschoss befindet sich die Wohnung für den Sportparkwart und ein Einzimmerappartement. Weiterhin wird in diesem Gebäude das Heimatmuseum, eine erste übergangsmäßige Bleibe finden. Am folgenden Sonntag hatten die Nauheimer Einwohner Gelegenheit das neue Sportplatzeingangsgebäude zu besichtigen.

Jubiläumszweigstelle der Kreissparkasse im Ochsengrund-Bürgertreff:

Am Montag, dem 28. September 1972, eröffnet die Kreissparkasse in der Heinrich-Heine-Straße ihr 50. Zweigstelle, die wie Sparkassendirektor Anton bei der Einweihung sagte, nicht nur die 50. Filiale ,sondern auch die erste Zweigstelle in Fertigbauweise sei. Er erinnerte auch daran, dass die erste Nauheimer Zweigstelle im Jahre 1953 in gemieteten Räumen, eröffnet wurde und dass im Jahre 1957 der Umzug in das neu gebaute Sparkassengebäude in der Schillerstraße erfolgte.

In der Folgezeit erfolgte durch den Bau eines Ladenzentrums in der Waldstraße,

die Eröffnung einer neuen Filiale, gerade gegenüber der behelfsmäßigen Filiale.

Die Kreissparkasse übereignete, die in Fertigbauweise 1972 errichtete, Zweigstelle der Gemeinde Nauheim, die dann als Bürgertreff der Gemeinde Nauheim fungierte und von den Bürgern gut angenommen wurde.

Moderne Kunst in Nauheim.

Vor dem Kindergarten in der Schillerstraße wurde eine Tetraeder-Plastik enthüllt und damit der Öffentlichkeit übergeben. Dieser kulturelle Beitrag geht auf einen Beschluss des Gemeindevorstandes zurück, der nach einem Verzicht des Wolfskehler Gartenbauarchitekten Helmut Linke auf sein Honorar, für die Gestaltung des Friedrich Ebertplatzes, auf dessen Wunsch, den in Nauheim ansässigen Kunststudenten Paul Grützner beauftragte, ein Kunstdenkmal für den Platz an der Sparkasse ,neben dem Kindergarten ,anzufertigen.

Die Plastik selbst besteht aus 18 Tetraedern, auf 72 geschwungenen  Dreiecksblechen, die so angeordnet sind, dass sie ein harmonisches  und symetrisches Gebilde ergeben. Die Plastik, so sagte der Hersteller, könne ein Hinweis auf biologische ,chemische, physikalische  und gesellschaftliche Strukturen sein. Jedem Betrachter bleibe es dabei selbst  überlassen Stellung zu beziehen, mag sie gefallen oder nicht.

Das Baugebiet  „Im Teich „  eine sehr Kontroverse Angelegenheit.

Das schnelle Wachstum der Gemeinde, die Erschließung des Baugebietes „Ochsengrund Nord und Süd“ und die daraus erforderlichen Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur, gingen für der Gemeinde arg ins Geld. So gesehen muss man auch den Versuch des Bürgermeisters werten, vorhandene und im Besitz der Gemeinde befindliche Flächen, an einen evtl. Interessenten zur Bebauung, zu verkaufen. Eine solche Fläche gab es im Südosten von Nauheim  an der Grenze zu Rüsselsheim –Königstädten am Schwarzbach. Schon einmal gab es einen Interessenten, der in diesem Gemarkungsbereich eine Trabrennbahn errichten wollte. Diese Vorhaben, das in der Gemeindevertretung und auch Öffentlichkeit hart diskutiert wurde, konnte jedoch keine parlamentarische Mehrheit finden.

Eines Tages jedoch klopfte der Geschäftsführer des amerikanischen Baukonzerns „Kaufman & Broad“ Mister Fenmore an die Tür des Bürgermeisters.

Er interessierte sich für diese Gelände um dort eine Wohnsiedlung, amerikanischen Stils, zu bauen. Eine erste solche Siedlung war bereits im Taunus im Entstehen. Für den Bürgermeister kam dieser Mister Fenmore aus Amerika gerade wie gerufen. Er bat den Interessenten, der Gemeinde ein Kaufangebot, mit gleichzeitiger Beschreibung seiner Bauabsichten, vorzulegen, damit er zunächst den Gemeindevorstand Vorlage machen kann.

Die Firma Kaufman & Broad bot für das erforderliche Gelände zum Bau einer Wohnsiedlung DM 25.- /qm, die später auf Forderung der Gemeinde mit

30.- DM /qm,  mit 28,- DM/qm vereinbart wurde. Der Bauträger erklärte sich ebenfalls bereit den erforderlichen Bebauungsplan zu erarbeiten und auch die Änderung des Flächennutzungsplanes in die Wege zu leiten .Weiterhin erklärte sich die Firma bereit die Erschließung auf ihre Kosten, Straßenbau, Kanalbau, Wasser, Gas und Elektroversorgung, sowie die Planungs- und Überwachungskosten zu übernehmen und dazu weiterhin den erforderlichen Ausbau des Grabensystems und den kostenlosen Bau von 3 Kinderspielplätzen. Die Zurückübereignung des Geländes zum Bau eines Kindergartens wurde ebenfalls zugesagt. Weiterhin erklärte sich der

Bauträger bereit, für die der gemeinde entstehenden Folgekosten für soziale Einrichtungen (Schule –Kindergarten) einen Betrag von DM 1.000.000.- zur Verfügung zu stellen.

Bevor das Parlament über diese Projekt abstimmte, lud die Firma  Kaufman & Broad die Gemeindevertretung zu einer zweitägigen Besichtigung von 2 Wohnparks ihrer Firma in der Nähe von Paris ein. Der Einladung folgten insgesamt 13 Parlamentarier aus allen Fraktionen. Nach langen ,oft lebhaften, Debatten im Gemeindeparlament wurde dann die erforderlichen Beschlüsse für dieses Projekt, mit den Stimmen der SPD gegen die Stimmen der CDU/FDP gefasst.

Am 28. 04.1972     Zustimmung zur Errichtung des Wohnparks. Stimmen: 10:8

                                   und Zustimmung zur Erweiterung des Flächennutzungsplanes

Am 30. 06.1972     Zustimmung zum Bebauungsplanentwurf. Stimmen: 10 :6

                                   sowie Zustimmung zum Erschließungsvertrag

Am 04.10.1972      endgültige Beschlussfassung für das Projekt mit den Stimmen 

                                   der  SPD gegen die Stimmen der CDU/FDP des

                                   Gemeindeparlamentes  zum Bebauungsplan.

Seitens der regionalen Planungsgemeinschaft und Landrat Blodt wurde diese Projekt ebenfalls gutgeheißen.

Alle vom Parlament nach langer Diskussion gewünschten Änderungen wurden in den Erschließungsvertrag aufgenommen.

Vor der Beschlussfassung sagte der damalige Parlamentsvorsteher Klose im Parlament:

“Wir haben nächtelang debattiert und uns die Sache nicht leicht gemacht. Dabei haben wir im Interesse der Gemeinde optimales erreicht. Ich bitte die CDU/FDP -Fraktion ihre Zustimmung nicht zu verweigern.“

Gemeindevertreter Kaul (SPD) dankte dem Gemeindevorstand ,besonders aber dem Bürgermeister, für das gute Ergebnis der Verhandlungsführung  mit der Fa. Kaufman & Broad.“

Durch den Verkauf des Geländes von 167.000 qm und der Zahlung von DM 1.000.000.- für Folgelasten kamen insgesamt 5.676.000.- DM in die Gemeindekasse.

In der Beschreibung zum Projekt „“Wohnpark im Teich „ heißt es:

Die 21 Hektar des entstehenden Baugebietes „Wohnpark im Teich“ schließt an die Gemeinde Nauheim an und liegt zwischen dem Baugebiet Ochsengrund und der Bundesautobahn E5, östlich des Gemeindekerns. Angrenzend an den Wohnpark liegt der Rüsselsheimer Wald, der durch die geplante Bebauung überhaupt nicht berührt wird.

Geplant sind 435 , von der Fa. Kaufman and Broad zu errichtende massiv gebaute Wohneinheiten, in Form von freistehenden Einfamilienhäusern (226 WE) und Reihenhäuser (209 WE). Die Planungsart umfasst die neuesten Erkenntnisse aus Europa und Nordamerika. Die Bauweise ist aufgelockert, nicht nur bei den freistehenden Einfamilienhäusern, sondern auch bei den Reihenhäusern. Zum Beispiel gibt es im Reihenhausgebiet fast 15% Gemeinschaftsgrünfläche.“

Die Erschließungskosten  werden in der Projektbeschreibung auf DM 5,1 Millionen beziffert . Damit war Nauheim die erste Gemeinde des Kreises die, durch Abschluss eines Erschließungsvertrages, von einem Bauträger einen ganzen Ortsteil ,als Wohnpark“ Residenz Grafenforst“ bezeichnet,  bauen ließ.

Bereits am 25. Oktober 1973 lud die Firma  Kaufman & Broad zum

„Grand Opening“ der „Residenz Grafenforst „ dem zweiten Wohnpark der Firma in Deutschland ein. Der Empfang , unter reger Teilnahme geladener Gäste von Gemeinde, Kreis und Land sowie zahlreicher interessierter Bürger, fand im Musterhaus an der Einfahrt vom Ochsengrund in den Teich statt.

Zu dem vom Parlament beschlossenen Grundstückverkauf die Fa. Kaufman & Broad und dem Wohnparkprojekt, kam es in der Folge im Parlament und Öffentlichkeit zu heftigen Kontroversen. Auch die Sozialdemokraten, die dies alles ja mit Mehrheit beschlossen hatten gingen jetzt mit ihrem Bürgermeister hart ins Gericht, obwohl sie in einem Flugblatt :“SPD-Bürgerinformation „ folgendes zum Haushalt 1973 schrieben:

„....Dies bedeutet gegenüber 1972 eine Steigerungsrate des Haushaltes von

48,3 %. Diese hohe Steigerungsrate ist in erster Linie auf dem Verkaufserlös für das Gelände im Teich zurück zuführen. Den Kritikern dieses Geländeverkaufs wird jetzt wohl klar werden, wie notwendig es war, diesen wenig populären Schritt des Geländeverkaufs zu tun.“(unterzeichnet von Volker Engroff und Manfred Werth)

Die Kommunalwahl im Oktober 1972.

Schon früh, bereits 1971, spürte man, an den Auseinandersetzungen im Gemeindeparlament, dass das Jahr 1972 ein Wahljahr war. Obwohl die Opposition im Gemeindeparlament schon zweimal dem vorgelegten Haushalt des Bürgermeisters zustimmte, was ja für Nauheim ungewöhnlich war, spürte man seitens der Parteien SPD,CDU und FDP eine härtere Gangart. Die CDU, die bei der Wahl 1968 einen enormen Stimmenzuwachs erhielt, hoffte nun endlich bei dieser Wahl die Mehrheit der Mandate zu erringen und die SPD Hochburg zu knacken.

Aber auch die SPD hoffte ihren Stimmenverlust von 1968 wieder gut zu machen und darüber hinaus noch weitere Sitze zu gewinnen. Aufgrund des Wachstums der Gemeinde stieg die Einwohnerzahl derart an, dass sich im  Gemeindeparlament bei der bevorstehenden Wahl die Zahl der Gemeindevertreter von 19 auf 31 erhöhte. Die Sozialdemokraten, die schon früh ihre Kandidatenliste aufgestellt hatten, wählten  Bürgermeister Reitz zu ihrem Spitzenkandidaten und spürte  damit Zustimmung bei den Bürgern für ihre Politik in Nauheim.

Mit dem  Wahlplakat „Weiter für Nauheim- mit Bürgermeister Hermann Reitz“ und  dem Konterfei des Bürgermeisters, wollte man für den nötigen Erfolg bei der Wahl sorgen.

Die Attacken der CDU gegen die SPD und ihren Bürgermeister nahmen

heftig zu. Schon 1971 titelte eine seriöse Tageszeitung, die Frankfurter Rundschau:

“ Die Angriffe der CDU zielen unter die Gürtellinie.“ Weiter schrieb sie:

“Die Schützengrabenmanier der CDU wurden seit langem offensichtlich. Der Kurs der Oppositionsparteien, die bei der letzten Bürgermeisterwahl mit ihrem Kandidaten Sturmowski gegen Reitz unterlagen, geht immer stärker auf frontale Konfrontation. Die Diskussion ist hitziger geworden ,die Angriffe persönlicher.

In einer Reihe von Veröffentlichungen gingen vor allem die Christdemokraten mit dem Bürgermeister schwer ins Gericht.“ (Vorsitzender der CDU 1972 war Siegfried Lang)

Die SPD ihrerseits schoss Breitseiten gegen die CDU, und unterstellte, dass sie an dem enormen Wachstum der Gemeinde und der fortschrittlichen Politik, im Interesse der Bürger, keinen Verdienst aufweisen kann,wobei jedoch die Angriffe der SPD stets sachlich, nicht aber persönlich ausgerichtet waren. Zu diesen Angriffen der CDU sagte der 1.Beigeordneter Willi Keylwerth, wie ebenfalls die FR berichtete:

„ Ob allerdings Männer, die weder vor  Verleumdung noch Ehrabschneidung zurückschrecken, das Vertrauen der Bürger auf ihrer Seite haben, werden wir am Wahltag erfahren“.

Die FDP, die ja in Koalition mit der CDU nur mit einem Sitz im Parlament vertreten war, hielt sich verdeckt und versuchte, mit ihren kommunalpolitischen Vorstellungen für die bevorstehende Legislaturperiode, ihre Position auszubauen. Also das, was man schon mit den Ereignissen bei der Kommunalwahl 1968 als „die Nauheimer Verhältnisse „ bezeichnete, erregte schon wieder das öffentliche Interesse bis weit über die Grenzen Nauheims hinaus. Schon an der Tatsache ,dass sich die Frankfurter Rundschau mit der Nauheimer Situation befasste ,macht dies deutlich.

Der 22. Oktober 1972- Wahltag.

Zur Wahl wurden 3 Wahlvorschläge eingereicht, von SPD, CDU und FDP.

Wahlberechtigt waren insgesamt 4802 Wähler. Wahlleiter war der Gemeindebeamte Klaus Geyer. Ihm zur Seite stand der Wahlausschuss mit 6 Mitgliedern. Schriftführer und stellvertretender Wahlleiter war der Verwaltungsangestellte Karl-Heinz Engroff.

 

Gewählt wurde in folgenden 4 Wahlbezirken:

Bezirk I   = Kindergarten III in der Neckarstraße

Bezirk II  = Kindergarten IV in der Emil von Behringstraße (Ochsengrund)

Bezirk III = Kindergarten I  in der Schillerstraße

Bezirk IV  = Kindergarten II in der Schulstraße

In den Wahlbezirken I – III wurde mit Stimmzählgeräten gewählt, währenddem im Bezirk IV ,der gleichzeitig auch Briefwahlbezirk war, mit Wahlscheinen gewählt wurde.

Bei dieser Wahl erzielten die Nauheimer Sozialdemokraten mit ihrem Spitzenkandidaten Bürgermeister Reitz einen eindeutigen, noch nie da gewesenen, Erfolg. Ein Stimmengewinn, gegenüber der letzten Kommunalwahl von 13,5 % , bedeutete ein hoher Wahlsieg. Von insgesamt  4153 abgegebenen Stimmen erhielt die SPD 2523 Stimmen, was 60,8 % entspricht. Damit erzielte die SPD- Nauheim nicht nur kommunal einen Riesenerfolg, sondern auch im Kreisvergleich erzielte sie den höchsten Stimmenzuwachs.

Und so hatte Nauheim gewählt:

SPD          60,8 %    + 13,5 %    Wähler:   2523 Stimmen

CDU          34,8 %    -    5,2 %                      1446 Stimmen

FDP              4,4 %    -   2,8%                          184 Stimmen

In den einzelnen obengenannten Wahlbezirken Nauheim ergaben sich folgende Ergebnisse:

Wahlbezirk :            I                     II              III           IV

SPD                          736              821           739        227

CDU                         434               356           441        215

FDP                            50                 64             57             1

Die Wahlbeteiligung lag mit 87,3 % um 0,5 % höher als bei der Kommunalwahl 1968.

Sitzverteilung:

Aufgrund des Wahlergebnis erhalten die Sozialdemokraten =  20 Sitze,

die CDU = 11 Sitze bei 31 Gemeindevertretern.

Die FDP ,welche die 5% Hürde nicht überspringen konnte, bleibt  ohne Sitz und ist nicht mehr im Parlament vertreten.

Angemerkt sei noch, dass man dem Bürgermeister eine Niederlage im Baugebiet „Ochsengrund  Nord & Süd „ voraussagte. Hier jedoch konnte die SPD mit 66 % ihren höchsten Stimmenanteil einfahren.

Nach diesem Wahlergebnis zogen folgende Bewerber ins Gemeindeparlament ein:

SPD: Hermann Reitz, Rudolf Klose, Volker Engroff, Horst Glotzbach,

Ulrich Becker, Katharina Auer, Rolf Teichmann, Manfred Werth,

Kurt Alsdorf, Richard Paulus, Adam Kroll, Margot Glotzbach,

Edmund Hornung, Hanno Noll, Franz Klier, Willy Keylwerth, Günter Hipauf,

Dieter Bröcking, Kurt Kaul  und Gerd Zäuner.

CDU: Hans Förster, Franz Honheiser, Wilhelm Kuhlmann, Otto Habermann,

Ursula Liegener, Siegfried Lang, Manfred Dörfler, Paul Klein, Willi Bertram,

Gerti Püchner und Alwin Geyer.

Bereits in der 1. Sitzung des Gemeindeparlamentes wurde Rudolf Klose als Gemeindevertretervorsteher gewählt.

In der 2. Sitzung des neuen Parlamentes am 17.November 1972 fand sodann die Konstituierung statt.

Für den Gemeindevorstand, der mit dem Bürgermeister aus 7 Mitgliedern besteht, wurden 4 Mitglieder der SPD und 2 Mitglieder der CDU gewählt.

Dies waren: SPD :Rolf Teichmann, Kurt Alsdorf, Edmund Hornung und Dieter Bröcking. Für die CDU: Hans Förster und Gerd Schröder.

Für die in den Gemeindevorstand gewählten Gemeindevertreter rückten nun ins Parlament nach: von der Liste der SPD: Margarete Engroff, Fritz Dammel, Rosemarie Daum,Ute Ernst-Hummel, Ludwig Müller und Walter Luft

Von der Liste der CDU: Horst Mentzel

Die ebenfalls in dieser Sitzung gebildeten 5 Ausschüsse bestehen aus jeweils

7 Mitgliedern, davon 5 von der SPD und 2 von der CDU.

Folgende Ausschüsse wurden gebildet:

Haupt- und Finanzausschuss

Bau- und Raumplanungsausschuss

Sport –und Kulturausschuss

Sozialausschuss und

Umwelt- und Landwirtschaftsausschuss.

In dieser Sitzung wurden auch die aus dem Parlament ausgeschiedenen Gemeindevertreter der letzten Legislaturperiode verabschiedet, wobei dem langjährigen Gemeindevertreter Adam Lochhaas, gemäß Beschluss des Parlamentes der Titel eines „Gemeindeältesten“ gemäß der hessischen Gemeindeordnung, verliehen wurde, womit man ihm, in Anbetracht seiner Verdienste, eine besondere Ehre erwies.

Der Wahlausgang hat gezeigt, dass trotz den oft persönlichen Angriffen der CDU Nauheim, die Bürger Vertrauen in die Rathauspolitik mit der SPD- Mehrheit und dem Bürgermeister hatten. Sie spürten, dass Bürgerinteressen beachtet und Bürgernähe kein Schlagwort blieb und, dass man das ,was man den Bürgern versprochen hatte, auch gehalten hat. Jetzt galt es für die SPD Nauheim darauf an bei ihrer zukünftigen Arbeit dieses von den Bürgern gegebene überwältige Vertrauen, auch zu rechtfertigen.

In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung lesen wir :

„ In einigen Gemeinden haben die Jungsozialisten den Wahlsieg der SPD mitgetragen. Hier hatte die SPD auf ihren Listen für die Gemeindewahl ihre Zugpferde aus dem rechten und linken Lager zusammengespannt.

Ein solches Gespann bewährte sich beispielsweise in Nauheim, wo dem sehr aktiven und beliebten Bürgermeister der SPD Hermann Reitz mit einem Stimmengewinn von rund 13% neben dem politischen auch ein persönlicher Erfolg beschieden war.“

*(Die Kommunalwahl, die seither jeweils im Oktober eines Jahres stattfand, findet nun mit dieser Legislaturperiode erst im Frühjahr 1977 statt.)

Die Einwohnerentwicklung & kommunale Statistik:

Zum Zeitpunkt 31.12.1972 hatte die Gemeinde Nauheim 7.828 Einwohner

Veränderungen im Laufe des Jahres 1972:

Zuzüge          1041 EW

Wegzüge         627 EW

Geburten        123 EW

Sterbefälle       65 EW insgesamt also  472 EW

Somit betrug die Einwohnerzahl am 01.01.1974 = 8.300 Einwohner

Von diesen wiederum waren :

evangelisch   4.565 EW

katholisch       3.178 EW

sonstige               557EW

An ausländischen Staatsangehörigen gab es in Nauheim  1.045 EW

Der Schuldenstand der Gemeinde belief sich am 1. Januar 1973 auf

7.895.452,80DM.

Dies bedeutete eine pro Kopf Verschuldung 7.828 EW = 1008,61DM.

Der Schuldenstand am 1.1.74 betrug  7.769.317,73 DM

Bei einer Einwohnerzahl von 8300 EW ergibt dies eine pro Kopf Verschuldung von DM 936,06 DM

Die Einwohnerzahl am 1.1.76 betrug = 8.740 EW

und am 1.1.77                                            = 9.116 EW

hierzu ergibt sich folgendes Bild:

Veränderungen in 1976:

Zuzüge       = 1.063 EW

Wegzüge    =    611 EW

Geburten    =    115 EW

Sterbefälle =       78 EW

davon:

evangelisch = 4.490

katholisch    = 3.566

sonstige        = 1.060

Ausländer lebten in Nauheim am 1.1.77: 1.052 EW

Die Gesamtfläche der Gemeinde betrug:1.377,2 ha

davon:

Hof-& Gebäudefläche = 90,4 ha

Verkehrsfläche = 79,0 ha                                           

Wald = 567,0 ha

Landwirtschaftlich genutzte Fläche = 594,3 ha

Wasserfläche =16,7 ha

Sonstige = 29,8 ha

Das Jahr 1973 war geprägt von der konsequenten Weiterführung begonnener kommunaler Maßnahmen und der Verbesserung der Infrastruktur durch neue Projekte.

Finanziell war der Haushalt 1973 geprägt von den Einnahmen aus dem Verkaufserlös der Grundstücke „Im Teich“ in Höhe von 5.676.000 DM und dem Gewerbegebiet “Der Herrnhügel“  in Höhe von 650.000 DM

Der Haushaltsplan der Gemeinde 1973

Der vom Parlament  am 10. März 1973 beschlossene Haushaltsplan der Gemeinde Nauheim hatte, nach dem Beschluss der Nachtragssatzung vom

13.Dezember 1973,folgende Festsetzungen:

Im ordentlichen Haushalt:    

Einnahmen.     5.167.929 DM

Ausgaben:       5.167.929  DM

Im außerordentlichen Haushalt:

Einnahmen:   10.778.030 DM

Ausgaben:     10.738,030 DM

Die Steuersätze blieben unverändert und betrugen:

Grundsteuer:

a) für land- und forstwirtschaftliche Betriebe: (A)       340 v.H.

b) für Grundstücke: (B)                                                        140  v.H.

Gewerbesteuer:

nach Gewerbeertrag und –kapital:                                    300 v.H.

Mindeststeuer:

aa) Hausgewerbetreibende:                                                   6.-  DM

bb) sonstige Gewerbetreibende:                                        12.-  DM

Der Höchstbetrag der Kassenkredite, die im laufenden Rechnungsjahr zur rechtzeitigen Leistung von Ausgaben des ordentlichen Haushaltplanes in Anspruch genommen werden dürfen ,wird auf DM 500.000.- festgesetzt.

Darlehen zur Finanzierung des außerordentlichen Haushaltes  sind nicht erforderlich.

Kanal- und Wasserleitungsbau im Gewerbegebiet „Der Herrnhügel“

Für die Kanalisierung und den Bau der Wasserversorgung des Gewerbegebietes „Der Herrnhügel „wurden knapp 750.000.- DM bereitgestellt und der Auftrag an eine Nauheimer Baufirma vergeben.

Aufgrund der weiten Entfernung dieses Baugebietes zur Kläranlage musste dieses Baugebiet im Trennsystem entwässert werden. Bei einem Mischsystem wären zu große Rohrdurchmesser erforderlich geworden und der Kanal über der Bahn bis zur Kläranlage, hätte ohne Umbau die Wassermassen nicht aufnehmen können.

So wurde ein ziemlich großes Regenwasserrückhaltebecken, zwischen Bahn und B42 angelegt, um die evtl. Wassermassen bei Starkregen aufnehmen zu können.

Änderung der Kanalbeitrags –und Gebührensatzung.

Durch Parlamentsbeschluss im Januar 1973 wurde durch Änderung der Kanalbeitrags- und Gebührensatzung der Kanalanschlussbeitrag von bisher

2,70 DM auf nunmehr 3,96 DM angehoben. Zusätzlich wurde beschlossen einen einmaligen Anschlussbeitrag von DM 0,80 je Quadratmeter Geschossfläche zu erheben. Für die Erhebung des einmaligen Anschlussbeitrage waren seitens des Gemeindevorstandes DM 1,40 vorgesehen, da man von Gesamtbaukosten von

DM 3 Millionen ausgegangen sei, von denen aber ein Eigenanteil von 15 % sowie die Zuschüsse von Kreis und Land abzuziehen seien, womit man auf bereinigte Gesamtkosten von rd. 1,9 Millionen als Ausgangsbasis komme, wobei der gemeindliche Eigenanteil und die Zuschüsse den Bürgern nicht angelastet werden könne, sagte der Bürgermeister.

Wissenswertes - kurz berichtet

Grossbrand im Sägewerk Rüffer

Eine halbe Million Sachschaden  verursacht ein Großbrand im  Nauheimer Sägewerk Rüffer, am Dienstag dem 20. Februar1973. Gegen 21 Uhr brach vermutlich im Keller  der Halle  unter den Gattersägen ein Brand aus. Vor einem Löschversuch  an der brennenden Halle, in der mehrere wertvolle Maschinen standen, musste von der Bundesbahn die benachbarte Strecke Groß-Gerau- Bischofsheim stillgelegt  und der Strom, 15000 Volt, auf der Fahrleitung abgeschaltet werden.

Fluglärmmessstation für Nauheim

Nach einem Bericht des Gemeindevorstandes,im April 1973, wird in Nauheim ,auf die Dauer von 4 Jahren eine Fluglärmmessstelle eingerichtet, die vom Bürgermeister vehement aufgrund der Beschwerden aus der Bevölkerung über Fluglärm, besonders bei ungünstiger Wetterlage, bei der Flughafen AG nachdrücklich gefordert wurde. Die Lärmkommission der Flughafen AG habe jetzt endlich einem diesbezüglichen Antrag des nauheimer Bürgernmeisters , zugestimmt. Der Standort dieser Lärmmessstelle wird in einem gemeinsamen Ortstermin ausgesucht, wobei man darauf achten muss, dass der Lärmpegel der Umgebung niedrig ist. Die Lärmmessstation wurde sodann im Baugebiet Ochsengrund in der Waldstrasse installiert.

Sprung in den Tod vom Hochhaus:

Am 23.Mai 1973 ereignete sich in den Hochhäusern in der Thomas-Mannstraße eine schwere Explosion. Aus Angst wusste sich eine Frau nicht mehr zu helfen und Sprang aus dem Hochhaus in dem sich die Explosion ereignete in den Tod. Aufgrund dieses Ereignisses entwickelte sich  eine Diskussion um die Anschaffung einer großen Feuerleiter, die gerade beim Einsatz bei Bränden, oder der ereigneten Explosion, in den Hochhäuser von Notwendigkeit ist. Bei seitherigen Einsätzen dieser Art musste die Feuerwehr Rüsselsheim mit ihrer Drehleiter eingreifen.

Wäschepläuel gefunden.

Bei Umbauarbeiten auf seinem Grundstück ,im August 1973, in der Industriestraße hat der Nauheimer Heinz Kaul, ein relativ guterhaltenes hölzernes Wäschepleuel in den Maßen 20 x 15 cm  und einen Zoll stark gefunden, dessen Alter nach Aussehen und Holzwurmfraß, auf etwa  200 Jahre geschätzt wird. Der Wäschepleuel fand einen würdigen Platz im Nauheimer Heimatmuseum.

Sportdeputation gebildet.

Erstmals wurde, durch Beschluss der Gemeindevertretung, eine Sportdeputation gebildet. Diese Kommission hat  nach der hessischen Gemeindeordnung die Funktion eines Hilfsorgans des Gemeindevorstandes.

Sie hat die Aufgabe den Gemeindevorstand, bei weiteren sportlichen Maßnahmen beim Ausbau des Sportgeländes, zu beraten. Bereits in der ersten Sitzung, am 15. August 1973,bei der Bürgermeister Reitz den Mitgliedern die Satzung der Sportdeputation verlas und die Aufgaben der Deputation erläuterte, überreichte er an die Mitglieder der Kommission die Ernennungsurkunden zu Ehrenbeamten der Gemeinde, nahm ihnen den Amtseid ab und verpflichtete sie zu gewissenhafter Ausübung ihres Ehrenamtes.

Mitglieder der Kommission wurden:

Georg Förster (Turnverein),Gustav Schmitz ( SKV), Lutz Becker (Ski-Club), Heinz Jüngling (Rallyclub), Friedrich Benien (Schützengilde)Peter Schmidt (Solidarität)

und die Lehrer Franziska Fromm  und Herbert Müller. Wilhelm Kaul (Angelsportverein), Gerhard Sandner(Segelflieger-Club).Als Mitglieder des Sport & Kulturausschusses der Gemeindevertretung gehören der Deputation an:

Katharina Auer, Horst Glotzbach, Ludwig Müller, Walter Luft, Richard Paulus, (alle SPD) und Ursula Liegener und Willi Bertram (beide CDU). Ebenfalls gehören der Sportdeputation die Mitglieder des Gemeindevorstandes an.

Bereits in der ersten Sitzung beriet die Deputation über weitere Baumaßnahmen des Sportgeländes. So wurde dem Sportplatzeingangsgebäude, dem Tennisplatz

und der Eisschießbahn Zustimmung erteilt. Ebenfalls wurde in dieser Sitzung der erste und neue Sportplatzwart vorgestellt. Es handelte sich um Gerhard Kunz,

der seine Tätigkeit am 1. Juni 1973, aufgenommen hat. Kunz ist Sport –und Jugendleiter beim SV 07, ist 27 Jahre alt, verheiratet und von Beruf Spengler. Nach Fertigstellung des Eingangsgebäudes zog der Sportplatzwart in die darin befindliche Wohnung ein.

Massagepraxis eröffnet.

In der Waldstraße 64 eröffnet Paul Rath,im September 1973, seither im Rüsselsheimer Krankenhaus tätig, mit seiner Ehefrau, einer ausgebildeten Krankenschwester eine moderne und nach neuesten Gesichtspunkten eingerichtete Massage –Praxis. Diese Praxis ist die erster dieser Art in Nauheim.

Eine erste Bürgerversammlung.

Die Nauheimer Sozialdemokraten machen ein Wahlversprechen wahr, indem sie

für den 4. Oktober 1973 zu einer Bürgerversammlung in den Saalbau Ruhland einladen. Damit wollen sie die Bürger hautnah über anstehende kommunale Probleme informieren. So soll in der ersten Bürgerversammlung der SPD über den Ausbau von Kinderspielplätzen und den Ausbau des Erholungsgebietes informiert werden.

Öffentlichkeit der Ausschusssitzungen

Die  Fraktionen von SPD und CDU beschlossen in der Gemeindevertretersitzung,im November 1973, den Ausschüssen zu empfehlen ihre Sitzungen öffentlich zu machen. Dem Wunsche der SPD, die Gemeindevertretung möge die Öffentlichkeit der Ausschüsse zwingend beschließen, widersprach der Bürgermeister. Er führte aus, unter Berufung auf eine Stellungnahme des Hessischen Städte- und Gemeindetages, dass die HGO für den Regelfall die nichtöffentliche Sitzung vorschreibt. Bei öffentlichen Sitzungen bestünde die Gefahr, dass Reden zur eigenen Profilierung gehalten werden und die Effizienz der Ausschussarbeit unter der Öffentlichkeit leidet. Daraufhin entschied man sich den Ausschüssen die Entscheidung zu überlassen, ob die Öffentlichkeit zugelassen werden kann.

Die erste „öffentliche Sitzung“ wurde von dem Vorsitzenden des Sport- und Kulturausschusses Horst Glotzbach am 29.11.73 in den neuen Sitzungssaal in der SKV-Halle eingeladen.

Sitzungssaal in der SKV-Halle.

Erstmals findet die Sitzung der Gemeindevertretung im neuen Sitzungssaal in der SKV-Halle statt. Es war die 11. Sitzung der Legislaturperiode 1972/77, zu der Gemeindevertretervorsteher Klose, eingeladen hatte. Aufgrund der Erhöhung der Anzahl der Gemeindevertreter von seither 19 auf nunmehr 31 war der Sitzungssaal im Rathaus zu klein geworden. Der Sitzungssaal, der heute als Gemeindebücherei dient, wurde in Zusammenarbeit mit der SKV auf Kosten der Gemeinde ausgebaut.

Letzter gemeinsamer Ball von-Feuerwehr-Rotes Kreuz und Gemeinde.

Zum letzten mal fand ein gemeinsamer Ball von Feuerwehr und Roten-Kreuz in der SKV-Halle statt. Dieser Ball, der jährlich, mit der Unterstützung der Gemeinde, durchgeführt wurde, war ein gesellschaftlicher Höhepunkt in der Gemeinde. In dem mit  370 Personen ausverkauften Saal wurde bei toller Stimmung bis in die Morgenstunden das Tanzbein geschwungen.

Lochhaas wieder in der Kommunalpolitik.

Der mit Beginn der laufenden Legislaturperiode aus der Gemeindevertretung ausgeschiedene Adam Lochhaas (CDU), der für seine langjährige kommunale Tätigkeit den Titel eines „Gemeindeältesten „ erhielt, wird wieder aktiv und zieht,im Dezember 1973,in den Gemeindevorstand ein. Er übernimmt dieses Amt von dem aus dem Gemeindevorstand ausgeschiedenen Gerd Schröder (CDU),der wie er in einer Rede ausführte, aus familiären und beruflichen Gründen diesen Schritt tue. Gleichzeitig mit Gerd Schröder schied auch der Gemeindevertreter und langjährige Parlamentsvorsitzende Kurt Kaul aus dem Parlament aus.

Nachbarn helfen sich selbst.

Unter dem Motto: „Nachbarn helfen sich selbst“ ist in Nauheim eine Selbsthilfeaktion gestartet worden, um den Menschen die Lösung ihrer alltäglichen Probleme zu erleichtern. Wenn man sich gegenseitig unter die Arme greift, so die Überzeugung der Initiatoren, geht vieles leichter und reibungsloser vonstatten. Noch wäre Nauheim eine nicht integrierte Gemeinde, in der es Neubau- und Altbauviertel,  mit den für sie typischen Problemen gibt. Vor allem fehle es an Gemeinschaftseinrichtungen, die die Menschen aus ihrer Isolation herausholen könnten. Ältere Mitbürger, so wurde gesagt, lebten isoliert und einsam, Mütter  wüssten einfach nicht wohin mit den Kindern, wenn sie krank würden. Initiatorin der mitbürgerlichen Selbsthilfe in Nauheim, die mit ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern, auf starke Resonanz hofft, war Jutta Werth,

die Ehefrau des SPD-Fraktionsvorsitzenden im Gemeindeparlament.

Die SKV Nauheim feiert ihr 50-Jähriges.

Mit einem über 2 Wochenende  dauernten Fest feierte die Sport-und Kulturvereinigung Nauheim (SKV), Ende Mai und Anfang Juni, ihr 50-jähriges Bestehen, das mit einer akademischen Feier, am Samstag, dem 25. Mai 1974, begann.Am Sonntag darauf fanden auf dem gemeindlichen Sportfeld  die Kreis-Schülermehrkampfmeisterschaften statt.

Am Samstag,dem 1. Juni gab es dann eine Tanzparty mit dem bekannten „Gloria Sextett“ und am Sonntag, dem 2. Juni, “.  gab es abends 5 Stunden lang Original Blasmusik mit dem von Funk-und Fernsehen und von Schallplatten bekannten Orchester „Böhmerwald-Musikanten“ Am  Montagmorgen endete dann das Fest mit dem bekannten und beliebten Frühschoppen der SKV bei reichlich Gegrilltem.In dieser Zeit des 50-jährigen Bestehens war Hans Fuchs Vorsitzender und Ludwig Müller 2. Vorsitzender der SKV.Eine vom Verein herausgegebene Festschrift berichtet über die Entwicklungsphasen des Vereins und über das Angebot an sportlichen und kulturellen Möglichkeiten, die der Verein zu bieten hat.

Neues Gemeindehaushaltsrecht.

Ab dem Jahr 1974 gab es eine Änderung des Gemeindewirtschaftsrecht. Dies erforderte von der Verwaltung eine immense Umstellungsarbeit bei der Aufstellung des Haushaltsplanes. Aus dem seitherigen „ordentlichen Haushalt“ wurde jetzt ein „Verwaltungshaushalt „ und aus dem „außerordentlichen Haushalt „ wurde jetzt ein „Vermögenshaushalt“. Zudem musste für jeweils  einen Planungszeitraum von vier Jahren eine Finanzplanung sowie ein Investitionsprogramm erstellt werden.

So legte der Bürgermeister, obwohl erst ab 1974 vorgeschrieben,bereits jetzt den Fraktionen ein Investitionsprogramm für die Jahre 1972 –1975 vor. Dieses Programm enthielt die logische und konsequente, damals vorausschaubare Entwicklung der Gemeinde Nauheim und war bis zum Jahre 1975, bis auf wenige Ausnahmen umgesetzt. Natürlich ist bei einem solchen Investitionsprogramm über mehrere Jahre eine jährliche Überarbeitung erforderlich.

Das erste im Haushalt  dargestellte Investitionsprogramm  erfolgte für die Jahre

1974 –1977 mit einem Gesamtvolumen von 3,5 Millionen DM.

 

Der Haushalt der Gemeinde1974  und der vorgelegte Nachtrag.

Gegen die Stimmen der CDU wurde der Haushalt 1974 verabschiedet.

Beschlossen wurden damit auch erstmals die Durchführung von Ferienspielen für Kinder, die in den Ferien zuhause bleiben und nicht mit ihren Eltern in Urlaub fahren können. Die Ferienspiele wurden von den Jusos angeregt und auf Antrag der SPD beschlossen. Rund 14.000.- DM wurden dafür zur Verfügung gestellt.

Mit dem Projekt „Kinderspielplatz im Ochsengrund“, dem Bolzplatz und einer öffentlichen Grünanlage wurden 200.000.- DM eingesetzt. Schon im zweiten Jahr

kam jetzt die Gemeinde ohne die Aufnahme von Krediten aus.

Das Haushaltsvolumen des Jahres 1974 belief sich im:

Verwaltungshaushalt bei Einnahmen und Ausgaben auf:   6.039.349.- DM

Vermögenshaushalt  bei Einnahmen und Ausgaben auf:    3.418.564,-  DM

Bei den Ansätzen des Vermögenshaushalt  handelte es sich im besonderen um die konsequente und logische Fortsetzung kommunaler Maßnahmen, den Beschlüssen des Parlamentes entsprechend.

Eine Erhöhung der Grundsteuer B von 140 v.H. auf 160 v.H. bringt Mehreinnahmen von 21.000.-DM. Dagegen steht allerdings die Senkung der Grundsteuer A von 340 v. H. auf 320 v.H., womit einer Forderung der Landwirtschaft Rechnung getragen wurde.

In der Diskussion um den Haushalt wurde dieser vom Sprecher der SPD als ein „Haushalt der Sparsamkeit“ bezeichnet, währendem der Sprecher der CDU von einer „verfehlten Finanzpolitik“ sprach.

Interessant festzustellen ist, dass bei dem Stand der voraussichtlichen Rücklagen es sich bei den „allgemeinen Rücklagen“ um eine Summe von 2.531.399,97 DM und bei den Waldrücklagen um 79.883,28 DM handelt.

Nachtragshaushalt abgelehnt.

Erstmals geschah es, dass ein Parlament einen Nachtragshaushalt ablehnte.

Es drehte sich um den Nachtrag zum Haushalt 1974.Hier waren für den Einbau von Duschen in das Gebäude des Seehotels DM 16000. als Ausgabe eingesetzt. Da diese Ausgabe der Zustimmung des Bau- und Raumplanungsausschusses bedurft hätte, da der Gemeindevorstand nur Aufträge bis 10.000.- DM vergeben konnte, lehnte das Parlament  den vorgelegten Entwurf des Nachtrags ab. Der Einbau der Duschen in der Hotelgasstätte, führte ebenfalls in der Gemeindevertretung  zu einem Eklat.

Die ersten Ferienspiele.

Am 25.Mai 1974 brachte die SPD Nauheim im Gemeindeparlament in einem Antrag den Vorschlag ein, für Kinder, die aus sozialen Gründen nicht mit ihren Eltern in Urlaub fahren können „Ferienspiele“ durchzuführen.

Folgende Gründe der SPD waren der Grund für diesen Vorschlag:

(Entnommen aus dem Bericht der Betreuer nach Ende der Ferienspiele)

a)    „Kurzarbeit bei Opel- von daher für einen Großteil der Nauheimer Kinder keine Möglichkeit in Urlaub zu fahren.

b)    Die Verständigung der Bewohner des Neubaugebietes sollte dadurch gefördert werden.

c)    Für die Altersgruppen zwischen 6 und 10 Jahren bestand kein anderes Ferienangebot vom Kreis bzw. vom Land aus.

d)    Die Landtagswahlen stehen bevor, solche Art von Veranstaltungen  können sehr nützlich für die Publicity sein.

Dieser Antrag der SPD auf Veranstaltung von Freienspielen wurde gegen die Stimmen der CDU/Fraktion angenommen.

Bürgermeister Reitz, so heißt es weiter hatte von Anfang an Bedenken,(zeitliche und personelle Überlastung der Bediensteten.) schloss sich aber dann dem Mehrheitsbeschluss an.

So wurde(bereits vor der Beschlussfassung) am 21. Mai 1974 mit der Organisation der Ferienspiele begonnen.

Die Planung sah vor, 12 Sozialpädagogen mit der Betreuung von 100 Kindern zu beauftragen. Zwei der Betreuer waren als sogenannte „Springkräfte“, die sich in erster Linie um organisatorische Aufgaben zu kümmern hatten, vorgesehen.

Von der Gemeindevertretung wurden DM 10.000.-  zur Verfügung gestellt. Die Information der Bevölkerung erfolgte durch 700 Briefe, die an Haushalte mit Kindern in diesem Alter verschickt wurden und durch den Gemeindeanzeiger.“

Die Aktion kam bei den betroffenen Eltern gut an, sodass am Ende 120 Kinder zur Teilnahme gemeldet wurden. Dies bedeutet ,dass die Zahl der Betreuer auf 12 erhöht  werden musste,

um eine einwandfreie Betreuung der Kinder zu gewährleisten.
So bestand das damalige Betreuerteam aus:

3 Praxisanleiterinnen,

1 mitarbeitende Mutter

11 Studenten der Fachhochschule Darmstadt, Fachbereich Sozialpädagogik

eine Praxisanleiterin  sowie 1 Betreuerin fielen durch Urlaubsantritt  bzw. Amtspraktikum in der dritten Woche aus. Für diese Betreuerin konnte sodann eine Ersatzperson verpflichtet werden. Von den Praxisanleiterinnen war eine ganztägig, die beiden anderen nur halbtags  anwesend.

Die Ferienspiele wurden sodann mit folgenden Aktionen im Bereich des Sportgeländes, durchgeführt:

Hüttenbau, Basteln- Werken –Malen-, Theaterspielen, Musik, der Erarbeitung einer Lagerzeitung, Sport- und Beschäftigungsspielen, Geländespielen, Schlammspielen und Schwimmen sowie Elternabenden, die jeweils gut besucht waren.

Kinderprotest beim Bürgermeister:

An einem heißen Ferientag wollten die Kinder, entgegen dem vorgesehenen Programm

ins Treburer Freischwimmbad zu schwimmen fahren.  Da aber dafür keine Mittel mehr vorhanden waren und der Bürgermeister diesen Wunsch ablehnen musste, protestierten die Kinder mit ihren Betreuern, mit Forderungsrufen wie: „Wir wollen schwimmen gehen –Bürgermeister gib uns Geld“ vor dem Rathaus, in das sie dann hineingingen um den Bürgermeister zu sprechen. Der Bürgermeister erklärte den Kindern die Situation, wobei es ihm gelang Verständnis bei den Kindern zu erhalten. Zum Lohn spendierte er den Kindern dann ein Eis. Dies wiederum deuteten die Betreuer dahingehend, dass doch Geld da gewesen sein musste gedeutet, wussten aber nicht, dass dies der Bürgermeister aus den ihm zur Verfügung stehenden Verfügungsmitteln bezahlte.

Die ersten  Ferienspiele wurden jedoch zu einem vollen Erfolg, wenn man von einigen kleinen Unwägbarkeiten bei der Veranstaltung absieht. Kinder, Eltern und Gemeinde

waren voll zufrieden, wie dies auch aus dem gedruckten Bericht, gemäß Auflage des Gemeindevorstandes, deutlich wurde.

Kiesgrube im Oberwald.

Der zuständige Umweltausschuss der Gemeinde, hat  der weiteren Ausbeute der Kiesgrube im Oberwald, durch die Fa. Mitteldorf, zugestimmt. Dadurch hat die Gemeinde jährliche Einnahmen von 60.000.- DM zu erwarten.

Das Baugebiet „Der Wolfsberg“.

In der letzten Sitzung der Gemeindevertretung befasste sich das Gemeindeparlament mit der Planung des neuen Baugebietes “Der Wolfsberg“.

Vorgelegt wurde  ein 2. Entwurf , der im April vom Gemeindevorstand beraten

und an die Fraktionen zur Beratung weitergeleitet wurde. Der Bürgermeister erinnerte daran, dass, infolge der hohen Nachfrage nach Bauplätzen, eine baldige Entscheidung herbeizuführen sei. Durch die Besitzverhältnisse der Grundstücke in diesem zukünftigen Baugebiet, 36% im Besitz der Gemeinde und 64% in Privatbesitz, war zudem noch eine Baulandumlegung nicht zu umgehen.

In diesem 2. Bebauungsplanentwurf  sind vorgesehen:

16 Bauplätze für mehrgeschossige Wohnhäuser( 3-5 Geschosse)

222 Bauplätze für Einfamilien –und Doppelwohnhäuser

58 Bauplätze für Einfamilienreihenhäuser

1 Bauplatz für ein Bürgerhaus mit den notwendigen Parkplätzen

1 Bauplatz für eine Schwimmhalle  mit den notwendigen Parkplätzen

1 Bauplatz für ein Altenwohnheim  mit Parkplätzen

sowie eine ruhige ungefährdete Verbindung eines Grünweges  von dem Wohnpark „Im Teich „ zum Wohngebiet „Der Wolfsberg“

Nach dem Umlegungsverfahren änderten sich die Besitzverhältnisse. Jetzt waren 16 ha (55%) in Gemeindebesitz und 13 ha (45%) in Privatbesitz.

Insgesamt 300 Anträge auf Zuteilung eines Bauplatzes lagen der

Gemeindeverwaltung vor, davon 154 von Nauheimern und 146 von auswärtigen Bewerbern. Außerdem gab es 10 Interessenten auf Erbbaupachtgelände. Eine weitere Vormerkliste über schriftliche ,zum Teil auch mündliche Anfragen, enthält 113 Eintragungen (auswärtige Interessenten), wobei die Anträge bis ins Jahr 1969 zurückgehen. In der Gemeindevertretersitzung im August 1976 geriet das neue Baugebiet in einen heftigen Meinungsstreit zwischen SPD und CDU.  Jede Partei nahm für sich in Anspruch den größten Verdienst am Zustandekommen der Planung zu diesem Baugebiet zu haben. Die CDU beschuldigte die SPD an der entstandenen Verzögerung, was wiederum die SPD der CDU vorwarf. Letzen Endes jedoch wurde in dieser Sitzung dem Bebauungsplanentwurf „Wolfsberg“ einstimmig Zustimmung erteilt, sodass der Entwurf öffentlich ausgelegt werden konnte.

Im Dezember1976 fand sodann, entsprechend der Bestimmung der „Hessischen Gemeindeordnung“  ab dem 1.1.1977, eine Bürgerversammlung im vollbesetzten Saal „Ruhland“ statt. Zu Beginn der Versammlung erläuterten die Planer der Planungsgenossenschaft Darmstadt den Bebauungsplan „Der Wolfsberg“. Sie erklärten, dass das vorliegende Konzept die Allgemeinfläche  auf jetzt 10 Hektar anwachsen lässt, was über 31 % der Gesamtfläche ausmacht. Die verbleibenden 19,5 Hektar würden in 321 Privatparzellen aufgeteilt, wovon 48 Parzellen mit Reihenhäusern bebaut werden sollen.

Im Juli 1977 zeichnet sich eine Verzögerung in der Erschließung des Baugebietes ab, als der Regierungspräsident in Darmstadt den Bebauungsplan ablehnt. Dieser verlangte einige ,nicht sehr problematische, Änderungen des Bebauungsplanes. In einem Gespräch des Bürgermeisters mit dem Beigeordneten Hans Förster und dem Leiter des Kreisbauamtes Herrn Kreisbaudirektor Böttcher, konnten wesentliche Bedenken des Regierungspräsidenten ausgeräumt werden. So wurde dann die für die Gemeinde tätige Planungsgenossenschaft Darmstadt, mit der Änderung des Bebauungsplanes bezüglich den Vorstellungen des Regierungspräsidenten beauftragt.

Die örtliche CDU, bezeichnete den Bebauungsplan Wolfsberg als “Paradepferd der SPD“  und sie könne nichts dafür, dass nun in der Planungsphase der Fluglärmerlass der hessischen Landesregierung dazwischen gekommen ist und deswegen umgeplant werden müsse.

Im Juli 1979, kann nun die Gemeinde ein notwendiges Projekt für den Wolfsberg in Angriff nehmen. Dabei handelt es sich um die Pumpstation für den Sammler. Für diese Pumpstation waren überschlägig DM 350.000 Kosten errechnet worden. Jetzt jedoch ergab eine Ausschreibung Kosten von DM 530.000.- DM , wobei der teuerste Bieter jedoch bei 800.000.- DM lag. So erfolgte auch die Auftragserteilung an den Bieter mit DM 530.000.

Das „Feldchen “ Filetstück der Gemeinde.

Die  in einem Vorentwurf des Bebauungsplanes „Der Wolfsberg“ vorgesehene Fläche für Allgemeinbedarf  von 3,3 ha., zwischen Rüsselsheimer Straße und Hermann Lönsstraße,  wurde später bei Verminderung der Bauplätze für mehrgeschossige Bebauung in den Bereich zwischen dem gemeindlichen Bauhof an der Ecke Waldstraße /Berzallee und der Rüsselsheimer Straße verlegt. Bei diesem Bereich handelt es sich um das sogenannte „Filetstück“ der Gemeinde. Die bauliche Gestaltung dieses Bereiches war Jahre lang Gegenstand parlamentarischer Diskussionen.Bis heute dem Jahr 2000 konnte man sich nicht einigen, obwohl man durch Bebauungswettbewerb, dem Ziele einer endgültigen Gestaltung, etwas näher gekommen ist.Das ebenfalls in diesem Bereich vorgesehene Altenwohnheim wurde dann später mitten im Baugebiet Wolfsberg in der Adenauerallee von einem privaten Investor errichtet. Als einzige Baumaßnahme wurde in 1975 das neue Feuerwehrgerätehaus an der Waldstraße, im Bereich dieses Filetstücks, seiner Bestimmung übergeben. Mit dem Feuerwehrbau konnte begonnen werden, nachdem der in diesem Bereich liegende „Alte Nauheimer Friedhof“ geschleift worden war.

Entwässerung „Im Teich“-die Kontroverse.

Ein erster Höhepunkt der Auseinandersetzungen mit dem Bürgermeister war,

als der Bau- und Raumplanungsausschuss bei einer Begehung des Baugebietes „Im Teich“ feststellte, dass dieses Baugebiet im Mischsystem, mit einem Übergabewerk bei Hochwasser an den Vorfluter Schwarzbach und nicht, wie im Erschließungsvertrag festgelegt, im Trennsystem entwässert wurde.

Schon wenige Tage später schrieb die Frankfurter Rundschau :

“Abwasserskandal in Nauheim“.

Das Gemeindeparlament jedoch und auch die Fraktionen waren davon informiert worden, dass gemäß Festlegung des Wasserwirtschaftsamtes beim Regierungspräsidenten ,nach eingehender Prüfung, gemeinsam mit dem von der Gemeinde beauftragten Ing. Büro Leis- Bodora, zu dem Ergebnis kamen, dass dieses Baugebiet ,um Schaden von der Gemeinde abzuwenden, nur im Mischsystem entwässert werden kann. Die SPD und auch die CDU aber konnten sich an diese Information und ihre Beschlüsse hierzu nicht mehr erinnern.

So kam es zu heftigen Auseinandersetzungen im Parlament, als durch Antrag der SPD vom Bürgermeister gefordert wurde, die Fa. Kaufmann und Broad zu veranlassen das Baugebiet im Trennsystem zu entwässern. Dies jedoch hieße, dass der Bauträger, das bereits genehmigte und ohne Beanstandung abgenommene Entwässerungssystem, wieder herausreißen müsse, um das Trennsystem einbauen zu können.

Dem  Bürgermeister blieb jedoch nichts anderes übrig, das zu tun, was noch kein Bürgermeister im Kreis tun musste, nämlich diesem Beschluss zu widersprechen, was er sodann auch tat. Gleichzeitig forderte er auch das Parlament auf den Rechtsweg zu beschreiten, wenn das Parlament der Auffassung ist, dass der Bauträger durch Einbau eines anderen als im Erschließungsvertrags festgelegten Systems entwässert hat.

Das Rüsselsheimer Echo schrieb hierzu:

„Die SPD –Fraktion ging in der Dringlichkeitssitzung aber mit einem ihrer Anträge sicherlich etwas zu weit, als sie den Gemeindevorstand veranlassen wollte, sofort alle Arbeiten an der Kanalisation in diesem Baugebiet zu stoppen und praktisch verlangte, dass alle bereits gebauten Straßen aufgerissen würden ,um das eingebaute Kanalsystem zu ändern. Da diese System von der zuständigen Behörde genehmigt ist ,verstieß dieser Beschluss eindeutig gegen das Recht und der Bürgermeister musste, der Hessischen Gemeindeordnung folgend, Widerspruch einlegen“.

Auch hielt man dem Bürgermeister vor, den Erschließungsvertrag eigenmächtig

bezüglich der Entwässerung geändert zu haben. Der Vertrag jedoch wurde, wie vom Parlament beschlossen, vom damaligen Beigeordneten Heinz Elfner und dem Bürgermeister, beim Notar Merle, Nauheim, unterzeichnet, so auch vom Vertreter der Fa. Kaufman & Broad-Mister Barton Fenmore.

Auch vier Wochen später machte der Bürgermeister von seinem Beanstandungsrecht erneut Gebrauch, sodass der Gang zum Verwaltungsgericht unvermeidlich wurde. In dieser, am 13. Dezember 1973 stattgefundenen, Gemeindevertretersitzung beauftragte das Parlament die Gemeindevertreter Engroff, Pitzer und Lang, Klage beim Verwaltungsgericht zu erheben. Auch wurde in der Dringlichkeitssitzung am 5.11.73 ein Untersuchungsausschuss gebildet, der sich aus Gemeindevertretern der SPD und der CDU zusammensetzte. Der Ausschuss, der sich noch in der gleichen Sitzung konstituierte, sollte innerhalb eines Monats Bericht erstatten. Bis heute jedoch wurde dem Parlament kein Bericht vorgelegt

Also kam es zu einem Prozess Gemeindeparlament gegen den Bürgermeister.

In einer Klageschrift  führten die Anwälte der Gemeinde hierzu folgendes aus:

„....hier ist es aber offensichtlich so, dass der Beklagte (Bürgermeister)eigenmächtig wie ein souveräner Feudalherr des Mittelalters  nach eigenem Gutdünken mit der Beigeladenen (Fa. Kaufman & Broad) ein Entwässerungssystem ausgehandelt hat, welches zwar nicht gegen die baurechtlichen Vorschriften verstößt, aber immerhin doch gegen den Willen des hier maßgeblichen Organs der Gemeinde Nauheim.....“

Der erste Termin dieses Prozesses war am 27. Juni 1974. Der letzte Prozess fand dann am 31. Januar 1975 statt. Im Urteil richtete der Vorsitzende Richter den Appell an die Parteien, sich im Interesse der Gemeinde, in der vom Gericht vorgeschlagenen Form, zu einigen, um den Weg für Verhandlungen mit der Fa. Kaufman & Broad freizumachen.

Im Ergebnis des Urteils fasste die Gemeindevertretung am 3. März 1975, auf Veranlassung des Verwaltungsgerichtes folgenden Beschluss:

“Die Gemeindevertretung beauftragt den Gemeindevorstand mit der beigeladenen Fa. Kaufman & Broad wegen der Rechtsfolgen aus der geänderten Durchführung der Entwässerungsanlage im Baugebiet „Im Teich“ in Abweichung der §§ 7 + 8 Abs. 4 des Erschließungsvertrages in Verhandlung zu treten und Rechte daraus evtl. prozessual geltend zu machen“

Durch diese erneute Beschlussfassung wird deutlich, dass es sich bei diesem Auftrag an den Gemeindevorstand um nichts anderes handelte als das, was der Bürgermeister schon in seiner Beanstandung vorgeschlagen hatte, d.h. man hätte sich das ganze Theater mit dem Prozess sparen können. Das Gemeindeparlament aber hatte sich auf den Konflikt mit dem Bürgermeister festgelegt.

Die Sozialdemokraten und ihr Bürgermeister.

Der große Wahlsieg der Sozialdemokraten mit dem Bürgermeister als Spitzenkandidat, hätte eigentlich erwarten lassen, dass die Partei mit ihrem Bürgermeister, den sie noch im Wahlkampf über den grünen Klee gelobt hatten, sehr zufrieden sein kann. Auch der Bürgermeister selbst fühlte sich aufgrund des Wahlergebnisses in seiner fortschrittlichen, guten Arbeit für diese Gemeinde bestätigt. Doch schon gleich nach der Wahl kam es in der Frage der Konstituierung des Gemeindevorstandes, zur ersten heftigen Auseinandersetzung zwischen Reitz und der Partei. Die Sozialdemokraten wollten den seitherigen Ersten Beigeordneten Willi Keylwerth durch einen Neuling auf dem Gebiet der Kommunalpolitik, nämlich Kurt Alsdorf, besetzen. Man müsse, so sagte man, einen Mann in dieses Amt bringen, der dem Bürgermeister auf die Finger schaut. Kurt Alsdorf wurde zwar Mitglied des Gemeindevorstandes, doch Rolf Teichmann wurde

Erster Beigeordneter.

Bürgermeister Reitz soll gehen.

Wieder ein neuer Bürgermeister- Ausschreibung beschlossen.

Am 17. Dezember 1974 beschloss das Gemeindeparlament, auf Antrag der CDU, der ohne Begründung blieb, für die im Jahre 1975 anstehende Bürgermeisterwahl, die Ausschreibung der Bürgermeisterstelle. Die Sozialdemokraten, von diesem Antrag überrascht, da in solchen wichtigen Entscheidungen die Parteibasis zu hören ist, brachte einen eigenen Antrag ein, worauf die CDU den ihren zurückzog. Mit der Annahme dieses Antrags war für den Bürgermeister klar, dass er zukünftig nicht mehr erwünscht war.

Die Zusammenarbeit zwischen Bürgermeister und SPD eskalierte.

Egal was der Bürgermeister auch tat, seine eigenen Genossen hatten nur eines im Sinn, nämlich ihren für die Partei unbequemen Bürgermeister los zu werden.

Bereits am 28. Oktober 1974, ein Tag nach dem für die SPD-Nauheim  schlechten Wahlergebnis, bei der tags zuvor stattgefundenen Landtagswahl, forderte die Führungssspitze der SPD Nauheim den Bürgermeister zum Rücktritt auf, mit der Begründung, der Bürgermeister sei an diesem schlechten Wahlergebnis schuld. Der Bürgermeister jedoch sah sich zu einem solchen Schritt nicht veranlasst, da es für ihn keine Gründe für einen solchen Schritt gab.

In einer von der SPD einberufenen Pressekonferenz wurde dann der Öffentlichkeit dargestellt, was man dem Bürgermeister vorwirft. Es war alles Kritik an der Politik des Bürgermeisters zu Maßnahmen die, allesamt mehrheitlich von der SPD im Parlament getragen wurden. So bezichtigte man ihn, dass die ganze Angelegenheit des Wohnparks „Im Teich „ das Ergebnis einer „Nacht und Nebelaktion „ des Bürgermeisters gewesen sei,obwohl dieses Projekt über ein Jahr beraten wurde und auch eine Besichtigung solcher Wohnparks  bei Paris , auf Einladung des Bauträgers, stattfand. Zudem wurde dieses Projekt mehrheitlich mit den Stimmen der SPD beschlossen. Sonst wäre es politisch gar nicht möglich gewesen dieses Projekt durchzuführen. Viel Kritik wurde angebracht an Maßnahmen, die nur durchgeführt werden konnten durch Mehrheitsbeschluss der SPD im Parlament. Hinzu kamen persönliche Verunglimpfungen des Bürgermeisters und seiner Familie, die oft bis an die Grenze des Unerträglichen gingen. Der Grund der Unzufriedenheit der SPD am Bürgermeister war, dass dieser nicht  unbedingter Befehlsempfänger der Partei sein wollte. Man forderte von ihm, dass er nur das zu machen hätte was die Partei ihm sagt und er nichts zu tun hat, ohne Zustimmung der Partei. Für Hermann Reitz bedeutete dies nichts anderes als das imperative Mandat. Hermann Reitz hatte schon bei seinem Amtsantritt versprochen, dass er kein Bürgermeister der Partei, sondern ein Bürgermeister für alle Bürger sein wolle. Diesem Wort ist er sodann bis zum Ende seiner Amtszeit treu geblieben. So ist es auch zu verstehen , dass die SPD ihm mitteilte, dass er weder Demokrat, noch viel weniger Sozialdemokrat sei. Die CDU, bestärkt durch die Angriffe der SPD gegen ihren Bürgermeister, fühlte sich in ihrer Einstellung zur Person des Bürgermeisters bestärkt und wusste noch andere Schwächen und angebliche Verfehlungen des Bürgermeisters aufzuzeigen. Dies jedoch  wurde damals unter dem Aspekt des politischen Gegners gesehen, den die CDU ohnehin nicht gewählt hat.

Nun zeigte sich die Zerstrittenheit der SPD in der Bürgermeisterfrage in seiner ganzen Tragik. Die Mehrheit der SPD-Fraktion stand hinter dem Bürgermeister, sodass der Fraktionsvorstand in seiner Gesamtheit zurücktrat. Ein neuer Fraktionsvorstand, alles Reitzfreunde, wurde gewählt. Die Gemeindevertreter Hanno Noll und Marga Engroff traten zurück.

Der Zurückgetretene Hanno Noll ( in späteren Jahren Gemeindevertretervorsteher) schrieb an den ehemaligen SPD-Fraktionsvorsitzenden und SKV- Vorsitzenden Hans Fuchs:

„ (.......)Das Grundübel besteht m.E. neben  der persönlichen Aversion der Genossen Werth, Engroff, Becker, Klose ,Glotzbach usw. gegen Hermann Reitz darin, dass man zwar die Neuwahl eines Fraktionsvorstandes (durch Fraktion und Vorstand) tolerierte- was hätte man auch anderes tun können, da man eigene Kandidaten nicht anbot ? –dieser Fraktionsvorstand aber handlungsunfähig bleiben muss, wenn er nicht Mehrheitsbeschlüsse der Fraktion, sondern im Grunde genommen des einseitig ausgerichteten PV(Parteivorstandes) auszuführen hat. Diese Misere und die aufgekommenen persönlichen Anfeindungen haben mich letztlich bewogen das Handtuch zu werfen, obwohl ich mir bewusst war ,damit manchen enttäuschen zu müssen.

Es ist aber sinnlos ,einer Fraktion anzugehören, deren Minderheit durch PV-Mitglieder zu einer Mehrheit erhoben wird, wodurch die Fraktion selbst zur Bedeutungslosigkeit verurteilt ist. So gern ich weiter mitgearbeitet hätte- aus Interesse an der Sache, im Interesse der Partei und nicht zuletzt von Hermann Reitz- es muss Zeitverschwendung sein, zumal man davon ausgehen muss, dass die og. Genossen sich nicht an Mehrheitsbeschlüsse (etwa der Mitgliederversammlung) werden gebunden fühlen. Die faktische Abwahl von Hermann Reitz durch CDU und ihr SPD-Anhängsel können wir nicht verhindern.

Es scheint mir nicht ausgeschlossen, dass weitere Reitz-Freunde wie ich aus der Fraktion austreten.

Ich fühle mich durch die Verhältnisse aus der Fraktion herausgeekelt. Die Quittung wird bei der nächsten Kommunalwahl präsentiert werden. Ob die Genossen dann wiederum mit der CDU „ihren“ oder besser „deren“ Sieg feiern werden.

Nun wurde für jeden deutlich ,dass der Bürgermeister nicht mehr zu halten war, sodass es für ihn nur einen Weg gab, um all den Demütigungen.  Verunglimpfungen und persönlichen Angriffen ein Ende zu bereiten.  Hinzu kam, dass durch üble Nachreden und den Verdacht der Korruption ein Prozess in einem Falle und in einem anderen Falle die Staatsanwaltschaft, durch Anzeige der SPD –Nauheim gegen den Bürgermeister ermittelt.  (In beiden Prozessen konnte man dem Bürgermeister nichts nachweisen-in einem Prozess wegen Untreue vor dem Gericht in Darmstadt erfolgte ein Freispruch.) Am Freitag, dem 22.11.1974  schrieb das „Rüsselsheimer Echo“ einen Kommentar zur

Situation in Nauheim ,der in seiner Aussage genau der gegebenen Situation entsprach:

„In den Mitteln nicht wählerisch“

DieAuseinandersetzungen in der Nauheimer SPD –Fraktion steuern augenblicklich ihrem Höhepunkt entgegen. Inzwischen wird auch klar, dass es keineswegs mehr ein Streit mit dem Bürgermeister Hermann Reitz ist, sondern Fraktion und Parteivorstand sind in vollem Umfang erfasst. Der Fraktionsvorstand ist zurückgetreten und hat wohl auch einsehen müssen, dass er sich bestenfalls nur noch auf die Hälfte  der SPD-Gemeindevertreter stützen kann.

So interessant die politische Seite der Angelegenheit auch ist, so bedauerlich sind die Mittel, mit denen hier Genossen aufeinanderschlagen., und einigen von ihnen scheint am Ruf des Bürgermeisters nur noch wenig zu liegen. Was in den letzten Wochen und Monaten über Hermann Reitz an Verleumdungen ausgeschüttet wurde ,übersteigt das Maß das unter gesitteten Menschen üblich sein sollte, und offensichtlich scheint es nicht jedem Reitz-Gegner darum zu gehen, sich mit dem Bürgermeister politisch auseinander zu setzen, sondern dessen Ansehen restlos zu ruinieren.

Ihm werden Verfehlungen vorgeworfen, obwohl nachgewiesenermaßen die Aufsichtsbehörde  bis jetzt keine Veranlassung gezeigt hat, ein Verfahren einzuleiten. Überraschend angesetzte Prüfungen durch das Kreisrechnungsprüfungsamt haben nichts zutage gefördert.

Die Klage wegen Verleumdung gegen Gemeindevertretervorsteher Rudi Klose

Ist zwar kostenpflichtig vom Amtsgericht Groß-Gerau abgewiesen worden, und auch die Beschwerde beim Landgericht hat dem Nauheimer Bürgermeister wenig eingebracht, aber Urteil und Urteilsbegründung sagen deutlich aus, dass nicht der geringste  Hinweis entdeckt worden ist, der die Behauptungen von Klose gegen Reitz rechtfertigen würde. Einziger Grund der Abweisung: „ Das Amtsgericht geht davon aus, dass Klose bei seinen Behauptungen im Interesse  des Gemeinwohls gehandelt hat.“ Wer also vorgibt , im Gemeinwohl zu handeln, dem wird erlaubt- so und nicht anders ist das Urteil zu verstehen- Verleumdungen gegen den Bürgermeister zu verbreiten, auch wenn diese jeder Grundlage entbehren.

Was in Nauheim in kurzer Zeit gegen Hermann Reitz läuft , zielt auf moralische  Vernichtung ab. Bei allen unterschiedlichen politischen Auffassungen, die bekanntlich auch innerhalb Genossenkreisen auftreten können und die auch respektieret werden können, stellt sich doch die Frage , ob die Mittel im Streit noch angemessen sind und im rechten Verhältnis  zu den Vorwürfen stehen.

Einen Vorwurf muss man Hermann Reitz machen: Viel zu lange hat er sich gegenüber allen Anfeindungen aus seiner eigenen Partei zurückhaltend verhalten, sich nur dort verteidigt, wo es unumgänglich schien. Längst wäre es an der Zeit gewesen in aller Offenheit und Öffentlichkeit die Fakten von seiner Seite auf den Tisch zu legen. Er hätte so manchen Vorwurf gegen sich damit schon im Frühstadium entkräften können und sich selbst Ärger erspart. Um Kommunalpolitik geht es in dem Streit schon lange nicht mehr, sondern es fragt sich ,ob hier nur noch grenzenloser Hass abreagiert werden soll, wobei jedes Mittel von Rufschädigung recht ist. Wer Vorwürfe erhebt , der sollte sie auch beweisen können. (Manfred Ruppel)

Was man in diesen Tagen in Anbetracht dieser Nauheimer Situation in den Zeitungen  zu lesen bekam, nannte man „die typischen Nauheimer Verhältnisse“. Schon lange Zeit wartete man täglich, was es Neues über Nauheim in der Presse zu lesen gab. In Betrieben und anderen Orten des Kreisgebietes schlug man täglich zuerst die „Nauheimer Seite“ auf um sich über das was in diesem Orte passierte

zuerst zu informieren. Über lange Zeit kam Nauheim nicht mehr von den Negativschlagzeilen weg, die Nauheimer Bürger selbst schämten sich ob dieser

Vorgänge in ihrem Ort. Aber die Situation in Nauheim war noch lange nicht geklärt.

Die Abberufung des Bürgermeisters.

Am Freitag dem 31. Januar 1975 , just an dem Tag an dem auch das Verwaltungsgericht in Darmstadt in der Sache: „Entwässerung des Baugebietes „Im Teich“ im Prozess Gemeindevertretung gegen den Bürgermeister, entschied stand auch die Abberufung des Bürgermeisters auf der Tagesordnung.

Was an diesem Tag in Nauheim passierte, erzählt der Zeitzeuge und selbst Betroffene Hermann Reitz.

„Schon früh am Morgen, als ich meinen Dienst im Rathaus antrat, fand ich auf den Stufen zum Rathaus ein Flugblatt mit folgendem Inhalt:

„PROTEST

Bürger von Nauheim, wollt ihr zulassen, dass unser Bürgermeister Hermann Reitz aus für Euch undurchsichtigen Gründen abgewählt wird ???

Kommt deshalb  zur PROTESTAKTION am Freitag, dem 31.1.1975 um 18:30 Uhr vor dem Sitzungssaal der Gemeinde an der Sporthalle des SKV- Nauheim.

Bürgerinitiative Nauheim“

Diese Flugblätter wurden in der Nacht in ganz Nauheim verteilt. Ich begriff sofort was

dies bedeutete und rief den Landrat an um ihm dies mitzuteilen. Dieser wiederum informierte die Polizei, die am gleichen Abend rund um den Sitzungssaal der SKV-Halle mit einer Hundertschaft Polizei anrückte, um eventuellen Ausschreitungen entgegenzutreten. Aus dem Flugblatt wurde mir auch klar, dass sich Freunde von mir in einer „Bürgerinitiative Nauheim“ zusammengeschlossen haben müssen um diese Aktion zu starten.

Am Abend jedoch kamen wie berichtet, nahezu tausend Nauheimer Bürger, um gegen die Abberufung zu demonstrieren. Im Sitzungssaal selbst und auch im Treppenhaus standen die Bürger, genauso wie im Hof vor der SKV-Halle dichtgedrängt und lauschten den Worten eines Bürgers, der mittels eines Megaphones die Demonstranten ständig informierte. Wie ich später aus der Presse las, fielen auch böse Worte gegen die Gemeindevertreter. Alles was zu diesem Zeitpunkt rund um die SKV-Halle und im Sitzungssaal geschah glich der Hölle. Doch die Polizei musste nicht eingreifen. Was an diesem Abend jedoch die Gemeindevertreter, durch die Demonstranten etwas aus dem Häuschen gebracht, von sich gaben um die Abberufung des Bürgermeisters zu rechtfertigen, konnte auf einem Tonträger festgehalten werden und entbehrte nicht einer gewissen Komik.

So führte ein der SPD Angehöriger, unter starkem Gelächter aus:“ Ich will eich emol sage wer eiern Hermann Reitz iss- immer nur war er fer die Amis da- aber nie fer die Naumer Bürger“. Ein anderer SPD Vertreter wiederum sagte: „Wenn mer eich so hört, do kennt mer glaabe de Bürgermeister wär de größte Stromer der in Nauem erum leeft“.

Ein anderer wiederum gab als Grund der erforderlichen Abberufung ein: „über die  noch nicht fertiggestellte Rüsselsheimer Straße herausragender Kanaldeckel an.“ Unten im Hof sammelte man Unterschriften für Hermann Reitz mit denen man forderte,dem Bürgermeister in einer öffentlichen Veranstaltung Gelegenheit für seine Rechtfertigung zu geben. Insgesamt wurden so 450 Unterschriften an diesem Abend gesammelt.

Am Ende der Abberufungssitzung gab Gemeindevertretervorsteher Klose noch ein Statement ab, das wiederum für viel Aufregung sorgte.

Er führte aus: 

Wir haben heute eine schwere Entscheidung getroffen und zwar eine Entscheidung für die Demokratie und gegen Gewalt und gegen Drohung und gegen Terror. Sie haben eine mutige Entscheidung getroffen für Sauberkeit und wir wissen alle gegen Korruption  und wir haben hier eine Entscheidung getroffen für das Gesetz und nicht für Rechtsbrecher und gegen Rechtsbrecher haben wir gehandelt, gegen Selbstherrlichkeit. Wir haben eine ganz klare Entscheidung getroffen für Vertrauen zwischen Bürgermeister und Gemeindevertretung im demokratischen Sinne und gegen Rechtsbeugung

und Missachtung der Beschlüsse der Gemeindevertretung und wem das noch nicht klargeworden ist der sollte in den nächsten 4 Wochen aber ganz gründlich

darüber nachdenken, das sage ich ihnen meine Damen und Herren- und jetzt ist die Sitzung geschlossen.“

Diese Abschlussworte des Parlamentsvorsitzenden hatte jedoch noch ein rechtliches Nachspiel.

Nach der „Hessischen Gemeindeordnung“ müssen solche Abberufungsbeschlüsse  nach 4 Wochen wiederholt werden. Damit will man dem Beschlussorgan die Möglichkeit geben nochmals intensiv über ihre gefasste Entscheidung nachzudenken.

Die 2. Abberufungssitzung fand sodann am 3. März 1975 statt. Mit diesem Beschluss, der wiederum einer  2/3 Mehrheit bedurfte war der Bürgermeister endgültig aus dem Amt, sodass ihm am 4.3. 75 schon morgens früh vor acht Uhr auf der Straße seine Abberufungsurkunde, durch den Feldschutzobermeister Willius, überreicht wurde.

Bei diesem 2.Abberufungsbeschluss kam es zu einem neuen Eklat, als Gemeindevertretervorsteher Klose im Schlusswort erneute Polemik in das Geschehen  brachte, indem er das Geschehen vom 31.1.1975 durch einige wenige Unverantwortliche  zu vergleichen sei mit denen, die jetzt in Berlin ihr unverantwortliches Tun demonstrieren.“( bei diesem „Tun“ in Berlin handelte es sich um den von Terroristen entführten Berliner  Senatspräsident Lorenz, was damals eine ganze Nation beunruhigte.)

Die neugegründete „Kommunalapolitische Bürgerinitiative Nauheim e.V“ (KBI) verlangte in einem Schreiben an den Parlamentsvorsteher dessen Entschuldigung für diese verbale Entgleisung.

In dem „Nauheimer  Gemeindespiegel“ dem Bekanntmachungsorgan der Gemeinde vom 28. Februar 1975, verabschiedete sich der Bürgermeister von den Nauheimer Bürgern

wie folgt:

„Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger!

Am kommenden Montag, dem 3.3.1975 wird das Gemeindeparlament den

2.Abberufungsbeschluss fassen, worauf ich sodann am 4. 3.1975, nach

5 ½ -jähriger Amtszeit aus meinem Amt scheiden werde. Ich nehme die Gelegenheit zum Anlass, noch einige Worte an sie alle liebe Mitbürger ,zu richten, um Dank zu sagen für all die mir während meiner Amtszeit gewährte Unterstützung in diesem sicher nicht leichten Amt des Nauheimer Bürgermeisters. Ich möchte all denen danken die in der richtigen gegenwärtigen Einschätzung der kommunalpolitischen Situation an mich glauben und für mich einstehen. Sie können dies auch mit gutem Gewissen tun und ich hoffe ,dass ich Gelegenheit bekomme auf irgendeine Art alle gegen mich erhobenen Vorwürfe beweislich zu widerlegen. Gleiches mit Gleichem zu vergelten liegt mir jedoch fern.

Immer wieder wird als Motiv der Abberufung auf der einen Seite mein eigner Wunsch genannt, auf der anderen Seite  aber anhand einer Reihe von Beschuldigungen  der Öffentlichkeit die Notwendigkeit der Abberufung deutlich gemacht.

Richtig ist ,dass auf beiden Seiten keine Basis  für eine weitere Zusammenarbeit  mehr gegeben war, da bereits im Dezember das Parlament durch den Ausschreibungsbeschluss dem Bürgermeister bescheinigte, dass er zukünftig nicht mehr erwünscht ist, sodass von mir als einziger Ausweg, zur Lösung des Problems, die Abberufung gesehen werden konnte.

Doch warum ?

Die Gründe hierfür legte ich, wie folgt, dem Landrat nach einem vorrausgegangenen Gespräch am 27.1. 1975 wie folgt ,schriftlich dar, um endlich der menschlich und politisch nicht mehr erträglichen Situation ein Ende zu bereiten.

Für mich ist es unerträglich und auch unzumutbar weder in Verwaltung  noch  im Parlament  bis zum Ende meiner Amtszeit weiterzuwirken, da auch nicht mit einem Ende der seit mehr als 2 Jahren andauernden Angriffe gegen meine Person, mit all den bis ins kriminelle gehenden Unterstellungen, Diffamierungen, üblen Nachreden und Drohungen, die sogar meine Familie mit einbeziehen, gerechnet werden kann.

Öffentlichkeit sowie meine Mitarbeiter der Verwaltung haben ein Recht darauf, dass schon bald die bestehende Unsicherheit beseitigt wird und wieder normale Verhältnisse einkehren, sowie im Interesse der Bürger wieder Politik gemacht werden kann.

Es kann nicht übersehen werden, dass die ständigen, oft unbegründeten  und unnötigen, Angriffe gegen mich und die Verwaltung mich und meine Mitarbeiter übermäßig in unseren eigenen Aufgaben behindern und somit zwangsläufig erneut Konfliktstoff entstehen muss.

Das Suchen in den Krümeln würde kein Ende nehmen, denn unproduktiver Leerlauf in der Verwaltung, Ärger und Gezänk  erschweren die kommunale Arbeit und bringen neue Schwierigkeiten.

Aus all dem Gesagten ergibt sich die Konsequenz, dass als einziger Ausweg aus der Situation die schnellstmögliche Abberufung aus dem Amt des Bürgermeisters gesehen werden muss, obwohl ein solcher Schritt Misstrauen, Demütigung und Diffamierung für den Betroffenen bedeutet, insbesondere weil ich 5 ½ Jahre für diese Gemeinde hart gearbeitet habe und mir nichts habe zuschulden kommen lassen. Gerne hätte ich als Bürgermeister für diese Gemeinde weitergewirkt, doch die Voraussetzungen hierzu waren nicht mehr gegeben.

Mit diesem Schritt, den ich nur schweren Herzens im Interesse einer fairen und anständigen Lösung des Problems nach nahezu 2-jährigen unerträglichen

Querelen, die als Zielscheibe meine Person zum Inhalt hatten, mache, ist für einen Teil meiner Genossen das Ziel erreicht ihren unbequemen Bürgermeister los zu werden.

Ich werde aus diesem Amt scheiden mit der Gewissheit, mein Bestes für die Gemeinde und ihre Bürger getan zu haben, obwohl schon 2 Jahre persönliche Initiativen des Bürgermeisters nicht mehr möglich waren.

Die Gemeinde ist finanziell gesund. Die Prüfung der Jahresrechnungen durch das Rechnungsprüfungsamt ergaben für den Zeitraum der Amtsführung keine Beanstandungen.

Heute verfügt die Gemeinde über Rücklagen in Höhe von 2.498.254,,036 DM per 31.12.1974 aus dem Erlös des Baugebietes „Im Teich“. Aus der sinnvollen Festlegung dieser Rücklagen als Termingelder konnten insgesamt

314.499,99 DM als Zinseinnahmen verzeichnet werden. Wichtig ist auch,

festzustellen, dass 2 Jahre trotz enormer Investitionen in der Gemeinde keine

Darlehen aufgenommen werden mussten.

Es erübrigt sich sicherlich, all das aufzuzählen, was durch meine Initiativen

In den 51/2 Jahren meiner Amtszeit  in dieser Gemeinde, die sich zu einem modernen , lebenswerten und fortschrittlichen Gemeinwesen entwickelt hat,

geleistet wurde. Der Erfolg auf sozialem , kulturellen, sportlichen und finanziellen

Sektor ist spürbar, der Erfolg auf baulichem Sektor für alle sichtbar.

Trotzdem musste ich an den menschlichen Problemen dieser Gemeinde scheitern. Ich hoffe und wünsche ,dass der neue Bürgermeister die Kraft hat mit diesen Problemen und den Widerwärtigkeiten fertig zu werden. Ich jedenfalls drücke ihm die Daumen.

Auch mich begleitete bei meinem Amtsantritt derselbe Wunsch, doch war es mir nicht möglich, damit fertig zu werden.

In den Stunden tiefster Depression gaben mir die Worte des Pfarrers Theodor Fenske neuen Mut.

Er schrieb in einem Brief am 3. Februar 1975 an mich:

(...) In diesen Tagen des „Scherbengerichtes“ über Sie in Ihren Amt möchte ich Sie grüßen. Eine „politische Würdigung“ der Vorgänge in unserer Gemeinde möchte ich mir versagen- zumindest an dieser Stelle. Vielmehr möchte ich nur eines tun für mich persönlich und in meiner Eigenschaft  als Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde:

Ich möchte Ihnen, lieber Herr Reitz, sehr vom Herzen danken. Danken für den „Menschen „Hermann Reitz in unserem Rathaus. Danken für all das, was Sie –wohl für die meisten Bürger Nauheims, die sie persönlich kennen gelernt haben – in ihrem Amt  an denen getan haben, die sich nicht „artikulieren“ können. Und das auch als Bürgermeister. Danken möchte ich Ihnen namens der Stummen dafür ,dass Sie in so wohltuender Weise das gewesen sind , wovon andere nur reden: bürgernah.

Danken möchte ich Ihnen dafür, dass Sie während der Zeit schwerster Demütigungen, denen Sie auch in der Presse ausgesetzt waren, Gleiches nicht mit Gleichem vergolten haben. Danken möchte ich Ihnen und Ihrer Familie. Ich danke Ihnen sehr, lieber Herr Reitz, und verbleibe in Verbundenheit

Ihr Theodor Fenske.

Mit diesen Worten möchte ich mich von Ihnen als Bürgermeister verabschieden mit dem Wunsche , dass diese Gemeinde blüht und gedeiht. Sie und Ihre Bürger

haben es verdient.“

Gründung einer kommunalpolitischen Bürgerinitiative: (KBI)

Am 28. Februar 1975 konstituierte sich der Verein: „Kommunalpolitische Bürgerinitiative Nauheim.°

Der Verein wurde  auf Antrag ins Vereinsregister eingetragen. Vorsitzender wurde Hans Baranowski und 2. Vorsitzender Erwin Haller. Als 1.Schriftführer fungierte Heinz Jüngling und als 2. Schriftführer Adam Müller. 1.Kassierer wurde Hans Peter und sein Stellvertreter wurde Hans Fuchs. Aufgabe und Ziel dieser Bürgerinitiative war es die wirklichen Gründe um die Abberufung des Bürgermeisters Reitz zu ergründen. Als erstes forderte sie die etablierten Parteien zur Teilnahme an einer Podiumsdiskussion  auf, in der über die Abberufung des Bürgermeisters, unter Teilnahme von Vertretern der SPD( Manfred Werth und Volker Engroff) und CDU( Siegfried Lang und Otto Habermann) auf der einen Seite, sowie Hermann Reitz und zwei Vertreter der KBI (Hans Baranowski und Hans Fuchs) auf der anderen Seite diskutiert werden soll. Die Leitung der Versammlung sollte der neutrale, von der „Landeszentrale für politische Bildung“ bekannte Dieter Thelen, übernehmen. Diese Bürgerversammlung fand dann am 23. Mai 1975 in der SKV-Halle statt.

In einem Schreiben an die Mitglieder der KBI hieß es:

„Die KBI ist zunächst das Ergebnis einer spontan gegründeten Bürgerinitiative in Nauheim, der es gelungen ist , auf politisches und menschliches Unrecht aufmerksam zu machen. Freunde und Sympathisanten von Hermann Reitz haben ihren Unwillen durch Protest zum Ausdruck gebracht und das zunächst völlig unabhängig vom politischen Standort des Einzelnen. Diffamierungen und Beleidigungen waren das Ergebnis für die in diesem Zusammenhang engagierten. Das Ziel war eindeutig – nämlich die Kommunalpolitik in Nauheim durchschaubarer zu gestalten und hieran nach bestem Wissen mitzuarbeiten. Die Satzung gibt der KBI den Standort der politischen Neutralität und auch den Vorzug vor der Liberalisierung. Die erkennbaren Gegensätze haben dem angeführten gemeinsamen Ziel Platz gemacht.“

Später gründete sich, zur Neuwahl des Parlamentes, eine :

„Nauheimer freie Wählergemeinschaft“.

Was geschah alles in der Amtszeit von Hermann Reitz.

In der Amtszeit von Hermann Reitz wurde folgende in Angriff genommen und verwirklicht:

Baugebiete:

Fertigstellung des Baugebiets Ochsengrund mit Einkaufszentrum und Hochhäuser..

Baugebiet „Wohnpark im Teich“.

Baugebiet „Schleifweg“ (Gewerbegebiet).

Planungsvorstellung „Baugebiet Wolfsberg“.

Baumassnahmen:

Bau der Kläranlage.

Restkanalisation in der Gemeinde.

Ausbau der restlichen Straßen in der Gemeinde.

Bau der Rüsselsheimerstraße,als ein erster Bauabschnitt der Ostumgehung.

Bau eines 16-Familien Wohnhauses.

Weiterer Ausbau des Erholungsgebietes.

Ausbau der Seegaststätte zum Hotel.

Bau der Kindergärten im Ochsengrund und der Neckarstraße.

Bau von 3 Kinderspielplätzen.

Bau des Sportplatzes mit Inangriffnahme des Eingangsgebäudes.

Anlegung eines „Trimm Dich Pfades“.

Inangriffnahme der Umgestaltung der Friedhofshalle.

Planung und Baubeginn Feuerwehrgerätehaus.

Neugestaltung des Friedrich Ebertplatzes mit Springbrunnen.

Weiterbau von Feldwegen im Rahmen des grünen Planes.

Kulturelles:

Einführung der Musiktage in Nauheim.

Durchführung von jährlichen Sportlerehrungen.

Förderung des Vereinslebens durch verstärkte finanzielle Zuwendungen und

finanzielle Unterstützung der Vereine bei eigenen Baumassnahmen.

Soziales:

Durchführung von jährlichen Altenfahrten.

14-tägige Urlaubsverschickung von betagten Bürgern.

Errichtung eines Altenaufenthaltraumes.

Durchführung von Ferienspielen.

Verstärkte Förderung von Feuerwehr und Rotem Kreuz.

Förderung des Volksbildungswerkes.

Begründung einer Partnerschaft  mit der Gemeinde Born /Holland.

Kontaktaufnahme für eine Partnerschaft mit einer französischen Gemeinde.

Sonstiges:

Bildung eines Umweltausschusses als 1.Gemeinde im Kreis Groß-Gerau

Normalisierung der Zusammenarbeit mit den Nachbargemeinden Groß-Gerau und Rüsselsheim.

Erhalt der Selbstständigkeit Nauheims.

Erklärung von Waldflächen zu Erholungsgebiet.

Die Situation der SPD Nauheim nach der Abberufung von Hermann Reitz:

Die diese Aktion, besonders initiiert von dem Nauheimer Fraktions- und Parteivorstand, zu einer Schwächung der Nauheimer SPD führt war allseits zu erwarten. Einige, insgesamt 9, Gemeindevertreter der SPD zogen die Konsequenzen und legten ihr Mandat nieder. Diese Situation ergab, dass es die SPD-Fraktion aufgrund fehlenden Nachrücker auf der Liste, nunmehr bis zur Kommunalwahl  1977 nur noch mit 17 Gemeindevertretern, ,anstelle von 20, vertreten war.

10 Bewerber auf der SPD-Nachrückerliste haben das Mandat nicht angenommen. Durch die Austritte und Rücktritte rckten noch 3 Nachrücker in der SPD nach.Manfred Werth wurde wieder zum Fraktionsvorsitzender. Seine Stellvertreter wurden Walter Luft und Otto Spieler, der auch schon vorher bei Günter Herden dieses Amt innehatte. Bei der CDU-Fraktion jedoch ergaben sich keine Veränderungen. In der SPD selbst gab es zahlreiche Austritte. Die ausgetretenen  Genossen schlossen sich dann später überwiegend der neu gegründeten NFWG an. So wurde die SPD bei der Kommunalwahl 1977 gespalten, indem die NFWG mit einer 28 Namen umfassenden Liste zur Kommunalwahl antrat, von denen 21 ehemalige SPD-Mitglieder waren.

Diese Rücktritte der SPD-Gemeindevertreter hatten zu parlamentarischen Konsequenzen geführt, wie der Gemeindevertretervorsteher für  die Sitzung der Gemeindevertretung im April 1975 ankündigte. So mussten 3 Ausschüsse aufgelöst werden, mit späterer Neuwahl, bei Änderung der Anzahl der Vertreter in den Ausschüssen. Nach der Bürgermeisterwahl, am 5. August 1975, trat der SPD-Fraktionssitzende Manfred Werth zurück und Walter Luft wurde in dieses Amt gewählt.

Alle damals auf der Liste der NFWG stehenden Kandidaten wurden, trotz erfolglosem Bemühen von überörtlichen Parteifunktionären ,(Landrat, Unterbezirksvorsitzender, und Minister Rudi Arndt) von einer eigenen Liste Abstand zu nehmen, aus der Partei ausgeschlossen.

Bürgermeister Zaich kommt.

Ein neuer Bürgermeister wird gewählt.

In der bürgermeisterlosen Zeit, nach der Abwahl von Hermann Reitz, führte bis zum Amtsantritt des neuen Bürgermeisters, der damalige 1. Beigeordnete und Bürgermeisterstellvertreter, Rolf Teichmann, die Amtsgeschäfte.

Auf die vom Parlament beschlossene Ausschreibung der Bürgermeisterstelle hatten sich insgesamt 16 Interessenten beworben. Alle 16 Bewerber waren von auswärts und allesamt Angehörige des öffentlichen Dienstes, aus Baden –Württemberg, Rheinland Pfalz, und Hessen. Ein Bewerber kam aus dem Kreis- Groß-Gerau. Zwölf Bewerber erklärten ihre Zugehörigkeit zur SPD, die anderen machten keine Angaben über die Parteizugehörigkeit. Sieben der 16 Bewerber stellten sich  in separaten Sitzungen den Fraktionen am 14. März ´75 vor. Am 22.April sodann beriet die SPD-Nauheim über die Reitz-Nachfolge. Dabei entschieden sich in geheimer Abstimmung 49 Anwesende für den aus Altenstadt (Wetteraukreis) stammenden 33-jährigen Amtsrat Rudolf Zaich. Der zweite zur Auswahl stehende Kandidat Volkmar Pees, 32 Jahre alt ,Oberinspektor bei der Kreisverwaltung  in Birkenfeld, wohnhaft in Baumholder, konnte nur 13 Stimmen auf sich verbuchen.

So erfolgte die Wahl des neuen Bürgermeister Rudolf Zaich, am Donnerstag dem 24. April, für eine Amtszeit von 6 Jahren. Rudolf Zaich wurde mit den 17 Stimmen bei 8 Enthaltungen der CDU gewählt. Durch die Abwesenheit je eines Vertreters beider Fraktionen muss ein CDU-ler für Rudolf Zaich gestimmt haben. Damit ging die 52 Tage dauernde bürgermeisterlose Zeit zu Ende. Doch schon erneut kam es bei dieser Wahl zu Kontroversen zwischen SPD und CDU, da wie die CDU ausführte die SPD schon beim Verfahren der Kandidatenauswahl bereits gegen geltendes Recht verstoßen habe.

Amtseinführung des neuen Bürgermeisters Rudolf Zaich

Bereits am 21.Mai wurde Rudolf Zaich in sein Amt eingeführt. In seiner Amtsantrittsrede führte er aus, dass die praktische Arbeit in der Gemeindeverwaltung im Vordergrund seines Wirkens stehen soll. Im politischen Bereich, so sagte er ,wolle er in den nächsten Monaten nur einmal zuhören und auch in Zukunft soll für ihn die politische Arbeit höchstens gleichberechtigt neben seiner Arbeit in der Verwaltung sein. Durch die großen Aktivitäten der kommunalen Gremien in Nauheim sei dies zudem erforderlich, und er werde sich dafür einsetzen, dass die Beschlüsse  von Gemeindevorstand, Gemeindevertretung und Ausschüsse schnellstmöglich und ordnungsgemäß in die Tat umgesetzt werden. Dazu sei es auch notwendig, eine leistungsfähige, gut funktionierende Gemeindeverwaltung zu haben, deshalb werde er dafür sorgen, dass dort eine Bestandsaufnahme durchgeführt und die für die  Gemeindeverwaltung zumutbaren Belastungen festgestellt werden. Er werde weiterhin versuchen, die Verwaltung so zu organisieren, dass sie möglichst rationell und kostengünstig arbeiten kann. Allerdings dürfe man jetzt nicht von ihm erwarten, dass er sofort die gesamte Verwaltung umkrempeln werde, nach dem Motto: „ neue Besen kehren gut“. In nächster Zeit werden nur kleinere Neuerungen eintreten, die durch seinen persönlichen, manchmal etwas unkonventionellen,Arbeitsstil bedingt seien.

Mit seinem Amtsantritt, so Zaich, würde eine neue Seite im Geschichtsbuch  der Gemeinde aufgeschlagen, nachdem die Seiten vorher von Unruhe und Auseinandersetzungen gezeichnet waren. Jetzt solle die neue Seite von Ruhe und Ausgeglichenheit gekennzeichnet sein. Er, so sagte er, werde vollkommen unbelastet in sein Amt eintreten.

Viele Gratulanten reihten sich in die Gratulationscour ein. Unter ihnen auch Landrat  Willi Blodt, der dem Neugewählten volle Unterstützung zusicherte. Er sei der Mann, der Nauheim in seiner sprunghaften Aufwärtsentwicklung weiterhelfen kann. Blodt dankte aber auch bei dieser Gelegenheit dem alten Bürgermeister Hermann Reitz. Walter Luft für die SPD-Fraktion schenkte dem neuen Ortsoberhaupt  einen Nussknacker, der ihm helfen soll auch die schwersten Nüsse zu knacken.

Bürgerverein in Nauheim gegründet.(BVN)

Nach der Gründung der kommunalpolitischen Bürgerinitiative Nauheim (KBI) hat sich nun auch Ende April 1975,ein Bürgerverein unter dem Vereinsgründer Rolf Robens gegründet. Die erste Mitgliederversammlung soll Ende des Monats Mai stattfinden. Der BVN, sei wie Robens feststellte, kein politischer Verein, sondern der Verein soll in erster Linie kommunalpolitische Interessen vertreten, wobei der BVN gerne bereit ist dies Interessen zu unterstützen, soweit diese mit den Interessen der Mitglieder und der Nauheimer Bürger im Einklang stehen. Ebenfalls strebt der BVN eine Zusammenarbeit mit der kurz vorher gegründeten Kommunalpolitischen Bürgerinitiative Nauheim an. Da sich der Vereinsvorsitzende dieses Bürgervereins mit seinen Mitgliedern überwiegend der SPD zugehörig fühlten, betrachtete der SPD-Ortsverein Nauheim diese Gruppierung als eine Konkurrenz. So hat der Unterbezirk der SPD des Kreises Groß-Gerau einem Einspruch von 4 Mitgliedern des Ortsvereins Nauheim gegen die Mitgliedschaft von Mitgliedern des BVN in der SPD stattgegeben. Gegenüber dem Unterbezirk vertritt Rolf Robens die Auffassung, dass die Nauheimer SPD nicht in der Lage sei die Interessen der Nauheimer Bürger angemessen wahrzunehmen. Dies sei auch der Grund warum er einen Bürgerverein gegründet hat. In einer Bürgerumfrage des BVN hat der Verein 1200 Nauheimer Bürger befragt. Zur Stellungnahme standen 27 Fragen die zu beantworten waren. Nach der Auswertung von 200 eingegangenen Fragebogen wurde in der Tagespresse das Ergebnis zu bestimmten Fragen veröffentlicht.

Hier das Ergebnis:

Ob man die Mitglieder des Gemeindevorstandes kennt:

ja 51 %  nein 49 %.

Stehen sie dem Gemeindevorstand positiv oder negativ gegenüber:

Negativ: 93% positiv: 5 %  keine Meinung: 2%

War die Absetzung des letzten Bürgermeisters falsch oder richtig:

falsch: 89%  richtig: 5% keine Meinung 6%

Kennen Sie die Hintergründe dieser Absetzung:

ja 72 %  nein :22%  keine Meinung: 7%

Sind Sie mit dem jetzigen Bürgermeister einverstanden:

ja: 5% nein: 92% keine Meinung: 3%

Interessieren Sie sich für die Nauheimer Kommunalpolitik:

ja: 71 % nein: 20%  keine Meinung: 9%

Kennen Sie die führenden Nauheimer Kommunalpolitiker:

ja: 43 %  nein: 30%  keine Meinung: 27%

Sind Sie mit den kommunalpolitischen Verhältnissen  einverstanden:

Ja: 5%  nein: 92% keine Meinung: 3%

Sind Sie Mitglied einer Partei oder oder sonst. Pol. Organisationen:

Ja: 32% nein: 68%

Die Ergebnisse dieser Befragung jedoch wurden in der Öffentlichkeit nicht gerade ernst genommen. Dem ersten Fragebogen jedoch folgte noch ein Zweiter.

Auch den Bürgermeister hat diese Umfrageergebnisse nicht besonders beeindruckt.

2. Schulpavillon zugestimmt:

In der im April 1975 stattgefundenen Gemeindevertretersitzung kam es zur Bereitstellung von Mitteln für den Bau eines 2. Schulpavillons zu einer lebhaften Debatte. Auf Antrag der SPD solle dem Kreis ,der ja die Schulträgerschaft hat, ein Betrag von 200.000.- DM zur Verfügung gestellt werden, aus Mitteln die bereits aus dem Erlös des Geländeverkaufs „Im Teich“ in Rücklage gestellt wurden. Auch der Kreistag Groß-Gerau hatte beschlossen, dass die Gemeinde  nicht nur diese Summe zu zahlen hätte, sondern die gesamten Kosten des Baues zu übernehmen habe. Trotzdem wehrte sich die CDU vehement gegen die Bereitstellung dieser Mittel, stimmte aber dennoch zum Schluss dem Antrag der SPD zu, der dann einstimmig angenommen wurde.

Zum letzten mal Ferienspiele der Gemeinde.

Da zu den Ferienspielen für das Jahr 1975 nur sehr wenige Meldungen eingegangen sind, ist zu erwarten, dass in 1976 solche Ferienspiele nicht mehr veranstaltet werden. Der Grund hierfür liege darin, dass wesentlich mehr Eltern als in den Vorjahren ,mit ihren Kindern in Urlaub fahren. Als Ersatz wird angestrebt, so sagte die Vorsitzende des Sozialausschusses Margot Glotzbach, zukünftig  eine Anzahl von Kindern vierzehn Tage lang in ein Feriendorf zu schicken, wobei der Zuschuss der Gemeinde eine nicht unwesentliche Rolle spielen solle.

Haushalt 1975-vorgestellt vom neuen Bürgermeister.

In ihrer Sitzung vom 13. Juni 1975 verabschiedete das Gemeindeparlament, wieder einmal einstimmig, den von Bürgermeister Rudolf Zaich vorgelegten Haushaltsplan. Wie der Bürgermeister in seiner Rede ausführte hat der Haushalt für Nauheim eine nivellierende Wirkung. Er enthalte Ansätze, um bereits begonnenen Maßnahmen  zu Ende zu führen, über die bereits Beschlüsse gefasst worden sind. Erfreulich sei auch, dass alle im Haushalt eingestellten Maßnahmen ohne Steuererhöhungen oder Kreditaufnahmen finanziert werden können. Allerdings, so Zaich, werden die Rücklagen, die die Gemeinde aus dem Verkauf des Geländes „Im Teich“ erhielt und die von ehemals 5 Millionen  auf nunmehr 2 Millionen zu Beginn des Rechnungsjahres 1975  zusammengeschrumpft waren, vollständig aufgebraucht. 100.000 .- DM werden in 1975 vom Verwaltungshaushalt dem Vermögenshaushalt zugeführt. Im sozialen und kulturellen Bereich war es der Gemeinde noch einmal möglich etwa 2 Millionen hierfür im Haushalt bereitzustellen, was einem Anteil von 25 bis 30 %der realen Haushaltmittel ausmacht.

Endgültige Schließung der Müllkippe ab 31. Juli 1975.

Anlässlich einer Ortbegehung des Ausschusses für Landwirtschaft und Umwelt wurde auch der Kiessee in der Nachtweide besichtigt. Hierbei kam der Ausschuss einmütig zu der Auffassung, die Kiesgrube als Wildtränke zu erhalten und nicht an den Angelsportverein zu verpachten. Er vertrat dabei die Auffassung, dass es notwendig sei auch ein der natürlichen Regeneration dienendes Gewässer in Nauheim in seiner vollen Funktion zu erhalten.

Ein weiter wichtiger Punkt der Ausschusssitzung war die Schließung der Nauheimer Müllkippe zum 31.7.75. Danach haben die Nauheimer keine Möglichkeit mehr selbst ihren Müll abzufahren. Nach der Schließung soll die Müllkippe mit Erde abgedeckt und rekultiviert werden.

Ein Unwetter mit Folgen.

Ein Unwetter größeren Ausmaßes erreichte am Sonntag, dem 31.August Nauheim. So haben die Überschwemmungen, Kellerüberflutungen und abgesoffenen Kanalrohre an diesem Tag mehrere Ursachen. Es sprach viel dafür, dass die Niederschlagsmenge, die selbst bei Extremfällen auftretenden Maximalwerte übertroffen hat. Wie Bürgermeister Zaich mitteilte ,wäre wahrscheinlich kein Kanalnetz in der Lage gewesen, diese Wassermengen aufzunehmen und abzuführen. Was an technischen Problemen bei diesem Unwetter noch dazukam,  hat das Ausmaß der Überflutungen wesentlich mitbestimmt. Die Pumpe im Klärwerk war ausgefallen, da durch die Überhitzung des Schaltschrankes ein Stromkabel durchgeschmort war. Allein aus diesem Grund lief der Hauptsammler voll und es kam zu einem Rückstau in das gesamte Nauheimer Kanalnetz. Auch die Pumpe im Baugebiet Teich war ausgefallen, sodass das Abwasser 1:10 verdünnt nicht an den Vorfluter Schwarzbach abgegeben werden konnte. Dadurch gab es auch viele Überschwemmungen  von Kellern ,Tiefgaragen und Privathäusern, besonders aber da wo keine Rückhalteventile eingebaut waren.

Volksfest am Anglersee Nachtweide.

Zu einem reinen Volksfest entwickelte sich das Jubiläumsfest des Angelsportvereins Nauheim, anlässlich des 40-jährigen Bestehens, am 1. Mai 1975.Bei herrlichem Wetter nahmen viele Nauheimer die Gelegenheit wahr an diesem 1. Mai zum Vereinsgewässer der Angelsportler über der Autobahn zu wandern. Das Jubiläumsfest, das als einmalige Veranstaltung gedacht war, nahm schnell den Charakter eines Volksfestes an, denn bei dem Fest bei dem der Musikzug der SKV, unter dem Dirigenten Peter Schmidt, aufspielte, herrschte schon bald Hochstimmung. Viele Vereinsvertreter  und politische Prominenz waren gekommen um dem Verein zu gratulieren. Unter ihnen auch der neue Bürgermeister Rudolf Zaich und sein Amtsvorgänger. Die eigentliche Jubiläumsveranstaltung erfolgte jedoch am 24. Mai mit einer akademischen Feier  zum vierzigjährigen in der SKV-Halle.

Aktion“ Kastanienbaum“

Der Obst –und Gartenbauverein Nauheim hat sich  zu Beginn des Jahres 1975 um den Erhalt des Nauheimer „Wahrzeichens“ den Kastanienbaum auf dem Friedrich Ebertplatz gekümmert. Der 100 Jahre alte Baum drohte einzugehen, wenn nicht besondere Maßnahmen  für seine Rettung ergriffen wurden. Bereits 2 Jahre vorher sah sich der Verein veranlasst den Baum zurück zu schneiden um auch besonders an den dicken Ästen des Baumes junge Triebe zu fördern.

Jetzt ,1975, sollten die letzten Korrekturen vorgenommen werden. Besonders litt der Baum, durch den Umbau des Platzes, unter Wassermangel. Dem wurde jetzt  abgeholfen, sodass mit dieser Maßnahme die Rettung des Baumes erfolgreich abgeschlossen wurde.

Im Dezember 1983 schien der Erhalt des „Nauheimer Wahrzeichens“ schon wieder gefährdet, worauf zur Untersuchung des Kastanienbaumes auf dem Friedrich Ebertplatz wurde ein Sachverständiger herangezogen, da Mitarbeiter der Verwaltung faule und durchnässte Stellen am Baum feststellten. Der Sachverständige jedoch fand heraus, dass noch hinter den faulen und durchnässten Stellen noch mindestens 20 Zentimeter gesundes Holz zu finden ist. Die Kastanie , wurde1862von Nikolaus Sünner gepflanzt. Aufgrund der Ergebnisse bei der Untersuchung des Sachverständigen, arbeitete dieser die erforderlichen Sanierungsvorschläge aus. Die Sozialdemokraten beantragten gar beim Gemeindevorstand , den Baum ins Denkmalbuch des Landes Hessen aufzunehmen, womit dann auch gewährleistet sei ,dass genügend Mittel für den Erhalt des Baumes bereitstünden. Die örtliche CDU forderte den Gemeindevorstand auf ,ohne Rücksicht auf die Kosten alles Mögliche zur Erhaltung des Baumes zu tun, wenn Grünplan und Baumsatzung  und Landschaftsplanung überhaupt einen Sinn haben sollten.

Altenfahrt 1975

Im September 1975 ging die 6. „Altenfahrt „ der Gemeinde nach Erbach am Neckar. Es war bereits die 2. Altenfahrt die die Gemeinde nach diesem Ort unternommen hat. Damals jedoch fuhr man mit der Bahn. Diese Fahrt jedoch fand unter Teilnahme von 509 Nauheimern nicht mit der Bahn, sondern mit Bussen statt. Die Fahrt führte über Heppenheim, die Juhöhe über Mörlenbach und Waldmichelbach, Olfen und Marbach bis man schließlich um 11:15 Uhr in Erbach ankam. Wieder konnten die ältesten Teilnehmer geehrt werden. Bei den Frauen war es die 86-jährige  Lina Richter, die erst ein halbes Jahr in Nauheim wohnte und bei den Männern der ebenfalls 86-jährige Johann Deimer. Bürgermeister Zaich konnte auch noch ein kleines Präsent an drei Frauen aus der DDR überreichen, die seit drei Wochen bei Verwandten in Nauheim auf Besuch waren.

Der Haushaltsplan 1976

Im Dezember 1975 verabschiedete das Parlament den Haushalt 1976.In seiner Etatrede sprach der Bürgermeister „Von dem Beginn einer Zeit der finanziellen Dürre“. Der Verwaltungshaushalt hat ein Volumen von: in Einnahmen und Ausgaben auf: 7.002.374 DM  und damit 163.319.- DM über dem 1974 und der Vermögenshaushalt  in Ein- und Ausgaben auf: 1. 303.096 DM gegenüber 2.890.513 des Vorjahres. Der Schuldenstand der Gemeinde verringerte sich um 167.000.- DM auf nunmehr 7.428.000.-DM Ende 1975. In jedem Fall sollen auch für 1976 keine Kredite aufgenommen werden.

Im Jahre 1976 stehen keine großen Investitionen an. Dies wird deutlich daran, dass der Vermögenshaushalt weniger als die Hälfte des Vorjahres ausmacht. Auch sollen die Hebesätze  für die Gemeindesteuern nicht erhöht werden, lediglich im Bereich der Gebühren, wo im Bestattungswesen eine geringfügige Erhöhung vorgesehen ist. Im Vermögenshaushalt, so der Bürgermeister, geht es in der Hauptsache nur um Restabwicklungen: Hohe Kosten entstünden lediglich im Zusammenhang mit der Abrechnung der Kosten für die Rüsselsheimer-Straße von rund 135.000.- DM  und die Abrechnung der gemeindlichen Erschließungskosten im Schleifweg von rund 180.000.-DM, sowie die Tilgung von Krediten. Neu eingesetzt wurden DM 50.000.- für die Instandsetzung des alten Schulgebäudes in der Schulstraße, das, nach Auszug des Roten Kreuzes, als Jugendfreizeit- und Altentagesstätte genutzt werden soll. Diese Maßnahme gelte als Ersatz für die Streichungen der in den Jahren 1974/75 bereitgestellten Mittel in Höhe von 220.000.- DM für den Neubau einer Jugendbegegnungsstätte.

1125- Jahrfeier in Nauheim.

In der Zeit vom 14. Mai bis zum 13. Juni 1976 wurde in Nauheim das 1125-jährige Bestehen der Gemeinde gefeiert.Die fast 1 Monat dauernden Festlichkeiten wurden imbesonderen von den Vereinen, der Gemeinde und dem örtlichen Gewerbe sowie der Musikindustrie gestaltet.

Im Rahmen einer Gemeindevertretersitzung im August 1976 wurde eine Wachablösung in der Nauheimer Volkshochschule vollzogen. Dabei löste Horst Dieter Rohleder den seitherigen, 4 Jahre in diesem Amt tätigen,Wilfried Ernst ab. Bürgermeister Zaich dankte Wilfried Ernst für seine seitherige ehrenamtliche Tätigkeit  als Leiter der VHS Nauheim. Ernst, so sagte er, habe sich nicht nur der Verwaltung gewidmet, sondern auch vielschichtige Ideen in die Arbeit der Nauheimer VHS eingebracht, die unter ihm zur größten Nebenstelle der Kreisvolkshochschule herangewachsen sei. In den 4 Jahren habe er sich auch dem Aufbau der Musikschule gewidmet. Horst Dieter Rohleder überbrachte der Bürgermeister seine herzlichsten Glückwünsche und wünschte auch viel Erfolg für seine zukünftige Arbeit. Rohleder nannte als vordringlichte Aufgabe die verschiedenen Nauheimer Ortsteile einander näher zu bringen. Eine Fahrt nach Charvieu- Chavagneux wolle er zu Ostern 1977 organisieren. Dabei habe er die Absicht den europäischen Partnerschaftsgedanken über die VHS weiter auszubauen und die Verschwisterung mit Charvieu- Chavagneux voranzutreiben.

Im September 1977 eine eigene VHS Geschäftsstelle:

Drei Jahre lang hatte es gedauert, bis Nauheim endlich sein Volkshochschulsekretariat bekam. Als nun die VHS-Geschäftsstelle offiziell ihrer Bestimmung übergeben wurde, konnte Kreisvolkshochschulleiter Winfried Keil die Nauheimer VHS-Außenstelle als die abgesichertste im ganzen Kreis bezeichnen. Bürgermeister Zaich lobte in seiner Ansprache den fairen Kompromiss, den man mit dem Kreis bezüglich der Geschäftsstelle geschlossen hatte. Dadurch, dass die Gemeinde die Halbtagskraft bezahlt und somit finanziell für die Volkshochschule erheblich mehr aufwendet, wurde aufgrund einer Verwaltungsvereinbarung mit dem Kreis den Nauheimern die Geschäftsstelle rechtlich abgesichert. Außerdem haben die Nauheimer nun das Recht, einen VHS Beirat zu wählen, in dem Vertreter aller „gesellschaftlich relevanten“ Gruppen in Nauheim sitzen werden. Geleitet wird die nun neue Nauheimer Geschäftsstelle von Frau Adelheid Arnold, die bereits lange im Dienst der Gemeinde steht und sich in Dingen der Volkshochschule gut auskennt. Frau Arnold versieht ihren Dienst in der Geschäftsstelle  montags bis freitags Vormittags, wobei jeweils von 8 bis 11.30 Uhr die Geschäftsstelle für den Besucherverkehr geöffnet ist. In der Geschäftsstelle werden auch VHS-Leiter Horst Dieter Rohleder und Musikschulleiter Georg Mischlich ihre Sprechstunden abhalten. Zu den Aufgaben von Frau Arnold gehören auch die Aktivitäten bei der Verschwisterung unserer Patengemeinden in Holland und Frankreich, das Erstellen eines Vereinskalenders, die Unterstützung von Heimatpfleger  und Museumsleiter Bernhard Engroff.

November 1977 - Streit um den Abriss des „Alten Pfarrhauses.

Die Nauheimer Sozialdemokraten witterten wieder eine „Nacht- und Nebelaktion“ als die ev. Kirchengemeinde ihr altes Pfarrhaus abreißen ließ. Dies führte zu einem Eklat, verursacht durch falsch dargestellte Behauptungen. Tatsache ist, dass für den Abbruch eine ordnungsgemäße Abbruchgenehmigung vorlag, wie die Pressestelle des Landrats in der Presse feststellte, in der sie auch der Behauptung des  Denkmalspflegers  Dr. Lickes widersprach. Der Landrat teilte in dieser Gegendarstellung folgendes mit: „Bereits mit Schreiben vom 27. März 1974 teilte das Kreisbauamt  der evangelischen Kirchengemeinde  Nauheim u. a. mit: „Da das alte Pfarrhaus in Nauheim ,Pfarrgasse 13 unter Denkmalschutz steht ,müssen wir ,bevor eine Abbruchgenehmigung erteilt werden kann ,den Herrn Landeskonservator in Wiesbaden hören. Diese Stellungnahme wurde mit Schreiben vom 3.4.1974 erbeten. Am 15.5.1974 legte der Landeskonservator Widerspruch gegen den Abriss ein. Nach einem neuerlichen Antrag auf Abbruchge-nehmigung des alten Pfarrhauses  und mehreren erfolgten Ortsbesichtigungen, teilte das Landesamt für Denkmalpflege  am 12.3.1975 in einem Brief wörtlich mit: „Meine Überprüfung des alten Pfarrhauses an Ort und Stelle ergab, dass dies ein völlig schmuckloser ,verputzter Fachwerkbau aus dem frühen 19. Jahrhundert ist, der keine künstlerischen oder geschichtlichen Qualitäten  aufweist und so verborgen am Ende einer Straße liegt, dass er städtebaulich nicht in Erscheinung tritt. Nach den Kriterien des hessischen Denkmalschutzgesetzes  kommt es deshalb für eine Eintragung ins Denkmalbuch nicht in Frage. Gegen seinen Abbruch werden darum vom Standpunkt der Denkmalpflege keine Bedenken erhoben. Ich bitte jedoch ,das Objekt vor dem Abbruch zu fotografieren und die barocken Türen im Innern sowie den Tonplattenbelag auf dem Dachboden zu bergen.“
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Kiesow

Franz Kratochvil jr. - der erfolgreiche Kunstradfahrer, eingebürgert

Schon in den 60-er Jahren hatten die Nauheimer Sandhasen einen guten Kontakt zu einem Radsportverein in Prag, der sich zu einer echten Freundschaft entwickelte.

Damals holte auch Bürgermeister Dr. Herbert Fürbeth die Familie des Radsportmeisters Franz Kratochvil nach Nauheim. In einem Aufruf an die Bürger, bat er um Spenden für den Hausrat der Familie. Franz Kratochvil und sein Sohn Franz jr. fuhren dann bei Meisterschaften für die Sandhasen Nauheim. Schon jahrelang versuchte die Familie Kratochvil, mit Unterstützung der Bürgermeister Fürbeth und später Reitz, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erlangen. Nur so war es den beiden Sportlern möglich, im Kunstradfahren an den deutschen Meisterschaften oder den Weltmeisterschaften teilzunehmen, obwohl Franz jr. schon einige male deutscher Jugendmeister im Kunstradfahren geworden war. Als dann sich auch noch der für Nauheim zuständige Bundestagsabgeordnete  und Bundestagsvizepräsident Dr. Hermann Schmitt-Vockenhausen für die Einbürgerung stark machte, wurde die Einbürgerung, nach langem Hin- und Her dann endlich vollzogen, nachdem auch der Ausbürgerung aus der CSSR  stattgegeben wurde. Dies geschah im zweiten Halbjahr 1976.Franz Kratochvil jr. und auch Senior holten sich danach mehrfach  die Titel Deutscher Meister und auch Weltmeister im Kunstradfahren, auf den auch die Gemeinde Nauheim sehr stolz sein konnte.

Franz Kratochvil ist Weltmeister im Kunstradfahren:

Keine Grenzen kannte der Jubel bei der 30-köpfigen Nauheimer Kolonie, am 27. Oktober 1979 ,in Straßburg, als Franz Kratochvil am Ende seiner Kür strahlend vom Rad stieg. Für sie, wie für alle 4.000 Besucher der Halle  im Straßburger Vorort Schiltigheim stand fest, dass sich der Nauheimer, mit seiner hervorragenden Kür, den Titel des Weltmeisters im Einer-Kunstradfahren gesichert hatte. Für die Gemeinde Nauheim war dies ein besonderes sportliches Ereignis auf das sie besonders stolz sein konnte. So gab auch die Gemeinde am 28 Oktober unter starker Teilnahme der Bevölkerung, ihrem Franz im Rathaus Nauheim einen würdigen Empfang, bevor er schon um 18 Uhr mit einem großen Bahnhof  von den Nauheimer Bürgern, besonders seinem Verein den „Nauheimer Sandhasen „ bei seiner Einfahrt in den Nauheimer Bahnhof ,empfangen wurde.

Die Kommunalwahl 1977

Das Jahr 1976 war jedoch schon wieder geprägt von kommunalpolitischem Streit, den im Frühjahr 1977 stand bereits die nächste Kommunalwahl an. Für die „Sozialdemokraten Nauheims“ stand hier vieles auf dem Spiel. Wird es der SPD gelingen, nach der Abberufung von Bürgermeister Hermann Reitz, an den Wahlerfolg von 1972 anzuschließen, oder aufgrund des Unverständnisses und dem Protest der Bürger,  in dieser Angelegenheit, eine neue Wahlschlappe zu erwarten. Jedenfalls war sich die SPD im klaren darüber, dass sie es trotz des neuen Bürgermeisters Rudolf Zaich schwer haben wird. Zumal sich durch die vielen Austritte der SPD nunmehr aus der Bürgerinitiative KBI eine “Freie Nauheimer Freie Wählergemeinschaft „( NFWG)  gebildet hat, auf deren Liste eine Reihe ehemaliger bekannten Sozialdemokraten kandidierte.

Die „CDU“, die zwar die Abberufung des Bürgermeisters mitgetragen hatte, hofft aufgrund der Stimmungslage in der Bevölkerung, bei der bevorstehenden Kommunalwahl die Mehrheit der Stimmen und Sitze zu erringen. Auch die „Nauheimer freien Demokraten“,(FDP) die bei der Kommunalwahl 1972 den Sprung ins Parlament verfehlte, wird wieder mit einer eigenen Liste antreten und erhofft sich diesmal einen Erfolg. Hatte Sie doch erklärt, dass  es ihrer Meinung nach keinen Grund gab Hermann Reitz aus dem Amte zu jagen.

Bürgermeister Zaich Spitzenkandidat der SPD-Nauheim

Kaum hatte die SPD ihre Liste zur Kommunalwahl 1977 aufgestellt stand bereits ein neuer kommunaler Eklat ins Haus.

Die ersten 6 Kandidaten auf der Liste der SPD- Nauheim waren:
Bürgermeister Rudolf Zaich als Spitzenkandidat, sowie Margot Glotzbach, WalterLuft  und Rudolf Klose, gefolgt von Volker   Engroff und Heinz Pitzer

Auf der Liste der CDU Nauheim :
Siegfried Lang als Spitzenkandidat, Otto Geschka  (spätere Oberbürgermeisterin von Rüsselsheim), Hans Förster und  Otto Habermann.

Auf der Liste der FDP-Nauheim:
Heinrich Hof, als Spitzenkandidat, sowie Wilfried Graul, Artur Lechelt, Heinz Rüdiger Karn,

Auf der Liste der NFWG- Nauheim:
Willi Keylwerth ,als Spitzenkandidat, sowie Hans Schäfer, Annemarie Hochmuth und Hans Fuchs

Zu starken Angriffen gegen die SPD kam es seitens der CDU, als bekannt wurde ,dass der Bürgermeister Zaich Spitzenkandidat der SPD ist. Denn Rudolf Zaich hatte wiederholt beteuert, dass er es nie seinem Amtsvorgänger Reitz, der bei der Wahl 1972 Spitzenkandidat der SPD war, gleichtun wolle. Anlässlich seiner Nominierung zum Bürgermeisterkandidat  am 22. April 1975 hatte Zaich vor der SPD-Mitgliederversammlung erklärt: (Zitat)

„Um keine Zweifel aufkommen zu lassen: ich strebe nicht den Vorsitz im SPD –Ortsverein  an und nicht den Spitzenplatz auf der Kandidatenliste für die Kommunalwahl. Ich halte so etwas auch nicht für gut!“

Das Argument das er dazu damals ins Feld führte war:

„Es ist eine Lüge dem Wähler gegenüber, dass er als hauptamtlicher Bürgermeister sein Mandat sowieso nicht ausüben könne und er sich auch als solcher nicht in das parteipolitische Geschehen einzumischen gedenke“

Die Spitzenkandidatur von Zaich sorgte also für genügend Zündstoff  beim Kampf um die Mandate im neuen Parlament

Die Wahlergebnisse der Wahl 1977

Wahlberechtigt waren an der am 20. März 1977 stattgefundenen Kommunalwahl 5904 Bürger, von denen 4784 ihre Stimme abgaben. Dies bedeutete eine Wahlbeteiligung von 81%. Gültige Stimmen waren es: 4709,
davon erhielten:
CDU = 2070 Stimmen  =  44 %  und 14 Mandate ( 1972 = 34,8 % und 11 Mandate), also einen Zuwachs von 9,2 %
SPD = 1551 Stimmen    = 32,9 % und 11 Mandate (1972 = 60,8 %  und 20 Mandate) also ein Verlust von 27,9 %
FDP = 394 Stimmen =  8,4 %   und 2 Mandate (1972 = 4,4 %  und 0 Mandate ) also ein Gewinn von 4%
NFWG = 694 Stimmen = 14,7 % und 4 Mandate. (1972 = kein Vergleich, da noch nicht kandidiert).
Gewählt wurde in 5 Wahlbezirken: 1. Neckarstraße, 2. Schillerstraße, 3.Schulstraße, 4. Waldstraße und 5.Ochsengrund.

Dies  Wahl brachte natürlich für die SPD, nicht zuletzt aufgrund der Kandidatur der „Freien Wählergemeinschaft Nauheim“ bei dem Verlust von 27,9 % ,eine empfindliche Niederlage. So hatte auch die Spitzenkandidatur von Rudolf Zaich  der SPD nichts gebracht. Die CDU- Nauheim konnte zufrieden sein. Sie gewann  3 Mandate und wurde damit mit 14 Mandaten stärkste Fraktion im Parlament, was natürlich auch bei der Konstituierung seine positiven Auswirkungen hatte.

Es wurden folgende Mandatsträger ins Parlament gewählt:
CDU:     Siegfried Lang, Otti Geschka, Förster Hans, Otto Habermann, Ortwin Lempert, Wilhelm Kuhlmann, Dieter Schasiepen, Hans Herda, Alwin Geyer, Gerda Püchner, Willi Bertram, Jürgen Renner, Ingrid Dinse, Diedrich Römheld.
SPD:     Rudolf Zaich, Margot Glotzbach, Rudolf Klose, Walter Luft, Volker Engroff, Heinz Pitzer, Manfred Werth, Rolf Teichmann,                Horst Glotzbach, Kurt Alsdorf, Jürgen Schleidt
NFWG: Willi Keylwerth, Hans Schäfer, Annemarie Hochmuth. Hans Fuchs
FDP:      Heinrich Hof, Wilfried Graul,

Die Konstituierung des Parlamentes 1977

Erstmals stellte jetzt, aufgrund ihrer Mehrheit im Gemeindeparlament  die CDU nun den Gemeindevertretervorsteher. Gewählt wurde Jürgen Renner, ein parlamentarischer Newcomer. Zu seinen Stellvertretern wurden gewählt: Otti Geschka (CDU) und Heinz Pitzer (SPD)

Mit Otti Geschka, der späteren Landtagsabgeordneten und Frauenbeauftragten, im Range einer Staatsministerin, und danach Oberbürgermeisterin von Rüsselsheim (1993 –1999), wurde erstmals eine Frau Fraktionsvorsitzende bei der CDU. 

In den Gemeindevorstand wurden gewählt:
Rudolf Zaich, Bürgermeister (Vorsitzender Kraft seines Amtes)
Für die CDU: Siegfried Lang (1. Beigeordneter) Hans Förster und Wilhelm Kuhlmann.
Für die SPD: Rolf Teichmann und Dieter Bröcking
Für die in den Gemeindevorstand gewählten Gemeindevertreter rückten die entsprechenden Nachrücker auf der Liste nach. In der nächsten Sitzung der Gemeindevertreter wurden sodann die Ausschüsse neu gewählt.

Verbrannte Wahlbriefe –Neuwahlen.

Die verbrannten Wahlbriefe- Nauheims neuer Skandal

Ein neuer Skandal in Nauheim war perfekt, als der Wahlleiter Wolfgang Lindner am dem, dem Wahlsonntag folgenden Tag, noch 29 beim Postamt erhaltene Wahlbriefe im Ofen des Nauheimer Sägewerks Rüffer verbrennen ließ. Als dies offenbar wurde, wobei ein Nauheimer Bürger im Postamt an diesem Morgen die Übergabe der Wahlbriefe an einen Bediensteten der Gemeinde mitbekam ,standen die Zeichen in Nauheim auf Sturm. Am Dienstag nach der Wahl, um 10:00 Uhr erschienen die Vertreter der „Nauheimer Freien Wählergemeinschaft“ Hans Fuchs, Hans Baranowski und Heinz Jüngling auf dem Rathaus und forderten zu dem Vorwurf der verbrannten Wahlbriefe Auskunft.

Wolfgang Lindner schilderte den Vorgang wie folgt:

„ Am Samstag ,dem 19.3.1977 wurden aus dem Schließfach der Gemeinde keine Wahlbriefe entnommen die darin lagen. Dies könne von 4 Postbediensteten beeidet werden. Zusammen mit Bürgermeister Zaich teilte ich den Herren mit, dass am Montag dem 21.3.1977 29 Wahlbriefe dem Postfach entnommen wurden; diese seien als verspätet eingegangene Wahlbriefe zu werten und wurden deshalb zur Wahrung des Wahlgeheimnisses vernichtet.“

Dieses Wahldebakel war nun in aller Munde. Auf den Straßen, in Betrieben ,ja im ganzen Kreis Groß-Gerau diskutierte man das, was in Nauheim wieder mal geschah. Selbst der Hessische Rundfunk berichtete darüber. Wieder einmal sprach man von den sprichwörtlichen „Nauheimer Verhältnissen.“

Das Rathaus, Wahlleiter und Bürgermeister waren der Auffassung richtig gehandelt zu haben. Keinesfalls, so stellten sie fest, sei eine Wahlwiederholung wegen den paar Wahlbriefen erforderlich. Die og. Vertreter der NFWG  gaben sich jedoch damit nicht zufrieden und legten, gegen die Gültigkeit der Wahl, jeder für sich Widerspruch ein.

Der damalige Wahlausschuss setzte sich wie folgt zusammen: Wolfgang Lindner- Wahlleiter, Frau Hack –Beisitzer, Herr Wiesner-Beisitzer, Herr Ernst –Beisitzer, Herr Sandner-Beisitzer, Frl. Dill-Beisitzer, Herr Willius –Beisitzer.

Bereits in der ersten Sitzung des neugewählten Gemeindeparlamentes musste,

entsprechend des Widerspruches der drei NFWG- Vertreter über die Gültigkeit

der Wahl entschieden werden. Nach oft heftigen Debatten zwischen den Fraktionen entschied das Parlament,  gegen die Stimmen der NFWG, für die Gültigkeit der Wahl. Bürgermeister Zaich  sprach in seiner Stellungnahme gegen die Anschuldigung ,er habe unkorrekt gehandelt und versucht die Sache zu vertuschen. Zaich bezeichnete diese Anschuldigung als unwahr ,unverfroren und unverschämt. Der Fraktionsvorsitzende der SPD Walter Luft  forderte daraufhin den Bürgermeister auf, gegen den Vertreter  der NFWG Hans Fuchs, Strafanzeige wegen Verleumdung zu stellen. Damit jedoch sollte die Angelegenheit noch lange nicht vom Tisch sein. Auf Antrag der NFWG ermittelte jetzt die Staatsanwaltschaft .Am 14. Oktober 1977 ordnete sodann das Verwaltungsgericht Darmstadt die Wiederholung der Kommunalwahl an. Im Urteil hieß es:

Im Namen des Volkes:

1.Die Beschlüsse der Beklagten (Gemeinde) vom 20. April 1977 über die Zurückweisung der Einsprüche der Kläger (Hans Fuchs und Willi Keylwerth und Hans Klaus Baranowski)

gegen die Gültigkeit der Wahl zur Gemeindevertretung der Gemeinde Nauheim

vom 20.März 1977, sowie über die Gültigkeitserklärung dieser Wahl  werden aufgehoben.

2.Die Wiederholung der Wahl wird angeordnet.

3.Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Jetzt nach diesem Urteil macht auch die Nauheimer CDU eine Kehrtwendung und plädiert für eine Neuwahl. Auch fordert sie mit der Feststellung, dass Rechtsverstöße vorgekommen seien,Bürgermeister Zaich zum Rücktritt auf.

Was hier passiert sei ,sei eine Ungeheuerlichkeit, und Nauheim habe durch diesen Vorgang wieder einmal für Schlagzeilen gesorgt, die einmalig seien in ganz Hessen. Am 9. Januar 1978 beschloss dann die Gemeindevertretung einstimmig, aufgrund des Urteils des Verwaltungsgerichtes ,innerhalb von 3 Monaten die Wahl zu wiederholen. Die Kommunalaufsicht im Groß-Gerauer Landratsamt ordnetet sodann als Termin der Wahl den 12. März 1978 an.

Eine staatsbeauftragte Gemeindevertretung.

Aufgrund der Ungültigkeit der Kommunalwahl 1977,verloren auch alle Gemeindevertreter ihr Mandat. Da aber die Gemeinde quasi weiter bis nach der nächsten Kommunalwahl regiert werden muss, erhielten alle Gemeindevertreter den Status eines“ staatsbeauftragten Gemeindevertreters.“

Die Ernennungsurkunden hierzu erhielten sie von der Kommunalaufsicht des Landkreises, über den Regierungspräsident in Darmstadt. Siewurden am 13. Januar 1978, gegen Empfangsbescheinigung durch die Post zugestellt.

Vom Regierungspräsidenten ernannt wurden  31 Gemeindevertreter, den ersten, sowie alle anderen Beigeordneten. Mit seinem Vorschlag orientierte sich der Regierungspräsident an die Vorschläge der Gemeinde. Dabei handelte es sich allesamt um die Personen die auch vorher schon das Amt innehatten. Der Gemeindevertretervorsteher musste wiederum in der ersten Sitzung des staatsbeauftragten Parlamentes, die am 23. Januar 1978 stattfand, erneut gewählt werden.

Die Kommunalwahl 1978 und ihre Ergebnisse

Die am 12. März 1978 wiederholte Kommunalwahl brachte folgendes Ergebnis: Wahlleiter bei dieser Wahl war der Verwaltungsangestellete Klaus Geyer.

Wahlbezirk:              Ges.:               Eins              Zwei             Drei              Vier               Fünf                        

Beteilig:%1977        81                   79,9                  79,8             76,9              73                  68,2

                    1978       75,7                75,8                  74,7                                   70,6               61,2                                            gült.Stim: 1977      4709               1009                  1106            696               1177              721  

                    1978      4620                967                  1039            709               1144              761  

CDU /%     1977    2070/44,0      445/44,1      466/42,1         315/45,3        517/43,9       327/45,3

                    1978  1872/40,5       578/39,1      422/40,6          317/44,7       449/39,2       304/40,2 

SPD/ %     1977   1551/32,9       336/33,3       350/31,7         214/30,7       413/35,0        238/33,0

                   1978  1645/35,6       360/37,2       383/36,9         241/34,0       438/38,3        233/29,3

FDP/%      1977      394/ 8,4          67/6,6           58/5,2               44/6,3             94/8,0        131/18,2

                   1978     477/10,3         72/7,4            60/5,8               44/6,2           115/19,1     186/24,4

NFWG/% 1977     694/14,7       161/16,0      232/21,0          123/17,7         153/13,0      25/3,5    

                  1978    626/13,5       157/16,2      174/16,7          107/15,1         142/12,4      46/6,0

Wahlbezirke: I = Neckarstraße, II = Schillerstraße, III = Schulstraße  IV = Waldstraße, V = Ochsengrund                        

Die Konstituierung des neuen am 12. März 1978 gewählten Parlamentes.

Im Ergebnis der Wahl änderte sich nur, dass die CDU einen Sitz an die FDP abgeben musste. Es erhielten jetzt: CDU 13, SPD 11;NFWG 4 und FDP 3 Sitze.
Am 11. April 1978 fand sodann die konstituierende Sitzung der Gemeindevertretung nach der Wiederholungswahl, diesmal im Feuerwehrgerätehaus, statt. In dieser Sitzung wurde lediglich der Gemeindevertretervorsteher gewählt, den wieder die CDU Fraktion, mit Flugkapitän Jürgen Renner, stellte. Ebenfalls stimmte die Gemeindevertretung der Gültigkeit der Wiederholungswahl zu. Durch diese Wahl gewann die SPD einen Sitz und die CDU verlor einen Sitz. Die NFWG, die sich durch die Wiederholungswahl einen Sitzgewinn versprach, blieb bei 4 Sitzen.

Die weitere Konstituierung des Parlamentes fand in der 2. Sitzung, mit der Wahl des Gemeindevorstandes, am 14.Mai 1978 statt.
In den Gemeindevorstand gewählt wurden:
Bürgermeister Rudolf Zaich (von Amtes wegen)
Von der CDU:  Hans Förster 1. Beigeordneter und  Wilhelm Kuhlmann
Von der SPD:   Jürgen Schleidt und Rolf Teichmann
Von der FDP:    Heinrich Hof (dieses Mandat trat die CDU an die FDP ab.)

Durch die Wahl von Mandatsträgern in den Gemeindevorstand rückten die entsprechenden Nachrücker in die Gemeindevertretung nach.

Nach dem Ausscheiden von Dieter Bröcking (SPD) aus dem Gemeindevorstand (wegen beruflicher Versetzung und damit Wegzug aus Nauheim rückte jetzt Jürgen Schleidt (SPD) in den Gemeindevorstand nach. Hans Förster (CDU) trat 1979 als 1. Beigeordneter zurück. Für ihn rückte Ortwin Lempert in den Gemeindevorstand nach und Wilhelm Kuhlmann wurde 1.Beigeordneter. Am 4. Juli 1980 rückt Hans Joachim Brugger für den ausgeschiedenen Heinrich Hof in den Gemeindevorstand nach.

Ebenfalls hat das Parlament  5 Ausschüsse konstituiert, dessen Vorsitzende folgende Parlamentarier wurden:
Bau- und Raumplanungsausschuss: Horst Glotzbach
Haupt –und Finanzausschuss: Walter Luft
Sozialausschuss: Winfried Philipp
Ausschuss für Landwirtschaft und Umwelt: Alwin Geyer, Sport- und Kulturausschuss: Wilfried Graul. Später (Juli) noch die Institution eines Ehrenrates gewählt, der bei Streitfragen zwischen den Fraktionen oder Gemeindeparlament und Gemeindevorstand schlichtend und vorklärend eingreifen soll. In dieses Amt wurden die 4 Fraktionsvorsitzenden gewählt: Siegfried Lang (CDU) Volker Engroff (SPD) Hermann Reitz (NFWG) und Wilfried Graul (FDP). Noch im Laufe des Jahres 1978 trat der CDU Gemeindevertreter Willi Bertram zurück. Für ihn rückte Horst Peter Lihl von der Liste der CDU nach. Mit seinen 22 Jahren ist Lihl nun der jüngste Gemeindevertreter.

Die Änderung in den Führungsgremien der Nauheimer Parteien:

Bereits im Januar 1978  kandidierte der seitherige SPD Vorsitzende Volker Engroff, nach 5-jähriger Tätigkeit, nicht mehr für diese Amt. Er wurde abgelöst von dem 43-jährigen Alfred Geyer. Engroff wurde jetzt Vorsitzender der SPD-Fraktion im Gemeindeparlament. Bei der Nauheimer CDU vollzog sich ebenfalls ein Führungswechsel. Zunächst verzichtete der seitherige CDU –Vorsitzende Siegfried Lang noch 1977 auf eine weitere Kandidatur. Neuer Vorsitzender wurde Dieter Schasiepen, als dessen Stellvertreter wurden Hans Förster und Otto Habermann gewählt .Nach dem Rücktritt des Vorsitzenden Dieter Schasiepen und seiner Ehefrau Maria, leitete jetzt  der stellvertretende Vorsitzende Hans Förster die  Geschäfte der CDU,
der jedoch bei der Neuwahl des Vorstandes im November 1978 von Hans Joachim Brugger als neuer Vorsitzender abgelöst wurde.

Am 8. November 1979 wurde jedoch wieder Siegfried Lang zum Vorsitzenden des CDU –Ortsverbandes gewählt. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Nauheimer Ortsverein der CDU 73 Mitglieder. Winfried Philipp, wurde jetzt Vorsitzender der CDU-Fraktion und löst in dieser Position Siegfried Lang ab. Bei der Jungen Union der CDU-Jugendorganisation 1978 Siegfried Lösel nach einem Jahr wieder in seinem Amt bestätigt. Bei der NFWG  wurde 1977, Hermann Reitz, nachdem er gerichtlich von allen gegen ihn erhobenen Vorwürfen freigesprochen worden ist, Vorsitzendender der NFWG. Im Mai 1979 wählt die NFWG Heinz Jüngling zu ihrem Vorsitzenden. Heinz Jüngling löst damit Hermann Reitz als Vorsitzender ab, der sich ganz seiner Arbeit im Gemeindeparlament, als Vorsitzender der NFWG-Fraktion, widmen will.

Das kommunalpolitische 17 Punkte Programm:

Bei der bei den letzten Kommunalwahlen, durch eine Mehrheit der CDU und einem SPD Bürgermeister, entstandenen Situation, mussten Wege gefunden werden wie es jetzt weitergehen sollte. Es galt vor allem für die CDU-SPD und FDP, die NFWG bei einer gemeinsamen Kommunalpolitik rauszuhalten. Als Ausweg erarbeitete man ein 17 Punkte Programm für die kommunale Weiterentwicklung in der bevorstehenden Legislaturperiode, in der auch die Wiederwahl des Bürgermeisters Zaich ansteht. Dieses legendäre 17 Punkte Programm, gemeinsam erarbeitet von CDU-SPD und FDP hatte folgenden Inhalt:

PRÄAMBEL
Mit dem Ziele, in der gegenwärtigen Legislaturperiode 1978-1981 vorrangig anstehende Sachprobleme zu lösen, vereinbaren die, in der Nauheimer Gemeindevertretung vertretenen Fraktionen der CDU- der SPD und der FDP ungeachtet der politischen Gegensätze, eine sachorientierte Zusammenarbeit in den nachfolgend aufgeführten gemeindlichen Vorhaben.

Arbeitsprogramm.
Flächennutzungsplan: (1)
Änderung des Flächennutzungsplanes –wie geplant- mit der Realisierung  der Gemeinbedarfsfläche  im „Feldchen“. Das Mischgebiet muss als Bebauungsplan an der Rüsselsheimer Straße , Einkaufszentrum und
Berzallee ausgewiesen werden. Das „Feldchen „ wird für die Gemeinbedarfsfläche freigehalten.
Bebauungsplan „Wolfsberg“: (2)
Schnellstmögliche Beschlussfassung und Verabschiedung des Bebauungsplanes „Wolfsberg“Gemeinbedarfsfläche: (3)
Bedarfsermittlung und Vergabe zur Planung der Gemeinbedarfsfläche.
Sporthalle: (4)
Grundsatzbeschluss zur Errichtung einer Sporthalle( 27 x 45 m) mit Erweiterungsmöglichkeit.
Errichtung einer Sporthalle an der Schule ,die gleichzeitig den schulischen Belangen und den Anforderungen der sporttreibenden Vereine gerecht werden soll. Hierbei genießen Gesichtspunkte der schulischen Nutzbarkeit, der Bezuschussung durch Land und Kreis, der Folgelastenbeteiligung durch den Kreis einerseits und Durchsetzung der Errichtung spätestens im Haushaltsjahr 1980 andererseits, vorrangige Beachtung.
Schließung der schienengleichen Bahnübergänge in Nauheim: (5)
Vorrangig ist die Errichtung einer Straßenüberführung Ost und einer Fußgänger-/Radfahrer- Unterführung in der Bahnhofstraße im Zuge der Beseitigung des schienengleichen Überganges Bahnhofstraße zu betreiben.
Es ist alsbald zu prüfen, ob im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde und unter dem Aspekt der Bauwerksverkürzung( durch Aufgabe der „Alten Mainzerstraße“ als Durchgangsstraße) die Schaffung einer Straßenunterführung möglich ist.
Alternativ wird die Errichtung der technisch kürzesten Straßenüberführung (Dammwerk) unter vorrangiger Wahrung städtebaulicher Gesichtspunkte vereinbart. In Höhe der Alten Mainzer Straße oder im Zuge des Brückenbauwerkes soll ein Fußgängerdurchlass eingeplant werden.
Altes Rathaus: (6)
Der Bestand des alten Rathauses ist abhängig von der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes. Entsprechend der Gerichtsentscheidung wird das Gebäude abgebrochen oder renoviert und einer sinnvollen Nutzung zugeführt.
Grünplan: (7)
Im Zuge der Orts- und Umgebungsgestaltung wird ein Grünplan erstellt und schrittweise verwirklicht. Vor Erteilung eines Planauftrages sind die zuständigen gemeindlichen Gremien damit zu befassen.
Altenwohnheim: (8)
Die Errichtung eines Altenwohnheimes erfolgt im Mischgebiet “Wolfsberg“ durch die Baugenossenschaft Ried unter Bereitstellung des Geländes durch die Gemeinde Nauheim.
Bebauungsplan „Ost“: (9)
Verabschiedung des Bebauungsplanes „Ost“ nach dem vorliegenden  Entwurf (Freiflächen für Freizeiteinrichtungen)
Jugendbegegnung: ( 10)
Die Jugendbegegnungsstätte in der alten Schule wird von der Gemeinde schnellstens fertiggestellt und den Jugendlichen übergeben. Für eine personelle Betreuung ( ggf. Ortsjugendring und/ oder Sozialpädagoge) ist zu sorgen.
Die Förderung der Jugendbegegnung soll durch die finanzielle Unterstützung  von Jugendgruppen erfolgen.
Verkehrsanbindung „Teich“: (11)
Eine bessere Verkehrsanbindung des „Wohnparks Teich“ soll durch eine vorrangige und zügige  Herstellung der Verbindung Entenstraße  und Hermann Löns-Straße erreicht werden.
Erweiterung des Rathauses: (12 )
Die Notwendigkeit neuer Arbeitsräume im Rathaus ist erkannt. Die Raumplanung ,
unter Einbezug der Schaffung eines ausreichend großen Sitzungssaales, ist zu betreiben.
Lohnsummensteuer: (13)
Beibehaltung der Lohnsummensteuer im Kalenderjahr 1978. Eine Senkung der Lohnsummensteuer wird durch eine Erhöhung der Gewerbesteuer ausgeglichen.
Mehrzweckhalle „Im Teich“: (14)
Im Rahmen der Übernahmeverhandlung des Baugebietes „Im Teich“ wird von der Firma K&B ein Mehrzweckgebäude (vorrübergehende Nutzung als Kindergarten) als Gegenleistung für nicht zu behebende Mängel gefordert.
Lärmschutzwall: (15)
Der Lärmschutzwall „Im Teich“ ist von der Firma K&B so zu gestalten, dass die gesetzlich geforderten Richtwerte erreicht werden. Weiterhin ist zu prüfen, ob schallschutzdämmende Maßnahmen zu Schutz des Baugebietes „Wolfsberg“ erforderlich sind.
Anschlussbeiträge: (16)
Die Kanal- und Wasseranschlussbeiträge  sind für Neubaugebiete an den tatsächlich entstehenden Kosten anzupassen.
Überprüfung der Kindergartensituation: (17)
In die Überprüfung sind einzubeziehen:
Verringerung der Gruppenstärke (auf max. 20 Kinder )
Einstellung eines/r Sozialpädagogen/in und weiterer Hilfskräfte( möglichst je Gruppe)
Ausbau der vorschulischen Erziehung ggf. mit Beitragsfreiheit im letzten Kindergartenjahr oder Eingangsstufe  bei der Grundschule über den Schulträger.
Anpassung der Kindergarten-Beiträge.

Funktionen:
Die Zahl der Beigeordneten von 5 bleibt unverändert (Hauptsatzung wird nicht geändert). Den Gemeindevertretervorsteher stellt die stärkste Fraktion. Die zwei gleichberechtigten Stellvertreter werden über eine gemeinsame Liste gewählt. (Listenführer wird von der SPD gestellt.)
Änderung der Geschäftsordnung und Schaffung eines Ältestenrates, der sich zusammensetzt aus: Gemeindevertretervorsteher, Stellvertreter und den Fraktionsvorsitzenden.

Die Zahl der Ausschüsse  (5)  und der Ausschussmitglieder (7) bleiben unverändert.
Die Ausschüsse werden wie folgt besetzt:
Haupt- und Finanzausschuss                              Vors. SPD     Stellv. CDU
Bau –und Raumplanungs-Ausschuss:              Vors. SPD     Stellv. CDU 
Sozialausschuss:                                                    Vors. CDU    Stellv. NFWG 
Sport- und Kultur-Ausschuss:                            Vors. FDP     Stellv. CDU
Ausschuss für Landwirtschaft und Umwelt:  Vors. CDU    Stellv. SPD
Damit alle Mitglieder der SPD-Fraktion an der Ausschussarbeit beteiligt werden können, entsendet die SPD Mitglieder in den Landwirtschafts- und Umweltausschuss.

Diese Vereinbarung ist unterzeichnet:
Für die CDU: Hans Förster und Siegfried Lang 
Für die SPD: Hanno Noll und Jürgen Schleidt
Für die FDP: (unleserlich)

Im Juli 1978 wurde dieses 17-Punkte Programm mehrheitlich im Parlament beschlossen und somit zur Grundlage kommunaler Arbeit für die nächsten 3 Jahre gemacht. Nach der Stellungnahme der NFWG, durch ihren Fraktionschef Reitz, ohne die dieses Programm erarbeitet wurde, verließ die Fraktion der freien Wähler den Sitzungsraum, nahm also an der Abstimmung nicht teil.

50 Jahre freiwillige Feuerwehr Nauheim.

In der Zeit vom 23. Juni bis zum 3. Juli 1978, feierte die freiwillige Feuerwehr Nauheim  in einem grossangelegten Fest ihr 50-jähriges Bestehen, verbunden mit dem 32. Kreisfeuerwehrtag. Schirmherr dieses Festes war Landrat Willi Blodt. Beginnend mit einer akademischen Feier in der Jahnturnhalle, unter derMitwirkung des Musikvereins und den Eintracht Sängern, am 23. Juni, fand am 30. 6. der eigentliche Festauftakt in einem Festzelt mit der Kapelle „Les Rubies“ statt. Am Samstag ,dem 1. 7. folgte dann  der Festball  im Festzelt mit Günther Noris und der Big-Band der Bundeswehr.

Am folgenden Sonntag ,dem 2.7., gab es am Morgen des Tages eine Sternfahrt der Feuerwehrfahrzeuge des Kreises , die vom Jugendblasorchester Nauheim umrahmt wurde, bis sich dann am Nachmittag ein großer Festzug durch die Straßen Nauheims bewegte. Im Anschluß daran gab es im Festzelt reichliche Musikdarbietungen der Spielmanns-Fanfaren-und Musikzüge, die am Festzug teilgenommen hatten, bis dann am Abend ein Festkommers unter Mitwirkung der Nauheimer Vereine, mit anschließendem Tanz, mit dem Tanzorchester des Musikvereins, im Festzelt stattfand. Montags gab es einen zünftigen Frühschoppen im Festzelt mit der „Nauheimer Dorfmusik“ und einer Kinderbelustigung am Nachmittag. Am Abend dann nochmals einen „Musikabend“ an dem der Musikverein Nauheim, der SKV-Muzsikzug, die „Les Rubis“, das Tanzorchester des Musikvereins und die „Dorfmusikanten“ teilnahmen.Beendet wurde das Fest  am selben Abend mit einem „Großen Zapfenstreich“ auf dem Festgelände, unter Mitwirkung des Musikvereins, dem SKV-Musikzug und dem Spielmannszug Dornheim.Zur Feier des Jubiläums hat die Feuerwehr eine schöne, in Glanzpappe gebundene, Festschrift mit allerhand Wissenswertem, herausgegeben.

Haushalt 1978  einstimmig verabschiedet:

Wieder einmal wurde ein Haushalt mit seinen Anlagen sowie dem Investitionsprogramm für die Jahre 1977 –1981, im Juni 1978, einstimmig verabschiedet. Der Haushalt hat ein Volumen von 10,5 Millionen DM, davon 8,5 Millionen im Verwaltungshaushalt und 2 Millionen DM im Vermögenshaushalt. In diesem Haushalt so wurde in der Diskussion festgestellt, sei wenig vom 17 Punkte-Programm des Dreierpaktes zu spüren, da der Haushalt  wenig „Neues“ biete und hauptsächlich dem Erhalt des “Alten“, ohne Verbesserung der Infrastruktur diene. Es sei ein Haushalt ohne Sensationen. So stehe im Investitionsprogramm Vieles was alle Fraktionen wollen. Erfreulich sei jedoch die Feststellung, dass im Erholungsgebiet Hegbachsee seit 1975 bereits eine halbe Million erwirtschaftet worden sei.

Interessant ist auch festzustellen, dass im Haushalt DM 300.000 für den Ankauf von Gelände im „Baugebiet Ost“ bereitgestellt werden. Für die Begrünung des Menzelweges (entlang der Schwarzbach) wurden DM 30.000 bereitgestellt. Aufgrund eines Antrages der CDU-Fraktion wurden für den Abschluss eines neuen Bausparvertrages in Höhe von 1 Million DM, die erforderlichen Mittel bereitgestellt. Ebenso erfreulich wurde die Einstellung einer 2. Gemeindeschwester gesehen, deren Stelle nun im Stellenplan beschlossen wurde. Bedauerlich jedoch wurde registriert, dass die vorgesehenen Mittel für eine Jugendbegegnungsstätte gestrichen wurden. Eine schon seit Jahren erhobene Forderung der Parlamentarier, nach erheblichen Drängen der Nauheimer Jugendorganisationen.

CDU lässt die Bürger zu Wort kommen.

Da die CDU Nauheim eine vermehrte Bürgerbefragung zu anstehenden kommunalen Problemen forderte, geht sie mit gutem Beispiel voran und startet im Juni 1978 eine Bürgerbefragung  zur Bebauung des „Feldchens“. Gewünscht war die Meinung zur Frage:  Wie soll die Bebauung des Feldchens aussehen?

Zu dieser Bürgerbefragung ging der CDU auch ein von 28 Bürgern unterzeichneter offener Brief, in dem zur Feldchenbebauung, als auch zum Grünplan der Gemeinde Stellung bezogen wurde. Darin  heißt es: „Die Gemeindebedarfsfläche in dem Baugebiet „Wolfsberg“ sollte einen Mehrzweckpavillon, eine Bücherei, ein Rathaus, ein Musikpavillon, ein Hallenbad, Grünflächen, Kinderspielplätze und einen Übungsplatz für die Feuerwehr enthalten, der gleichzeitig als Festplatz genutzt werden kann. Sie forderten ebenso die Erhaltung der natürlichen Landschaft, was auch für den Wald gelten solle. Die Zerstörung der Landschaft  durch nicht genehmigte Bauvorhaben in der gesamten Gemarkung müsse verhindert werden.“

Forderung nach einer Musikfachschule:

Schon im September 1978 forderte der Gemeindevertreter und ehemalige Beigeordnete Willi Keylwerth, anlässlich seines 25jährigen Bestehens seines Musikinstrumenten-Geschäftes in der Straße am Schleifweg, eine Musikfachschule für Nauheim. Für die Musikinstrumentenindustrie sei eine solche Schule, oder zumindest ein entsprechender Ausbildungszweig an der Berufsschule, notwendig,  um den Fortbestand  dieser Industrie zu sichern, der es sonst in Zukunft an geeignetem Fachpersonal mangeln werde, so führte er aus. In seiner Heimatstadt Graslitz sei die staatliche Musikfachschule das Fundament der weltweit berühmten Musikinstrumentenindustrie gewesen. So könne auch in Nauheim der sichere Fortbestand des Musikinstrumentenbaues durch solch eine Fachschule gesichert werden. Da es zu Zeit keine Möglichkeit für solch eine Ausbildung als Musikinstrumentenbauer gäbe, müssten die Auszubildenden der Nauheimer Betriebe bis nach Ludwigsburg oder noch weiter fahren um die erforderlicher Ausbildung erhalten zu können. Der Landtagsabgeordnete Martin Schlappner sagte Keylwerth spontan seine Unterstützung in dieser Frage zu. Er betonte ,dass nach seiner Meinung, eine solche Musikfachschule für die Musikgemeinde Nauheim unabdingbar sei. 

Hausaufgabenhilfe für schwache Schüler:

Gemäß Beschluss der Gemeindevertretung im Oktober 1979, bekommen Nauheimer Schüler jetzt eine Unterstützung. Für Kinder, die in der Grundschule Probleme haben wird jetzt eine Hausaufgabenhilfe durchgeführt, die es den Schülern ermöglichen soll ,im Unterricht mitzuhalten. Dieser Beschluss geht auf einen Antrag der CDU-Fraktion im Gemeindeparlament zurück und wurde im Sozialausschuss, im Beisein von Vertretern des Nauheimer Lehrerkollegiums  und des Elternbeirates der Schule,beraten. So wird  der Kurs “Hausaufgabenhilfe „ zukünftig  von der Kreisvolkshochschule angeboten, die auch den Dozenten stellt. Zweimal wöchentlich wird eine, in Nauheim wohnende, pädagogische Fachkraft, diesen Kurs durchführen. Die Kinder werden von den Lehrern für diesen Kurs vorgeschlagen und die Gemeinde zahlt die Kursgebühren an die Kreisvolkshochschule. Diese Hausaufgabenhilfe soll zunächst nur im Winterhalbjahr 1979/80 durchgeführt werden um die erforderlichen Erfahrungen zu sammeln, ob sich die Hausaufgabenhilfe überhaupt lohnt.

Arbeitskreis Flughafenerweiterung gegründet:

Im Mai 1979 beschloss die Nauheimer Gemeindevertretung mit großer Mehrheit die Bildung eines Arbeitskreises Flughafenerweiterung. Diese Aufgabe wurde dem Ausschuss für Landwirtschaft und Forsten übertragen. Die Bildung des Arbeitskreises wurde erforderlich, da  die beabsichtigte und bevorstehende Erweiterung des Frankfurter Flughafens die Flugaktivitäten über dem Gebiet der Gemarkung Nauheim vermehrt und damit zu einer stärkeren Belästigung für die Bürger Nauheims führt.

Bürgerinitiative gegen den Flughafenausbau.

Fast gleichzeitig mit der Gründung des Arbeitskreises Flughafenerweiterung , wurde im Juli 1979, eine Bürgerinitiative gegen den Flughafenausbau gegründet. Bei zwei in der Gründungsversammlung durchgeführten Wahlen, wurden Richard Stephan zum Vorsitzenden und Alois Raunheimer zu seinem Stellvertreter gewählt. Mit der Gründung dieser BI verstärkt sich die Front der Erweiterungsgegner, nachdem vorher ein Arbeitskreis Flughafenerweiterung kommunal aus den Vertretern der im Parlament vertretenen Parteien gebildet wurde.

Nauheims alte Brückenwaage wird abgerissen.

Wieder einmal fiel ein Relikt aus der Vergangenheit dem technischen Fortschritt zum Opfer. Es war im April 1979, als die einzige, noch existierende Brückenwaage an der Ecke Bahnhof/Carlo-Mierendorfstraße  abgerissen wurde. Es war eine in einem geschlossenen Gebäude untergebrachte  Waage, auf der imbesonderen die Fahrzeuge ihre Ladung wogen, die Ihre Erzeugnisse zur Stogahalle brachten. Oberhalb des Gebäudes konnte man noch das Schild lesen, das zur Markthalle hinwies. Der Abriss der Waage begann am 25 April um 9 Uhr und war am gleichen Tage um 17 Uhr beendet. Nach dem Abriss gestaltete man den Platz auf dem die Brückenwaage stand neu. Man legte Parkplätze an und begrünte die Seite zur Bahnhofstraße. Zuletzt diente diese Brückenwaage als Abstellraum für die Geräte der DRK-Ortsgruppe Nauheim.

Aktion Lebensbaum der CDU Nauheim:               

Erstmals hat im Mai 1979 der Ortsverband der CDU Nauheim die „Aktion Lebensbaum“ ins Leben gerufen.  Mit der Aktion griffen die Nauheimer Christdemokraten eine alte Tradition wieder auf, bei der Geburt eines neuen Erdenbürgers einen Baum zu pflanzen, dessen Wachsen und Gedeihen sinnbildlich für den Wunsch steht, dass auch das Kind groß, stark und gesund werde. Zum Verteilen der Bäumchen hatte sich die CDU den wohl markantesten Baum Nauheims, nämlich den Kastanienbaum auf dem Friedrich Ebertplatz ausgesucht, der gerade zum Aktionstermin wieder seine volle grüne Pracht entfaltete. Diese Aktion hat die CDU Nauheims bis in die heutige Zeit beibehalten.

Großbrand „Im Herrnhügel“ Verdacht auf Brandstiftung ?

In der Nacht zum 25. Juni 1979, um 0,45 Uhr, wurde die Nauheimer Wehr ,unterstütz von auswärtigen Wehren ,zu einem Großbrand  in das Gewerbegebiet „Der Herrnhügel“ gerufen. Die Produktions -und Lagerhalle der Fa. Hans Börner wurde dabei völlig zerstört. Rund 100 Feuerwehrleute aus Nauheim-Groß-Gerau und Rüsselsheim waren im Einsatz. So konnte das Feuer, das um 0.42 Uhr gemeldet worden war, bis 2,15 Uhr unter Kontrolle gebracht werden, worauf die Nauheimer Wehr noch Brandwache bis um 7.00 Uhr am Morgen hielt. Der Schaden ,so wurde damals gemeldet belief sich auf rund 1,2 Millionen DM, wobei die 1971 errichtete Halle ,in der Bauteile aus glasverstärktem Polyesterharz hergestellt wurden, völlig ausbrannte, sodass nur verkohlte Reste vom Anbau der Werkshalle übrig blieben, in dem vermutlich das Feuer ausgebrochen war. Die Platten des Eternitdaches zerplatzten und bildeten dadurch eine zusätzliche Gefahrenquelle für die Feuerwehren. Wie der Geschäftsführer der Firma Ortwin Lempert mitteilte, sei ihm völlig unerklärlich, wie das gelagerte Polyester in Brand geraten konnte, da es eine hohe Entzündungstemperatur benötige. So äußerte Lempert den begründeten Verdacht, dass es sich um eine Brandstiftung handeln könne.

Hermann Schmitt-Vockenhausen, ein Freund Nauheims, ist tot.

Für viele Legislaturperioden  des Bundestages (seit 1953) war Hermann Schmitt- Vockenhausen der Kandidat und Vertreter des Wahlkreises Groß-Gerau, somit auch der Gemeinde Nauheim im Bundestag. Er war ein guter Verwalter der Bürgerinteressen, auch der Nauheimer, und ein stets gern gesehener, bestimmt auch unvergessener Gast in Nauheim. Im Bundestag begleitete er das Amt eines Bundestags-Vizepräsidenten (seit 1969)  und war Experte für Inneres und Kommunalpolitik.

Hermann Schmitt-Vockenhausen verstarb im Alter von 56 Jahren, im Bundeswehr-Zentralkrankenhaus in Koblenz, an Magenkrebs. Man kannte ihn in der gesamten Bundesrepublik und darüber hinaus besonders unter dem Kürzel HSV. Selbst seine Familie sagte so oft zu ihm: „HSV - pack nicht so viel an. Du musst dich mehr schonen.“ Außer den og. Ämtern war er auch noch Präsident des deutschen Städte- und Gemeindebundes, sowie Präsident der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald. HSV wohnte in Bad-Soden am Taunus, wohin er stets jeden Abend, so kurz vor Mitternacht, von Bonn, 200 km bis in die Oranienstraße fuhr und dann morgens, kurz nach dem Frühstück, wieder zurück nach Bonn fuhr. Er war, so sagte man ihm nach „Bonns  prominentester Fernpendler“. Auch zu Nauheims Bürgermeister Reitz verband ihn eine starke politische Freundschaft, die bereits in der Zeit als er Betriebsrat bei Opel und Vorsitzender der“ Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Opel-Arbeitnehmer „(ARSO) war, begann. Hermann Schmitt-Vockenhausen wurde am 31. Januar 1923 in  Vockenhausen im Taunus geboren. Mit einem Staatsbegräbnis erfolgte seine Beisetzung, am 9. August 1979 in Bad –Soden, unter Anteilnahme  von führenden Politikern aus Bund-Länder und Gemeinden.

Aufstand in der Nauheimer CDU.

Als Hans Förster als Erster Beigeordneter am 8.11.1979 zurücktritt, stehen die Zeichen bei der CDU-Nauheim auf Sturm. Obwohl Hans Förster öffentlich mitteilte, dass er nicht aus Verbitterung weiche, wusste doch jeder Insider, warum sich Hans Förster aus der Kommunalpolitik  zurückzog. Wie der CDU-Ortsverbandsvorsitzende Siegfried Lang sagte: „Es sei jemand von Bord gegangen, den man auf dem Schiff nicht mehr halten konnte.“ Im übrigen bezichtigte Siegfried Lang Hans Förster mit Anderen des Ortsverbandsvorstandes, der Geheimbündelei, worauf ein langjähriger Mitstreiter von Lang, nämlich Otto Habermann , ein führender Kopf in Vorstand und Fraktion der CDU, sich weigerte weiter im Vorstand mitzuarbeiten. Bei dem Schritt von Hans Förster soll es sich vornehmlich um Meinungsverschiedenheiten mit dem Vorsitzenden Lang gegangen sein. „Hans Förster, der 15 Jahre an allen für die Gemeinde entscheidenden Projekten und Entschlüssen mitgearbeitet hat, hat seine ganze Tatkraft für das Wohl der Gemeinde eingesetzt“, hob der Bürgermeister in seiner Abschiedsrede hervor und verlieh ihm zur Würdigung seiner geleisteten Arbeit die Ehrenplakette, eine der höchsten Auszeichnungen der Gemeinde, für seine geleistete Arbeit. Nachfolger Im Gemeindevorstand als Erster Beigeordneter wurde Wilhelm Kuhlmann, der schon seit 1977 dem Gemeindevorstand angehört, während Ortwin Lempert in den Gemeindevorstand nachrückte.

Weihnachten 1979 - Eine Nauheimer Bürgerin  wird 100 Jahre.

Eine große Schar von Gratulanten beglückwünschte am Samstag, dem 22. Dezember1979, Frau Margarethe Fritsch zu ihrem 100. Geburtstag. Damit ist die Jubilarin die älteste Einwohnerin des Kreises und auch der Gemeinde Nauheim. Bürgermeister Rudolf Zaich überreichte dem Geburtstagskind eine Ehrenurkunde, die mit 100 kupfernen Glückspfennigen bestückt war. Mit ihm war Hans Förster gekommen, der der alten Dame ein gelaufenes Hufeisen , verziert mit einer schmiedeeisernen Rose, ihren Initialen und ihrem Geburtsdatum, schenkte. Der Bürgermeister überbrachte noch einen Brief des Bundespräsidenten  Karl Carstens. Auch der hessische Ministerpräsident Holger Börner sprach seine Glückwünsche aus, dessen Schreiben von Landrat Willi Blodt, überbracht wurde. Willi Blodt schenkte Frau Fritsch neben der Urkunde noch ein Sparschwein mit 100 Markstücken. Ein Gedicht zum 100. Geburtstag, verfasst und vorgetragen von Hans Förster, bereitete der Jubilarin große Freude.

Wissenswertes – kurz berichtet

Im November 1977 wird in Nauheim ein „Italienischer Familienverein gegründet.

Freiwillige Feuerwehr Nauheim 50 Jahre

Vom 23. Juni bis zum 3. Juli1978 feiert die „Freiwillige Feuerwehr Nauheim“ ihr 50-jähriges Bestehen. Höhepunkte dieses Festes waren der Festzug, an dem fast alle Wehren des Kreises und darüber hinaus teilnahmen und die Veranstaltung mit der „Big Band der Bundeswehr unter dem Dirigenten Günther Noris.

Bachgassenfest:

Am 25. Mai 1978 fand zum ersten mal das „Bachgassenfest“, veranstaltet vom Kegelclub „Gut Holz 1928“ ,der auch in diesem Jahre sein 50-jähriges Jubiläum feierte, in der Bachgasse, im Volksmund “Dreihäisergasse „ genannt statt.

Dieses Fest entwickelte sich in den Folgejahren, bis zur endgültigen Aufgabe in den 90er Jahren, zu einem sehr beliebten Volksfest bei Musik und deftigen Speisen. Nach 20 Jahren stellte sodann der Verein im Jahre 1998 die Veranstaltung des Bachgassenfestes ein.

Eine Straße nach Wenzel Jaksch benannt.

Am 4. September 1978 wurde im Gemeindeparlament, auf Antrag der Fraktion der NFWG, eine Straße im „Baugebiet Wolfsberg“ nach Wenzel Jaksch benannt. Die Bitte, eine Straße nach diesem sudetendeutschen Arbeiterführer zu benennen erfolgte von der Seliger-Gemeinde, Kreisgruppe Groß-Gerau, über die NFWG an den Gemeindevorstand. Dr.h.c.Wenzel Jacksch , geb.am 25.9.1896, gest. 27.11.1966 in Langstrobnitz, Bezirk Kaplitz, im südlichen Böhmerwald, war ein Politiker ersten Ranges. Bereits 1950 wurde er auf Empfehlung der Vorsitzenden der SPD Kurt Schumacher in den Parteivorstand der SPD gewählt.1953 rückte er in den Deutschen Bundestag ein, in dem er 2 Perioden tätig war. Im September 1959 erfolgte seine Wahl zum Präsidenten der Bundesversammlung der sudetendeutschen Landsmannschaft. 1963 erfolgte in Amerika seine Ernennung zum Ehrendoktor und im März 1964 wurde er zum Präsidenten der Vertriebenen(BVD) gewählt. Im Mai1966 erfolgte seine Wiederwahl in dieser Position. In einer Feierstunde der Seligergemeinde, wurde in Anwesenheit des Bürgermeisters Zaich und Vertretern der Nauheimer SPD der Arbeiterführer aus der alten Heimat besonders gewürdigt. Bezeichnend war, dass bei dieser Feierstunde kein Vertreter der NFWG, dem Antragsteller für die Namensgebung, eingeladen war.

Wasser auch für Nauheim:

Im Jahre 1978 feiert  der Wasserverband „Gruppenwasserwerk Gerauer Land“ sein 50-jähriges Bestehen. 1928, auf Initiative des damaligen Bürgermeisters Dr. Bernhard Lüdecke, Groß-Gerau, gegründet, hat sich das Werk zu einem wichtigen Versorgungsunternehmen der Gemeinden in der Wasserversorgung entwickelt. Im Grußwort einer Festschrift schreibt der Verbandsvorsteher und Groß-Gerauer  Bürgermeister Endrik Lankau:

„Das Wasserwerk besteht nunmehr seit 50 Jahren. Früher Beweis vorausschauender kommunaler Zusammenarbeit durch Gründung eines kommunalen Zweckverbandes  Jahrzehnte vor Gebiets- oder Funktionalreform. Niemand aus den damaligen Gemeinden Berkach, Büttelborn, Dornberg, Groß-Gerau, KleinGerau, Nauheim, Wallerstädten, Worfelden und später noch Astheim, Geinsheim, Hessenaue und Trebur hätte 1927 daran gedacht, dass sich das mit einer Tagesleistung von 2500 cbm errichtete Werk bis heute zu einem modernen leistungsfähigen Werk entwickeln würde, das fast die 6-fache Leistung erbringt und ein Anlagevermögen von vielen Millionen DM besitzt, dabei über 247 km Versorgungsleitungen und über 10.000 Hausanschlüsse.“

Interessant sind die Ausführungen von Franz Flach, dem Gross-Gerauer Heimatforscher, die er während der Festlichkeiten zum Jubiläum machte, indem er einige Erinnerungen zum Besten gab:

„Im Oktober 1946 trat ich in die Dienste des Gemeindeverbandes für das Gruppenwasserwerk Gerauer Land. Der zweite Weltkrieg hatte seine Spuren hinterlassen. Das Betriebsgebäude und das Wohnhaus waren stark zerstört.Der im Jahre 1928 eingeweihte Brunnen war vernichtet. Die Wasserversorgung musste durch Fremdbezug aufrechterhalten werden.Es war unaufbereitetes Waser der Konservenfabrik Helvetia aus Groß-Gerau.

Unsere Aufgabe ,mit unzureichenden Mitteln die Versorgung wieder in Griff zu bekommen, war nicht leicht. 1947 kam die erste große Belastungsprobe auf uns zu- ein extrem trockenes Jahr. Der Hochbehälter ,der einzige Speicher, konnte nachts nicht mehr gefüllt werden. Die Verbandsgemeinde Worfelden, sie liegt  7 Meter höher als das Wasserwerk, blieb tagsüber ohne Wasser. Damals besaß kein Haus einen Wasserzähler.......

Der Kommandant der Amerikaner verlangte ,das Trinkwasser zu chloren. Ein entsprechendes Gerät hätte 15.000 RM gekostet! Seine Anschaffung wurde immer wieder durch geschickte Ausreden und mit Hilfe  des Wasserwirtschaftsamtes verzögert....... Mit einer Rolle Handkäse konnte man zu dieser Zeit auch einen Rohrlieferanten dazu verleiten, Rohre für die Waserversorgung herbeizuschaffen.

Anfang der 50-er Jahre kam ein neuer Brunnen hinzu. Die Filteranlage wurde erweitert, neue Kreiselpumpen installiert. Es ging wieder aufwärts.

In der Gemeinde Nauheim fand mit Hilfe des Marshall- Plans der Aufbau der Musikindustrie statt.Das Rohrmaterial(für die Wasserleitungen) hierfür erwarb man von der Gemeinde Geinsheim. Eigentlich waren diese Rohre  kurz vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges  für eine Trinkwasserleitung dieser Gemeinde vorgesehen,wurden aber nicht mehr verlegt und anscheinend auch geschickt von den Verantwortlichen getarnt und so dem Zugriff der Rüstung entzogen.......“

Am 9. September 1978 findet in Nauheim eine Gewerbeschau unter Beteiligung der Nauheimer Hobbykünstler statt, aus denen sich dann der Verein: „Form und Farbe „ gründet.

Am 16. September 1978 wird Franz Kratochvil jr. in Marburg zum erstenmal Deutscher Meister im Einer-Kunstradfahren der Solidarität.

Kerbeborsch in der SKV-Halle

Zur „Naumer Kerb“  gab es nach sieben jähriger Pause wieder einmal Kerbeborsch in der SKV-Halle.

„Europadfest“ in Nauheim

Im April 1979 veranstalteten die nun in Nauheim beheimateten Spanier und Italiener zusammen mit dem Ortsverein der SPD ein „Europafest“ mit Pizza. Paella und Politik. Samstagsabends, vor dem Fest am Sonntag , besuchte Dr. Marcello Petriconti aus Rom, Vorstandsmitglied der italienischen Sozialdemokraten das Fest, um eine flammende Rede zu halten. Grußworte überbrachte auch der Vertreter des spanischen Elternvereins in Nauheim, Otables ,der Vorsitzende der Sozialdemokraten aus Nauheims Partnergemeinde  Born, Jans Müldens, sowie Bundestagsvizepräsident Hermann Schmitt-Vockenhausen.

Am 23. Mai 1979 wird Karl Carstens(CDU) zum 5. Bundespräsidenten gewählt

Am 1. August 1979 hat Nauheim 9419 Einwohner.

Am 1. Dezember 1979 wird die umgebaute und neuerrichtete Pfarrscheune der evangelischen Kirchengemeinde feierlich eingeweiht.



Fortsetzung der Ortschronik 1980er Jahre